Projekte vorgestellt: Hier helfen Mediziner Flüchtlingen

Die adäquate medizinische Versorgung von Flüchtlingen ist eine große Herausforderung für Städte und Kommunen. Ohne das weitreichende Engagement von Ehrenamtlichen wäre diese Versorgung oft nicht möglich. Wir stellen drei solcher Projekte bzw. Organisationen in drei deutschen Großstädten vor.

Ehrenamtlicher Helfer

Die Zahl der ehrenamtlichen Helfer in Deutschland ist groß | Foto: Cevahir/Fotolia.com

Berlin: „Medizin hilft Flüchtlingen“

Im Jahre 2014 aus einer größeren, nicht nur die medizinische Betreuung umfassenden Initiative der Evangelischen Kirchengemeinde Dahlem entstanden – ursprünglich mit dem Ziel der Hilfe für 200 Flüchtlinge, die in einer Turnhalle in Berlin-Dahlem lebten – ist die Organisation „Medizin hilft Flüchtlingen“ in Berlin geworden. 

Wer erhält Hilfe?

Insgesamt betreuen die Ehrenamtlichen aktuell 2500 Flüchtlinge (Stand 16.10.15) an vier Standorten. Dazu kommen laut Angaben der Organisation weitere 600 bis 800 Personen, die bei Krankheit Sprechstunden an mehreren Standorten aufsuchen können. Diese Standorte sind aktuell die Erstaufnahmestelle im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf, eine neue Notunterkunft in Dahlem, sowie die Unterkünfte Hohentwielsteig und Ostpreussendamm. Von diesen insgesamt weit über 3000 Flüchtlingen verfügen laut „Mediziner helfen Flüchtlingen“ 80 Prozent keinen Krankenschein.

Wo findet die Hilfe statt?

An den vier Standorten bietet die Organisation regelmäßige ehrenamtliche Kinder- und Erwachsenensprechstunden an. Auch das gesamte Equipment und die benötigten Medikamente werden durch die Mitglieder finanziert. Dazu gehören neben 90 Ärztinnen und Ärzten auch 50 Krankenschwestern und -pfleger, 30 Dolmetscher und 30 weitere Helfer. Zusätzlich unterstützt werden auch andere Stellen, so auch mehrere Berliner Gesundheitsämter. Dies geschieht etwa, indem ärztliches Equipment bereitgestellt und ehrenamtliche medizinische Helfer vermittelt werden. 

Wie die Organisation auf ihrer Website schreibt, sind Flüchtlinge gerade in den ersten Wochen nach ihrer Ankunft meist in keinem guten gesundheitlichen Zustand. Um einen Krankenschein zu erhalten, müssten sie sich viele Stunden lang bei der zuständigen Behörde anstellen. Ohnehin bestehe nur Anspruch auf eingeschränkte Gesundheitsleistungen. 

„In unserer Gruppe von Ehrenamtlichen haben wir unterschiedliche politische und weltanschauliche Ansichten. Uns eint aber die Überzeugung, dass es eine Frage der Humanität ist, einem schutzbedürftigen Menschen, der vor uns steht, so gut es geht zu helfen, und ihm menschenwürdige medizinische Versorgung zukommen zu lassen“, ist auf der Website der ehrenamtlich organisierten Mediziner und Pflegekräfte zu lesen.

Durch Spenden finanziert

Durch die finanzielle Unterstützung vieler Einzelspender sei es dem Team in der Vergangenheit gelungen, sowohl die allgemeine Gesundheitssituation der Flüchtlinge in den betreuten Hallen zu verbessern. Ebenfalls wurden bislang zwei große, präventive Impfaktionen mit rund 300 Impfungen durchgeführt.  

UKE Hamburg: Flüchtlingsambulanz für Kinder und Jugendliche

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) betreibt seit 1999 in enger Kooperation mit der Stiftung „Children for Tomorrow“ die „Flüchtlingsambulanz für Kinder und Jugendliche“. „Children for Tomorrow“ ist eine gemeinnützige Stiftung mit dem Ziel, Kinder und Familien, die Opfer von Krieg, Verfolgung und organisierter Gewalt geworden sind, zu unterstützen. Sie wurde 1998 von Stefanie Graf ins Leben gerufen.

Seit April 2011 hat die Organisation ein eigenes Stiftungsgebäude auf dem Gelände des UKE, in dem die Flüchtlingsambulanz ihr Zuhause gefunden hat. In Kooperation mit dem Ambulanzzentrum des UKE finden Flüchtlingskinder ein ambulantes psychiatrisches und psychotherapeutisches Versorgungsangebot mit stationärer Anbindung innerhalb der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE.

