Dr. House, In aller Freundschaft und Co.: Wie realistisch sind Arztserien?

Drama nicht nur im OP – Arztserien oder Krankenhausserien faszinieren das Fernsehpublikum schon lange. Aus diesem Grund gibt es auch sehr viele von ihnen, die nicht nur das Geschehen in der Klinik, sondern auch zwischenmenschliche Geschichten thematisieren. Doch wie realistisch und medizinisch korrekt sind diese Arztserien eigentlich?

ARD/MDR IN ALLER FREUNDSCHAFT hinten, v.li.: Dr. Philipp Brentano (Thomas Koch), Hans-Peter Brenner (Michael Trischan), Dr. Lea Peters (Anja Nejarri), Dr. Rolf Kaminski (Udo Schenk) vorn, v. li.: Dr. Kathrin Globisch (Andrea Kathrin Loewig), Dr. Roland Heilmann (Thomas Rühmann), Dr. Martin Stein (Bernhard Bettermann) | © MDR/Saxonia/Tom Schulze

Ob nun Dr. House, die Schwarzwaldklinik, Scrubs, In aller Freundschaft oder Grey’s Anatomy – wenn man nach Arztserien sucht, wird man sehr schnell fündig. Und beliebt sind sie ohne Frage: Grey’s Anatomy kommt mittlerweile schon auf 19 Staffeln mit insgesamt über 400 Folgen, In aller Freundschaft erreicht sogar schon 25 Staffeln mit insgesamt 1.000 Folgen. 

Die dargestellten Ärztinnen und Ärzte sowie die Pflegekräfte sind jung, hübsch, erfolgreich, intelligent und natürlich alle medizinische Experten. Doch wie viel Expertise steckt wirklich dahinter? Wie realistisch und vor allem medizinisch korrekt sind bekannten Arztserien und die in ihnen vorkommenden Krankheiten und Situationen? Oft gibt es einen ärztlichen Berater oder Beraterin am Set, der die Drehbücher und Aktionen der Schauspielerinnen und Schauspieler auf ihre Korrektheit hin kontrolliert. Aber klappt das auch immer oder wann ist die Dramaturgie vielleicht wichtiger? Wir haben einige Arztserien unter die Lupe genommen:

In aller Freundschaft

Dr. Roland Heilmann und seine Kolleginnen und Kollegen aus der „Sachsenklinik“ in Leipzig sind schon seit 1998 ein fester Bestandteil des deutschen Fernsehens und eine der beliebtesten Arztserien der Deutschen. Am 31. Januar 2023 lief die 1.000ste Folge der Serie. 

Damit die medizinischen Begriffe und Vorgänge auch authentisch wirken, hat „In aller Freundschaft“ mit Lydia Rudolph eine eigene medizinische Beraterin. Sie ist ehemalige Anästhesie- und Intensivschwester und hat auch ein wachsames Auge auf die Drehbücher, sodass diese medizinisch korrekt sind. Genauso instruiert sie die Schauspielerinnen und Schauspieler, wie sie beispielsweise die Instrumente im OP halten müssen, oder kontrolliert und koordiniert am Set im Operationssaal die Geräte und die Richtigkeit der Texte.

Doch ein komplett realistisches Bild kann die Serie nicht abbilden. So haben in der Realität Ärztinnen und Ärzte nicht so viel Zeit, um so ausgiebig mit Patientinnen und Patienten zu sprechen – auch über nicht medizinische Themen – wie es bei „In aller Freundschaft“ der Fall ist. Es gibt auch Aspekte, welche Zuschauende, die selbst Arzt oder Ärztin sind, bemängeln: So seien in der Serie die Medizinerinnen und Mediziner Alleskönner. Egal, ob es sich um eine Herztransplantation oder um eine komplizierte internistische Differenzialdiagnostik handle, alles könne von einer Ärztin oder einem Arzt behandelt werden.

