Nach der Wahl ist vor der Wahl (Teil 2)

Am 14. Mai wird in NRW eine neue Landesregierung gewählt, sie gilt als Stresstest für die Bundestagswahl in vier Monaten. Wo liegt der gesundheitspolitische Fokus der einzelnen Parteien? Hier kommen die jeweiligen Sprecher zu Wort.

Wahl

Am Sonntag stimmen die rund 18 Millionen Einwohner Nordrhein-Westfalens über eine neue Landesregierung ab. | ulleo/CC0

Was Politiker vor der Wahl versprechen, können Sie nicht immer einlösen. Dennoch ist es interessant zu sehen, wer in den gesundheitspolitischen Fokus der jeweiligen Partei rückt – die ältere Bevölkerung, sozial Schwache oder gar Ärzte? Wir haben uns die Aussagen von den sechs gesundheitspolitischen Sprechern angeschaut, die nach der jüngsten Wahlprognose im Landtag vertreten wären. 

Michael Scheffler (SPD) und  Peter Preuß (CDU) weitestgehend einer Meinung

Michael Scheffler von der SPD will die Sektorgrenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung abbauen, um die Durchlässigkeit der Versorgung zu verbessern. Das klingt erst einmal gut, weil das starre, derzeitige System ineffizient ist. Außerdem tritt  Scheffler für eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung und eine umfassende gesundheitliche Prävention ein, was nicht sonderlich überrascht, wo die SPD-geführte Landesregierung in NRW ja diese Maßnahmen in den vergangenen Jahren vorangetrieben hat. 

Peter Preuß, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landesfraktion, plädiert ebenfalls für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung, unabhängig von Wohnort und Einkommen. Auch eine Pflege müsste ambulant und stationär sicher sein, Pflegebedürftige sollten über die Versorgung selbst entscheiden dürfen. Damit thematisiert Preuß einen wichtigen Punkt, denn an Pflegekräften mangelt es und der Bedarf wird in Zukunft steigen. Dass Pflegebedürftige über die Versorgung selbst entscheiden können, setzt aber voraus, dass es ein entsprechendes Angebot gibt. Danach sieht es derzeit nicht aus. Preuß setzt sich außerdem für mehr Studienplätze in der Humanmedizin ein, um den Ärztemangel entgegenzutreten. Wie Scheffler von der SPD fordert er eine stärkere Vernetzung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, eine größere Förderung von Allgemeinmedizinern, die sich in unterversorgten Gebieten niederlassen, und mehr gesundheitspädagogische Präventionsmaßnahmen. 

FDP mit konkreten Vorschlägen zur Gesundheitsprävention

Arif Ünal von den Grünen setzt sich ebenfalls für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung, sektorübergreifende Maßnahmen bei der ambulanten und klinischen Versorgung und eine Stärkung der hausärztlichen Medizin ein. Er befürwortet innovative Versorgungsmodelle, wie Ärztenetze oder multiprofessionelle Gesundheitszentren. Ünal ist der Erste, der die Ärzteschaft direkt in den Fokus nimmt, wenn er die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern will. 

Susanne Schneider von der FDP will die ambulante Patientenversorgung beibehalten, wie sie ist, und das Landesförderungsprogramm für eine hausärztliche Niederlassung weiterlaufen lassen. Auch Schneider betont die Wichtigkeit von Präventionsangeboten; im Gegensatz zu den anderen gesundheitspolitischen Sprechern macht sie hingegen konkrete Vorschläge: 1. Es müsse besondere Beratungsangebote für Männer geben und 2., es soll an allen Schulen in der 7. Klasse ein verpflichtender Erste-Hilfe-Kurs angeboten werden. 

Während Schneider mit ihren Forderungen eher an eine SPD- oder CDU-Abgeordnete erinnert, hat der gesundheitspolitische Sprecher der AfD, Dr. med. Martin Vincentz, Forderungen, die eigentlich von der FDP kommen könnten. Er will die PKV erhalten, die Freiberuflichkeit der Ärzte auf keinen Fall einschränken und störende Bürokratie abbauen. 

Studierende

Studierende, Ärzte und Verbände eint bei der Reform des Medizinstudiums eins: ihre Forderung nach vernünftiger Nachwuchssicherung statt politischen Aktionismus.

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Kathrin Vogler von den Linken plädiert für eine Aufhebung der starren Grenze zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und für eine (kostenfreie) Präventions- und Gesundheitsvorsorge. Poltisch ausgesprochen links klingt ihre Forderung, die Krankenhäuser aus dem „Würgegriff der Privatisierung zu befreien“. Um die Versorgung in allen Teilen des Landes zu gewährleisten, schlägt sie neue Versorgungsmodelle wie einen mobilen Ärzteservice und die Förderung von Gemeinschaftspraxen vor. 

Fazit: Große Unterschiede, was die gesundheitspolitische Ausrichtung angeht, gibt es bei keiner der vorgestellten Parteien. Außer der AfD betonen alle gesundheitspolitischen Sprecher, wie wichtig Präventionsmaßnahmen im Gesundheitsbereich sind und, dass die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung überwunden werden müssen. Überraschend ist, dass keine der Parteien E-Health-Themen in den Fokus zukünftiger Anstrengungen rückt, vor allem bei der CDU hätte man das erwarten können, wo Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe die Digitalisierung zu einem seiner Lieblingsthemen erkoren hat. Auffällig sind außerdem die sehr ähnlichen Positionen von SPD und CDU. Wenn es zu einer großen Koalition kommt, wonach es aussieht, dann wird der derzeitige gesundheitspolitische Kurs wohl beibehalten. Wer sich noch einmal einen persönlichen Eindrück von einem Kandidaten machen möchte, kann sich auf der Website des WDR umsehen. Hier werden alle 1329 Wahlkreiskandidaten in einem vier-minütigen Videointerview vorgestellt.  

Quelle: Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein

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