Herr Prof. Heneka, wenn Sie die letzten sechs Jahre grob überschlagen: Welche Erkrankung haben Sie am häufigsten behandelt?
Die häufigste Erkrankung mit immer noch steigender Inzidenz ist die Demenz. In den vergangenen Jahren habe ich besonders häufig Patienten behandelt, die an unterschiedlichen Stadien der Alzheimer Krankheit litten.
Schicken Sie bei „klassischen Erkrankungen“ auch schon mal die Assistenzärzte vor, damit diese ihr fachliches Profil schärfen können? Wieviel Eigenverantwortung verlangt die Weiterbildung bei Ihnen ab?
Grundsätzlich sehen unsere Assistenzärzte sowohl klassische als auch seltene und ungewöhnliche Fälle. Die Schärfung des fachlichen Profils entsteht aus meiner Sicht auch dadurch, besondere und nicht-alltägliche Symptome von gängigen Krankheitsbildern unterscheiden zu lernen. Die Weiterbildung ist eine ständige Herausforderung und Notwendigkeit, ohne die ich mir die Fortentwicklung meines Faches nicht vorstellen kann.
Sie haben sich in Ihrer Habilitation mit der Alzheimer-Erkrankung beschäftigt. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Ich habe mich bereits während meiner Promotion für immunologische Mechanismen und insbesondere die angeborene Immunität interessiert. Die wichtige Rolle, welche diese Mechanismen bei neurodegenerativen Erkrankungen spielen, hat mich dann, geleitet durch eigene und fremde wissenschaftliche Ergebnisse, zur Alzheimer Erkrankung geführt.
Die Zahl der alten Menschen in Industrienationen steigt, Alzheimer-Erkrankte nehmen zu. Verbessern sich mit der steigenden Zahl der Patienten auch die Behandlungsmethoden?
In den vergangenen Jahren ist die gesellschaftliche Wahrnehmung für die Problematik neurodegenerativer Erkrankungen gestiegen. Eine Konsequenz daraus war die Gründung des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), welches bereits nach wenigen Jahren wesentlich zur Erforschung dieser Erkrankungen aber auch zur Optimierung der Behandlungsmethoden beigetragen hat. Dennoch liegt hier noch ein langer Weg vor uns und aktuelle Behandlungswege müssen auf vielen Ebenen pharmakologischer und nicht-pharmakologischer Interventionen verbessert werden.
Sie haben nach Ihrer Promotion als Postdoc an der University of Illinois/Chicago gearbeitet. Wie hat sich der Aufenthalt in den U.S.A. auf Ihren weiteren beruflichen Weg ausgewirkt?
In meiner Zeit bei Doug Feinstein an der UIC habe ich mein experimentelles Methodenspektrum erweitern können, aber auch wesentliche Impulse hinsichtlich wissenschaftlichen Denkens und Handelns erhalten. Spätestens seit dieser Zeit war für mich persönlich klar, dass ich immer eine enge Bindung zur experimentellen neurowissenschaftlichen Forschung suchen werde.
Neben Ihrer Tätigkeit im Klinikum sind Sie auch Professor für Klinische Neurowissenschaften an der Uni Bonn. Hat sich die Lehre seit Ihrer eigenen Studienzeit verändert?
Aus meiner Sicht ist nicht nur der studentische Unterricht deutlich besser geworden, sondern auch das Lehrmaterial ist nun anschaulicher und leichter „verdaubar“ geworden. Für mein eigenes Fach würde ich mir eine noch engere Bindung zwischen klinischer Ausbildung und wissenschaftlichen Denken und Arbeiten wünschen.
Sie bilden auf Ihrer Station auch aus. Auf was achten Sie bei Bewerbern für Assistenzarztstellen?
Auf die Begeisterung für das Fach Neurologie und das Interesse, neue Dinge zu entdecken und zu erforschen.
Zum Schluss noch die Bitte um einen Insidertipp: Welche Prüfungsfrage zur Alzheimer-Erkrankung muss ein Student/eine Studentin auf jeden Fall beantworten können?
Für mich wäre die Abgrenzung zur Fronto-temporalen Demenz eine lohnende Frage, da diese häufig in differentialdiagnostische Überlegungen miteinbezogen werden muss.
Herr Prof. Heneka, vielen Dank für Ihre Antworten.


