Nationale Akademie der Wissenschaften: Es gibt keinen medizinischen Fachkräftemangel

Sechs Wissenschaftler der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina haben in einem Diskussionspapier Stellung zum Verhältnis zwischen Medizin und Ökonomie bezogen. Eine zentrale Aussage: Einen medizinischen Fachkräftemangel in Deutschland gibt es nicht.

Krankenhausbett

Die Krankenbettenzahl drastisch zu reduzieren, das schlagen die Autoren des Diskussionspapiers vor. | Cimmerian/istockphoto

Neun Monate sind verstrichen, seitdem sich die Autoren des Diskussionspapiers bei einem Symposium am 21. Januar in Berlin trafen, um über Erfordernisse der medizinischen Versorgung in Deutschland zu diskutieren. Jetzt haben sie mit einem acht Thesen umfassenden Positionspapiers nachgelegt.

Streitbare These Nr. 5: Es gibt keinen Fachkräftemangel

Mit der fünften These proklamieren die Wissenschaftler, dass ausreichend qualifiziertes medizinisches Personal in Deutschland vorhanden ist. Der Grund für die Mehrbelastung der Mediziner liege an einem strukturellen Mangel. Anders ausgedrückt: Es gibt zu viele Krankenhäuser. Insgesamt sind es in Deutschland 1.980. Das bedeutet es gibt 58 Prozent mehr Betten für die akute Versorgung und 35 Prozent mehr für die psychiatrische Versorgung als im EU-Durchschnitt. Die Problematik liege dabei nicht an der Zahl der qualifizierten Mediziner, sondern den unnötig hohen Betten- und stationären Fallzahlen und den überdurchschnittlich langen Verweildauern im Krankenhaus. 

Die Autoren fügen als Beispiel Dänemark an. Hier hat eine landesweit abgestimmte Reform dazu geführt, das für rund 1.000 Euro pro Kopf der Bevölkerung die Krankenhausstruktur moderner und effizienter wurde. Hier gibt es nun weniger, dafür modern ausgestattete Klinikzentren, pro 250.000 Einwohner eins. Auf Deutschland übertragen würde das bedeuten, dass man die Zahl der Krankenhäuser auf bundesweit 330 reduziert. Diese Häuser könnten dann alle mit CT, MRT und qualifiziertem Personal ausgestattet werden, so wie in Dänemark. 

Gesundheit-Outcomes verbesserungswürdig

Mangelhaft sei teilweise die technische Ausstattung in deutschen Krankenhäusern, heißt es in dem Diskussionspapier weiter. Von den derzeit 1.371 Plankrankenhäusern, die Anspruch auf steuerfinanzierte Investitionen haben, verfügen 26 Prozent über kein CT (Computertomographie) und 19 Prozent über kein Intensivbett. Vergleicht man die Gesundheit-Outcomes mit Dänemark oder Schweden, wo der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP und die Bevölkerungsstruktur ähnlich sind, so wird deutlich, dass die Effizienzzahlen dort in Teilen besser sind. So seien 8,7 Prozent der über 45-Jährigen, die 2013 mit einem Herzinfarkt in ein deutsches Krankenhaus eingeliefert wurden, auf der Station verstorben. In Schweden waren es 4,5 Prozent, also fast die Hälfte. 

Bei weniger, dafür leistungsfähigen Klinikzentren könnte nicht nur die technische Infrastruktur gebündelt werden, schreiben die Autoren. Auch das Know-How der vielen sehr gut ausgebildeten Ärzte und Ärztinnen wäre konzentriert und nicht mehr auf zu viele Krankenhäuser verteilt. 

Quelle: Zum Verhältnis von Medizin und Ökonomie im deutschen Gesundheitssystem; Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina; Oktober 2016, Diskussion Nr. 7

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