Krankenhauskommunikation: Die Kunst, mit Kritik gut umzugehen

Kritisiert zu werden gehört zu den unangenehmen Erlebnissen im anfänglichen Berufsleben, vor allem, wenn die Kritik berechtigt ist. Dipl.-Psych. Gabriele Schuster benennt vier Phasen, wie man Kritik begegnen kann.

Arztgespräch

Wenn die Kritik konstruktiv ist, kann sie für die eigene Weiterentwicklung hilfreich sein. | Franziska Werner/istockphoto

Vor etlichen Monaten traf ich einen Assistenzarzt im Hof einer Klinik. Nachdenklich zog er an seiner Zigarette. Ich war erstaunt, da der Kollege für seine Sportlichkeit bekannt ist – Rauchen gehört eigentlich nicht zu seinen Hobbys. Das bewegte mich dazu, ihn anzusprechen. „Nanu, Sie rauchen? Ist alles o. k.?“

Bedrückt meinte er: „Hmh. Na ja. Eigentlich ist gar nichts o. k. Der Chef hat mich gerade richtig niedergemacht. Ich soll mich besser organisieren, hat er gesagt. Ich komme mit den Arztbriefen nicht hinterher, da hat er schon recht. Aber mich hat das Ganze richtig mitgenommen, ich konnte gar nichts dazu sagen. Ich glaube, der hält mich jetzt für völlig doof. Wenn ich aufgeregt bin, muss ich halt rauchen. Dass das nichts hilft, ist mir auch klar. Haben Sie eine Idee, wie ich lernen kann, besser mit Kritik umzugehen? So etwas wird mir im Leben noch oft passieren, da macht es schon Sinn, nicht jedes Mal in völlige Verzweiflung zu fallen.“

Guter Umgang mit Kritik: vier Phasen

Ein guter Umgang mit konstruktiv vorgetragener Kritik hilft, etwas zu lernen und Gesprächszeit zu sparen. Dieser gute Umgang läuft im Wesentlichen in vier Phasen ab:

Phase 1: Gut zuhören und nachfragen

Wichtig ist, demjenigen, der kritisiert, ruhig zuzuhören. Wenn er recht hat, kann man etwas lernen, wenn der Gesprächspartner nicht recht hat, hat der Kritisierte kein Problem. Es gibt also keinen Grund, sich aufzuregen oder schlechtzufühlen. Es hilft, entspannt Augenkontakt zu halten, die eigenen Gedanken zur Ruhe zu bringen und mit Ihrer Aufmerksamkeit beim Gegenüber zu bleiben.

Wenn etwas unklar ist, nachfragen. Dies signalisiert, dass man aus der Kritik wirklich etwas lernen will. Und es hilft herauszufinden, worum es wirklich geht und ob die Kritik einen möglichen Lerneffekt beinhaltet oder nicht. Eine mögliche Frage wäre beispielsweise: „Bis wann sollen die Arztbriefe denn fertig sein?“ „Wie könnte ich mit … umgehen?“ oder: „Was kann ich sonst noch bessermachen?“

Phase 2: „Danke“ sagen

„Danke, dass Sie mir das sagen“ ist eine einfache Aussage, die Wertschätzung vermittelt und auch dafür sorgt, dass sich der Gesprächspartner beruhigt, falls dies notwendig ist. Vermutlich hat jemand, der kritisiert, ein Interesse daran, dass sich etwas verbessert. Allein das ist ein „Dankeschön“ wert. Achtung: Das „Danke“ sollte ernst gemeint sein. Ein gespieltes oder ironisches „Danke“ sorgt für Verletzungen und eine Eskalation des Gesprächs.

Phase 3: Bedauern ausdrücken

Ganz egal, was die Grundlage der Kritik oder Beschwerde ist: Der Kritikgeber ist in eine unangenehme Situation geraten. Hierüber Bedauern zu äußern, ist im Grunde nicht schwer. Das bedeutet nicht, dass man automatisch Schuld eingestehen oder sich entschuldigen sollte. Besser ist es, die entstehende Situation aufzugreifen. „Es tut mir leid, dass Schwierigkeiten entstanden sind.“ oder: „Es tut mir leid, dass sich der Zuweiser beschwert hat.“ Wichtig ist auch hier, dass das Bedauern in eigenen Worten ernst gemeint ist.

Phase 4: Wie geht‘s weiter?

Nun bleibt noch, mit dem Kritikgeber auszumachen, wie es weitergeht. Dabei ist es wichtig, konkret zu werden und das Zugesagte einzuhalten. „Ich werde mir in der kommenden Woche Gedanken machen, was ich umorganisieren kann, um die Briefe schneller fertigzubekommen. Wollen wir uns übernächste Woche zusammensetzen und kurz drüber sprechen?“

Vorsicht mit zu schnellen Entschuldigungen! Empathisches Vorgehen bedeutet nicht, zu buckeln, sich kleinzumachen oder sich automatisch wortreich zu entschuldigen. Andererseits ist ein authentisches „Es tut mir echt leid“ manchmal auch ein Zeichen menschlicher Größe. Und wichtig, allerdings weder automatisch noch immer, sondern sehr dosiert und nur dann, wenn es menschlich angebracht ist.

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