Frauenkarrieren in der Medizin

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 63 Prozent der Medizinstudenten in Deutschland sind Frauen - die Zukunft der Medizin ist weiblich. Ob dies allerdings auch für Karrieren in der Medizin gilt, darüber diskutierten in Hamburg bekannte und vor allem erfolgreiche Medizinerinnen.

Podiumsdiskussion zu Frauenkarrieren in Hamburg

Den Kreis der Diskutantinnen bildeten Prof. Dr. Ania Muntau (Foto, l.), Leiterin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Uniklinik Hamburg-Eppendorf, Dr. Katrin Schaudig (Foto, 2. v.l.), niedergelassene Gynäkologin in Hamburg, Dr. Christiane Groß (Foto, Mitte), Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes und Prof. Gabriele M. Rune (Foto, 2.v.r.), Neuroanatomin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Zum Auftakt nannte die Moderatorin Dr. Eva Richter-Kuhlmann (Foto, r.), Medizinerin und Redakteurin  des Deutschen Ärzteblatts, weitere Zahlen über Frauen in der Medizin: Während es in der Gynäkologie einen Frauenanteil von 62 Prozent gibt, reduziert sich dieser in der Allgemeinmedizin auf 40, in der Chirurgie auf 20, in Leitungsfunktionen auf 26, bei den Chefärzten auf 8 und bei den C3/C4-Professuren sogar auf nur 5 Prozent. „Brauchen Frauen Mentoren für eine Karriere in der Medizin?“, fragte  Richter-Kuhlmann zu Beginn.

Und die Antworten darauf fielen so vielschichtig aus wie die Karrierewege der Frauen auf dem Podium. Keinen Mentor, aber Hartnäckigkeit beim Wunsch nach einer Forscherkarriere beförderten die Kinderärztin Prof. Ania Muntau auf ihrem Weg durch die Klinikkarriere. Als sie den Wunsch nach einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studium äußerte, war sie plötzlich raus aus dem universitären Betrieb. „Nach sechs Wochen aber holte man mich zurück, und ich konnte an der Klinik forschen.“ Muntaus Tipp für den Nachwuchs: „Planen Sie ihre Forschungs- und Klinikblöcke langfristig. Dann wird das schon was mit der Weiterentwicklung.“

Eine „Mischung aus Zufall und Wunsch-Tun“

Als eine „Mischung aus Zufall und Wunsch-Tun“ bezeichnete Dr. Katrin Schaudig ihren Medizinerweg. Sie habe immer eine Familie und einen hoch qualifizierten Job gewollt. Und mit Hilfe ihres Mannes, der seine Karriere ein Stück weit zurückgestellt habe, und glücklichen Momenten in der Phase der Niederlassung, habe sie ihren Weg finden können. Einen Blick auf die unterschiedlichen Rollenbilder in Europa wagte Dr. Christiane Groß. Die Präsidentin des Ärztinnenbundes attestiert den Deutschen im Rollenverständnis eine Rückkehr zu alten Mustern: Die Vorstellungen in den neuen Bundesländern entwickelten sich stark in Richtung der traditionellen Rollenvorstellungen in den alten Bundesländern: „Ich denke, das hat etwas mit dem Kopf zu tun: Man war wohl in den Neuen Ländern nicht zufrieden mit dem neuen Rollenverständnis.“ Im übrigen Europa entwickle sich das Frauen- und Berufsbild deutlich weniger traditionell. 

Dies bestätigte Prof. Dr. Gabriele Rune. Die Neuroanatomin arbeitete früher in Ostdeutschland. Passende Kindergartenplätze seien dort nie ein Problem gewesen: „und es gab einen politischen und gesellschaftlichen Druck, dass Frauen arbeiten sollen.“ Sie habe gar nicht kämpfen müssen, sondern sei einfach nur „Schritt für Schritt gegangen“. Sie habe immer nur da arbeiten wollen, „wo es mir Spaß macht. Und mich hat niemand gehindert“. Ihr Tipp für die jungen Kolleginnen: „Nutzen Sie die Möglichkeit, die die Politik inzwischen bietet – etwa die Möglichkeit der dreijährigen Verlängerung für jedes Kind. Nehmen Sie mit Selbstbewusstsein Ihre Möglichkeiten wahr!“

Erfolg ohne stringente Karriereplanung

Gemeinsam forderte die Runde, sich von den starren Weiterbildungszeiten zu lösen, um eine flexible Medizinerausbildung zu ermöglichen. Und man machte Mut: Selbst wer keine stringente Karriereplanung verfolgt, kann auch in der Medizin erfolgreich sein. Es gelte nur, die sich bietenden Chancen zu suchen und zu nutzen.

Operation Karriere, 30.05.2015, Hamburg. Podiumsdiskussion "Die Medizin wird weiblich?! – Frauenkarrieren" mit Prof. Dr. Ania Muntau, Leiterin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Uniklinik Hamburg-Eppendorf, Dr. Katrin Schaudig, niedergelassene Gynäkologin in Hamburg, Dr. Christiane Groß, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes und Prof. Gabriele M. Rune, Neuroanatomin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

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