Wer erhält Hilfe?

Die Flüchtlingsambulanz richtet sich an Flüchtlinge, die bei Anmeldung höchstens 18 Jahre alt sind, in Folge von Krieg, Verfolgung und organisierter Gewalt ihr Heimatland verlassen mussten und nun in Deutschland leben. Die Flüchtlingsambulanz hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen jungen Menschen in ihrer Entwicklung zu helfen. Die Flüchtlingskinder kommen in der Mehrheit ohne Eltern nach Deutschland und haben oft monatelange Fluchtwege hinter sich. Sie werden zunächst in einer Erstversorgungseinrichtung in Hamburg untergebracht. In der Regel kämen die Flüchtlinge nach rund sechs bis acht Monaten in die Flüchtlingsambulanz, weil sie in der Schule oder in den Jugendwohnungen „auffällig“ geworden seien, berichtet die Flüchtlingsambulanz. Dort erlebten die Kinder oft erstmals uneingeschränkte Aufmerksamkeit für ihre schrecklichen Erlebnisse, ihre Schwierigkeiten im Exil und ihre Symptomatik.

Wie wird geholfen?

Ein Schwerpunkt der Flüchtlingsambulanz besteht in der psychotherapeutischen Behandlung von Traumafolgestörungen und damit verbundenen Symptomen, wie zum Beispiel Ängsten, Schlafstörungen und Depressionen. Ein Team aus Ärzten, Psychologen, Psychotherapeuten, Kunsttherapeuten, Pädagogen und Dolmetschern arbeitet gemeinsam daran, den seelischen Wiederaufbau dieser Kinder zu fördern. Dabei wird für jeden Patienten ein individueller Therapieplan erarbeitet. In den Behandlungen kommen tiefenpsychologische, verhaltenstherapeutische und kunsttherapeutische Verfahren zum Einsatz. 

Refudocs München

Der Verein zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, Asylsuchenden und deren Kindern e.V., kurz Refudocs, wurde im Juli 2014 in München gegründet. Refudocs haben es sich zur Aufgabe gemacht, kommunale und staatliche Institutionen nach Bedarf zu unterstützen und/oder in deren Auftrag oder an ihrer statt tätig zu werden, damit diese ihrer Verpflichtung zur adäquaten medizinischen Versorgung besser nachkommen können.

Als erstes Projekt wurde die medizinische Versorgung in der Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne in München realisiert, nachdem die normalen Versorgungsstrukturen vor Ort und in der unmittelbaren Umgebung die Flut der Patienten nicht mehr bewältigen konnten.

Wo findet Hilfe statt?

Refudocs beteiligt sich am Aufbau notwendiger Strukturen, um eine unkomplizierte medizinische Versorgung der teilweise traumatisierten Personen in Erstaufnahmeeinrichtungen zu ermöglichen.  

Ebenfalls will man sicherstellen, dass die Weiterbehandlung, etwa nach einer Verlegung an einen anderen Ort, unkompliziert möglich ist. Daher wurde gemeinsam mit reisemedizinischen Experten des Tropeninstituts in München eine tropenmedizinische Beratung eingerichtet. Dies soll Ärztinnen und Ärzten vor Ort die Möglichkeit geben, bei unklaren Krankheitsbildern schnell und unkompliziert Expertenrat einzuholen. Nach einer ersten regionalen Testphase soll es möglich sein, diesen Dienst auf ganz Bayern oder sogar Deutschland auszuweiten, so Refudocs.

Vernetzung mit anderen Einrichtungen

Die Refudocs haben es sich zum Ziel gemacht, sich mit anderen Organisationen zu vernetzen, um den Einstieg der Asylsuchenden und Flüchtlinge in ein geregeltes Leben zu erleichtern. Deshalb sucht man seitens der Organisation die Zusammenarbeit mit Schulen, Sportvereinen, Kindertagesstätten und anderen Organisationen und Einrichtungen.

Helfer erhalten Aufwandsentschädigung

Refudocs organisiert mit einem Pool von mitarbeitswilligen ärztlichen und nichtärztlichen Helfern ein bedarfsgerechtes Angebot in den Bereichen Allgemeinmedizin, Gynäkologie, Psychiatrie und Pädiatrie in Form einer fachübergreifenden Bereitschaftspraxis. Alle Helfer/Vereinsmitglieder erhalten vom Verein eine Aufwandsentschädigung nach geleisteten Stunden, für die die Regierung von Oberbayern aufkommt. Hieraus finanzieren sich auch die laufenden Kosten des Vereins.

Quellen: Medizin hilft Flüchtlingen/UKE/Refudocs

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