Wie Medikamente die Leistungen beim Schachspiel beeinflussen

Leistungsstarke, turnierspielende Schachspieler können ihre dafür erforder­lichen kognitiven Fähigkeiten durch die Einnahme von Medikamenten verbessern und damit mehr Schachpartien gewinnen – es sei denn, sie stehen unter Zeitdruck.

Arzt

Die Teilnehmer der Studie traten gegen einen Schachcomputer an. | Turned in/iStock

Zu die­sem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz in einer randomisierten placebokontrollierten, doppel­blinden Studie.

Sie wollten wissen, wie hochkomplexe Gedankenprozesse durch die Einnahme von phar­makologischen Substanzen verändert werden und ob es möglich ist, diese Prozesse durch die Substanzen Methylphenidat und Modafinil zu verbessern. Ihre Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift European Neuropsychopharmacology veröffent­licht.

Die Leitung der an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz durchgeführten Studie hatten der Klinikdirektor Klaus Lieb und sein ehemaliger Main­zer Kollege Andreas Franke, mittlerweile Dekan der Fakultät für soziale Arbeit, Bil­dung und Erziehung an der Hochschule Neubrandenburg. Sie verglichen die Auswir­kun­gen der verschreibungspflichtigen Arzneimittel Methylphenidat und Modafinil mit den Aus­wirkungen des frei erhältlichen Koffeins.

Für ihre Studie wählten die Forscher folgendes Design: In einer randomisierten, doppel­blinden, placebokontrollierten Studie erhielten 39 männliche Schachspieler an vier ver­schiedenen Tagen entweder zweimal 200 mg Modafinil oder zweimal 20 mg Methyl­pheni­dat oder zweimal 200 mg Koffein oder Placebos. Sie spielten jeden Tag zwanzig 15-minü­tige Spiele in zwei Sessions gegen ein an die individuelle Stärke der Spieler angepasstes Schachprogramm. Zudem absolvierten die Probanden neuropsycholo­gische Tests.

Im Verlauf der Studie zeigte sich, dass die Schachspieler, denen zuvor entweder Methyl­phenidat, Modafinil oder Koffein verabreicht wurde, mehr Zeit zum Nachdenken über die richtigen Züge benötigten als unter Placebo-Behandlung. Das wiederum führte dazu, dass sie bei Betrachtung aller 3.059 analysierten Partien unter Stimulanzien-Behandlung nicht mehr Spiele gewannen als unter der Placebo-Behandlung.

Wenn man jedoch nur die 2.876 Partien analysierte, die innerhalb der 15 Minuten auch tatsächlich entschieden wurden, zeigte sich, dass die Probanden unter Methylphenidat und Modafinil, nicht aber unter Koffein, mehr Partien gegen das Schachprogramm ge­wannen als unter Placebo-Behandlung.

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Die Ergebnisse sind für die Wissenschaftler überraschend, da sie damit gerechnet hat­ten, dass die pharmakologischen Substanzen eher zu einer Schwächung hochkom­plexer kognitiver Prozesse führen. „Die Ergebnisse zeigen erstmals, dass auch hoch­kom­plexe kognitive Fähigkeiten, wie sie beim Schachspiel nötig sind, durch Stimulan­zien verbess­ert werden können. Offenbar sind die Probanden unter Stimulanzieneinfluss eher in der Lage, Entscheidungsprozesse vertieft zu reflektieren“, sagt Studienleiter Andreas Fran­ke.

Die Ergebnisse sind auch sportpolitisch bedeutsam, denn der Weltschachverband Fide hat den Ehrgeiz, Schach olympisch zu machen, was Dopingkontrollen erfordert. „Wir ha­ben damit erste Hinweise, dass Doping im Schachsport durch die Stimulanzien Methyl­phe­nidat und Modafinil möglich ist“, hieß es aus der Arbeitsgruppe. 

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