Lohnt sich die Niederlassung finanziell?

2. Überschüsse nach Abzug der Praxiskosten

Von diesen erzielten Umsätzen sind die Praxiskosten abzuziehen. Diese betragen im Durchschnitt aller Arztgruppen etwa 50 Prozent. Dabei gibt es naturgemäß große Unterschiede zwischen der "sprechenden" Medizin, bei der die Praxiskosten bei unter 30 Prozent liegen bis hin zu den Nephrologen, mit über 90 Prozent Praxiskostenanteil. Die hohen Umsätze der technischen Fächer sind daher auch - aber nicht nur - durch die hohen Apparate- und Personalkosten bedingt.

Die Überschüsse aus der vertragsärztlichen Tätigkeit betragen im Durchschnitt 100.000 Euro im Jahr. Deutlich abgeschlagen sind Psychotherapeuten mit etwa 50.000 Euro. In der Chirurgie, der Gynäkologie, der Neurologie und der Psychiatrie werden die durchschnittlichen 100.000 Euro erreicht. Allgemeinmediziner sowie Kinder- und Jugendmediziner erreichen etwa 110.000 Euro, in der Augenheilkunde und bei Internisten ohne Schwerpunktbereich werden etwa 130.000 Euro Überschuss erzielt. Urologen oder Kardiologen erreichen etwa 160.000 Euro Jahresüberschüsse.

Hinzu kommen noch die Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit.

3. Gewinn: Nach Steuern und Versicherungen

Von diesem Überschuss abzuziehen sind dann die Einkommenssteuer sowie Sozialabgaben, d.h. insbesondere Beiträge zum Versorgungswerk (als Äquivalent für die Rentenversicherung), und zur privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung. Die Steuerbelastung hängt von der persönlichen Steuerklasse ab. Die Beiträge zum Versorgungswerk betragen etwa 20 Prozent des Überschusses bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 72.000 Euro, d.h. maximal 14.000 Euro im Jahr.

4. Beispielrechnung für einen Allgemeinmediziner

Jahresumsatz Allgemeinmediziner mit GKV-Versicherten: 210.000 Euro
+ Behandlung von Privatpatienten: 42.000 Euro
= Umsatz: 252.000 Euro

abzüglich Praxiskosten von 50 Prozent: 126.000 Euro
= Überschuss: 126.000 Euro

abzüglich:
- Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag: 43.000 Euro
- Versorgungswerk: 14.000 Euro

Ohne Berücksichtigung der Kosten einer privaten Krankenversicherung verbleibt damit ein Gewinn nach Steuern von 69.000 Euro im Jahr oder etwa 5.700 Euro im Monat. Ein durchschnittlicher selbstständiger Allgemeinmediziner verdient damit im Monat etwa 1.000 Euro mehr als ein erfahrener Oberarzt ohne Bereitschaftsdienstentgelte - soweit die durchschnittlichen Zahlen.

Ob sich Aufwand und Risiken der Niederlassung lohnen, hängt darüber hinaus natürlich von vielen individuellen Vorlieben wie der Möglichkeit, Arbeitsplatz und Kollegenkreis selbst zu gestalten, fachliche Schwerpunkte zu setzen oder dem Wunsch nach (halbwegs) verlässlichen Arbeitszeiten, ab.

Zum Autor:

Dr. Thomas Ruppel ist Rechtsanwalt für Medizinrecht in Lübeck. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Greifswald. Bereits während des Studiums richtete er seinen Fokus auf das Medizinrecht. Seinen juristischen Vorbereitungsdienst absolvierte er am Landgericht in Düsseldorf, bei einer Kassenärztlichen Vereinigung und mittelständischen medizinrechtlichen Kanzleien, die ausschließlich Ärzte und andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen beraten. Dr. Ruppel promovierte im Bereich der Versorgungsforschung und war unter anderem für eine internationale Rechtsanwaltskanzlei im Bereich Medizinrecht, Arzneimittelrecht und Medizinprodukte tätig.

Im Jahr 2012 absolvierte Dr. Ruppel den Fachanwaltslehrgang für Medizinrecht. Er veröffentlicht regelmäßig in der juristischen und ärztlichen Fachpresse.

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