Erfahrungsbericht: Als deutscher Arzt in Schweden

Sieben Jahre lang hat Dr. med. Florian Klär, Facharzt für Allgemeinmedizin, in Schweden gearbeitet. Nun berichtet er über seine Erfahrungen als deutscher Arzt in Skandinavien.

Mittsommer in Dalarna

Mittsommer in Dalarna | Erik Wahlström/Folio/imagebank.sweden.se

Nach der Facharztprüfung im Jahr 2007 besuchte Florian Klär eine Informationsveranstaltung in Hamburg, die deutsche Ärzte über das Arbeiten in Schweden informierte. "Als ich 2007 die Prüfung zum Facharzt für Allgemeinmedizin in Hessen ablegte, war eine große Unzufriedenheit mit der Fachrichtung verbreitet", erinnert sich Klär. "Ich sah damals nur wenig interessante Perspektiven als Allgemeinarzt in Deutschland. Auch für unsere geplante Familiengründung erschienen die beruflichen Rahmenbedingungen ungünstig".

Die Info-Veranstaltung gab den Ausschlag für die berufliche Umorientierung. Er habe schon immer den Wunsch gehabt, ins Ausland zu gehen, so Klär. Außerdem reizte es ihn, eine zusätzliche Qualifikation zu erwerben. Die Konsequenz: Klär und seine Frau entschlossen sich zu einem Neustart in der historischen Provinz Dalarna im Herzen von Schweden.

Wohnungssuche und Sprachkurse

Ein Aspekt, der der kleinen Familie die Entscheidung erleichtert habe, sei die Unterstützung des Arbeitgebers gewesen. Die Klärs standen bei der Wohnungssuche nicht alleine da, und auch bei den für die Behandlung notwendigen Sprachkurse bekamen sie Hilfe. "In Schweden ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass Ärzte bei Arbeitsantritt die schwedische Sprache beherrschen", sagt Klär. Der deutsche Arzt schloss seinen Sprachkurs mit einem B2-Diplom ab.

Klär begann als Distriktarzt in Weiterbildung und musste in den Bereichen Pädiatrie, Gynäkologie und Psychiatrie Blöcke von jeweils drei Monaten absolvieren. Den schwedischen Facharzt für Allgemeinmedizin konnte er nach weiteren drei Jahren abschließen. Das sei nötig gewesen, da vor einigen Jahren noch keine automatische Anerkennung des deutschen Facharztes möglich war. "Die Erfahrungen, die ich machte, waren rundherum positiv", berichtet Klär. "Mir wurde viel Vertrauen entgegengebracht, die Einarbeitungszeit war intensiv, und ich habe mich nie allein gefühlt. Es gab immer Ansprechpartner unter den Kollegen, an die ich mich wenden konnte. Wichtig war für mich außerdem, dass ich geregelte Arbeitszeiten und damit Zeit für das Privatleben hatte. Das kam der ganzen Familie zugute."

Deutsche Ärzte gefragt in Schweden

In Schweden werden systematisch Rekrutierungsveranstaltung für deutsche Ärzte geplant und durchgeführt, da die deutsche Ausbildung in dem skandinavischen Land einen guten Ruf genießt und es im schwedischen Gesundheitswesen seit Jahren viele unbesetzte Stellen gibt – der Staat hat in der Vergangenheit zu wenige Ärzte ausgebildet. Diese Bedingungen werden sich in naher Zukunft aufgrund der demografischen Entwicklung und der bevorstehenden Pensionierungen noch verschärfen. Neben dem großen Ärztemangel seien lange Wartezeiten und hohe Selbstbeteiligungen der Patienten die negativen Seiten des schwedischen Gesundheitssystems.

"Typisch für Schweden sind flache Hierarchien. Der Umgang miteinander ist entspannt und kollegial. Es zählt die Leistungskompetenz, nicht die berufliche Qualifikation", sagt Klär. "In den ersten vier Jahren war eine Krankenschwester meine Chefin." Selbstständige Praxen kenne man in Dalarna nicht. Die Hausbesuche werden nicht von Hausärzten, sondern von Krankenschwestern durchgeführt – diese leiten die Patienten auch in das jeweilige Primärversorgungszentrum weiter. Ärzte aller anderen Fachrichtungen seien in den Distrikt- und Bezirkskrankenhäusern als Angestellte tätig, der Hausarzt habe die Funktion des "Gatekeepers", der Patienten an seine Facharztkollegen überweist.

Mehr Zeit für die ärztliche Tätigkeit

"Ärzte in Schweden haben insgesamt mehr Zeit für die ärztliche Tätigkeit", sagt Klär. "Weiterbildung zählt als Arbeitszeit." Über das sog. Journal-System seien jede Provinz und jedes Bundesland mit dem gleichen Computerprogramm vernetzt. So könne man als Arzt das gesamte Versorgungsprofil eines Patienten einsehen und wisse, was er wann verschrieben bekommen hat. "Dies dient der Patientensicherheit", erklärt Klär.

Quelle: Katja Möhrle: "Mein 'Traumgesundheitssystem' liegt irgendwo zwischen Deutschland und Schweden" – im Gespräch mit Dr. med. Florian Klär in Hessisches Ärzteblatt Nr. 9/2015, Seite 448 – 449. Ganzer Artikel als PDF.

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