Vom Arztdasein in Amerika – Das Jahr 2020: Warum sterben überproportional viele junge Erwachsene?

Dr. Peter Niemann schreibt über seine Ausbildung zum Internisten sowie der Zeit danach, aber auch über die Skurrilität eines Arztlebens in den USA. Dieses Mal berichtet er, warum in den USA überproportional viele junge Erwachsene sterben.

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Es gibt kaum einen, der nicht von der sogenannten COVID-19-Pandemie gehört hat. Spätestens seit Februar 2020 beschäftigte das SARS-CoV2-Virus die Gemüter der Medien und damit auch der Menschen, und mittlerweile wird mehr über Coronavirus-Zahlen gesprochen als über Sport oder politische Entscheidungen. Hat überhaupt jemand mitbekommen, daß die für den 1. Januar, 2021 geplante CO2-Steuer schon vor ihrer ersten Erhebung erhöht worden ist? Weiß überhaupt jemand, welche enormen Summen an Quersubventionierungen innerhalb der EU zur Stabilisierung diverser europäischer Länder getätigt wurden? Aber die Fallzahlen in einzelnen Städten, die kennt man, wie auch was einzelne Ministerpräsidenten oder Minister zu diversen Maßnahmen sagen.

Obwohl zu Anfang dieser sogenannten COVID-19-Pandemie viel von Übersterblichkeit gesprochen wurde, ist dieser Begriff mittlerweile kaum noch in deutschsprachigen Medien zu finden. Der Grund ist ein einfacher: Weil es in vielen europäischen Ländern keine oder, wenn überhaupt, dann nur eine geringfügige Übersterblichkeit gab. Mit Übersterblichkeit meint man übrigens, daß statistisch vermehrt Menschen in einer bestimmten Zeitperiode versterben als in vorherigen Vergleichszeiträumen.

Vergleich mit den USA

Die Situation ist eine andere in den USA, denn hier gibt es eine statistisch greifbare Übersterblichkeit. Genau genommen gilt das für den Großteil von 2020, denn nur im Zeitraum Mitte Januar bis Ende Februar gab es eine relativ kurze Phase einer normalen Sterblichkeit im Vergleich zu Vorjahren. Eine nicht unerhebliche Influenza-Welle spielte Anfang Januar und Ende Februar bzw. Anfang März wohl eine gewisse Rolle bei der Übersterblichkeit, doch spätestens ab Ende März tauchte vor allem SARS-CoV2 in den Statistiken auf.

Laut der amerikanischen Gesundheitsbehörde C.D.C. war dieses RNS-Virus in manchen Wochen für bis zu zwei Drittel der Übersterblichkeit verantwortlich, während das andere Drittel auf „andere Ursachen“ zurückzuführen gewesen war. Selbst wenn man in die Tiefen der Statistik einsteigt ist nicht ganz klar, welche Krankheiten vor allem ursächlich waren, denn es stiegen die Todesfälle aufgrund von Herzerkrankungen genauso an wie beispielsweise Selbstmorde oder Todesfälle aufgrund von Nierenkrankheiten.

Obwohl in den letzten Monaten all diese Tragödien medial thematisiert worden sind, rücken in jüngerer Zeit vor allem die eher jüngeren Erwachsene der Altersgruppen der 25- bis 44-jährigen in den Vordergrund. Denn was wenige wissen: Sie erlebten den größten Anstieg aller Altersgruppen hinsichtlich ihrer Sterberaten, und zwar um ganze 26,5% im Vergleich zu den letzten fünf Vorjahren.

Übersterblichkeit jüngerer Erwachsener im Frühjahr

Doch neben dieser traurigen Tatsache sind vor allem drei Faktoren besonders bemerkenswert: Erstens, diese Übersterblichkeit unter jüngeren Erwachsenen bestand schon vor der sogenannten Covid-19-Pandemie. Mit anderen Worten gab es eine um etwa 10% erhöhte Sterblichkeit schon seit Anfang Januar 2020, und das obwohl SARS-CoV2 noch keine Rolle spielte. Zweitens, obwohl es ein erstes Sterblichkeitsmaximum in den Monaten April und Mai gab, war dieses nicht so ausgeprägt wie jene Übersterblichkeit, welche jüngere Erwachsene in den Monaten Juni und Juli erlebten. Das ist deshalb beachtlich, weil zu diesem Zeitpunkt die Zahl der an und mit Covid-19 Verstorbenen schon längst rückläufig waren.

Drittens, bei einer Überlagerung der einzelnen Sterblichkeitskurven aller Altersgruppen wird offenkundig, daß es zwei unterschiedliche Höhepunkte in Abhängigkeit des Alters gab. Je älter die jeweiligen Amerikaner waren, umso größer war ihre Übersterblichkeit in den Monaten März, April und Mai, während die Übersterblichkeit in den Monaten Juni, Juli und zum Teil August umso ausgeprägter war, je jünger die Amerikaner waren. Das erkennt man besonders gut bei den unter 25-jährigen, die von keiner Übersterblichkeit in den Pandemiemonaten März bis Anfang Mai betroffen waren, aber deren Todesfälle überproportional im Juni und Juli anstiegen und hier ihre einzige Übersterblichkeitsphase erlebten.

Interessierte sei an die Daten, Grafiken und den Artikel der amerikanischen Gesundheitsbehörde verwiesen.

Aus diesen Feststellungen erschließen sich mir folgende Fragen: Wieso kommt es zu dieser Übersterblichkeit und wieso gibt es zwei unterschiedliche Höhepunkte? Während die sogenannte COVID-19-Pandemie in vielen Aspekten die Zahlen für die Monate März, April und Mai erklären kann, trifft das nur sehr begrenzt auf die späteren Monate Juni, Juli und August zu.

Doch hier zur Erinnerung und mein Erklärungsmodell: Wann erreichten die negativen wirtschaftliche Folgen, die aus dem Lockdown entstanden, ihren Höhepunkt in den USA? Wann waren die sogenannten Rassismusunruhen am größten? Zur Erinnerung: Die Arbeitslosigkeit erreichte Ende Mai ihren Höchststand und die Unruhen begannen nach dem Tod von George Floyd, der am 25. Mai, 2020 verstarb, wobei interessanterweise auch er positiv auf SARS-CoV2 getestet wurde (seither gibt es im Internet eine große Debatte, ob er nun als Coronatoter in die Statistik einfloß – das lenkt meines Erachtens von der größeren soziologischen Diskussion um seinen Tod ab).

Die Antwort auf die Frage nach der Übersterblichkeit scheint also klar zu sein: Während gerade ältere Kaliber vom Coronavirus betroffen waren und hieran verstarben, traf das nur sehr bedingt auf jüngere Amerikaner zu. Sie litten dafür umso mehr unter den soziologischen und wirtschaftlichen Faktoren und hier überproportional die ärmeren und nicht-weißen Bevölkerungsgruppen. Sollte ich recht haben, dann hoffe ich auf eine schnelle Erholung der Wirtschaft, damit all das der Vergangenheit angehört.

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