Doch vielleicht mach genau das den Charme von „In aller Freundschaft“ aus. Hier wird eine für Patientinnen und Patienten gewünschte Wirklichkeit dargestellt, die etwas Märchenhaftes an sich hat. Damit auch das breite Fernsehpublikum ohne medizinisches Know-How der Handlung folgen kann, müssen manche medizinischen Aspekte zurücktreten oder leicht anders dargestellt werden, als es in Wirklichkeit der Fall wäre. So liegt beispielsweise der Kopf eines Patienten mit Schädelverletzung nicht flach im Bett, wie es richtig wäre, sondern leicht erhöht, damit die Kamera ihn erfassen kann.

Dr. House

„Dr. House“ oder „House, M.D.“ spielt im amerikanischen Princeton und lief mit insgesamt 177 Folgen in acht Staffeln von 2006 bis 2012 im deutschen Fernsehen. Die Hauptfigur ist der eigenwillige Spezialist für Diagnostik, Infektionskrankheiten und Nephrologie, Dr. Gregory House. Zusammen mit seinem Team behandelt er Patientinnen und Patienten mit außergewöhnlichen Symptomen und Krankheiten und findet dabei – oft unkonventionelle – Behandlungs- und Heilungsmethoden. Besonders die ungewohnt zynische und sarkastische Art des Mediziners sowohl gegenüber seinen Mitmenschen als auch gegenüber seinen Patientinnen und Patienten hat die Serie zu einem Quotenliebling gemacht. In den USA hat sich sogar der Begriff „Houseism“ etabliert, der anlehnend an den Charakter sarkastische Äußerungen oder schwarzen Humor beschreibt. Doch einen Arzt oder eine Ärztin mit den Charakterzügen eines Dr. House wird man im Alltag eher nicht finden. Natürlich besitzen Medizinerinnen und Mediziner oft einen gewissen Galgenhumor und eigene Schutzmechanismen, um diesen fordernden Job adäquat ausüben und das Geschehene verarbeiten zu können. Aber generelle Reaktionen wie bei „Dr. House“ sind unüblich und überzeichnet.

Die bei „Dr. House“ dargestellten Krankheitsfälle sind nicht nur bei einem nicht-medizinischen Publikum beliebt. An der Universität Marburg bietet Prof. Jürgen Schäfer, der oft als „deutscher Dr. House“ bezeichnet wird und Leiter des Zentrums für unerkannte Krankheiten (ZUSE) am Universitätsklinikum Marburg ist, Dr.-House-Seminare für Medizinstudierende an, um Interesse an seltenen Erkrankungen und Diagnostikstrategien zu wecken. Aus seiner Sicht sei die Arztserie für das Fernsehen natürlich stark überspitzt, doch die Symptome der Krankheiten oder die Beschwerden seien durchaus realitätsnah und gut recherchiert.

Den Autoren von „Dr. House“ steht ein dreiköpfiges Ärzteteam zur Seite, das sie in allen medizinischen Belangen berät. Dazu gehört auch Dr. Lisa Sanders, Internistin und Professorin für Innere Medizin und Pädagogik an der Yale School of Medicine. Ihre Kolumne „Diagnosis“ in der New York Times, in der sie medizinisch knifflige Fälle aus der Praxis darstellt, inspirierte die Autoren zu „Dr. House“. Es gebe auch Aspekte der Serie, die absolut nicht realistisch seien, so die Medizinerin. Dazu gehöre, dass Ärztinnen und Ärzte selbst Tests anordnen und durchführen, sogar Routineaufgaben wie das Blutabnehmen übernehmen. Man sehe nie Pflegekräfte oder Techniker in der Serie. Darüber hinaus hätte Dr. House in der Realität aufgrund seiner Medikamentensucht längst seine Approbation verloren.

Bergdoktor

Dr. Martin Gruber ist der „Bergdoktor“ und praktiziert in Ellmau, Tirol, als Hausarzt. Die Arztserie kommt auf mehr als 142 Folgen in bisher 16 Staffeln und ist noch immer beliebt. Die aktuell laufende Serie ist eine Neuauflage der gleichnamigen Serie, die bereits zwischen 1992 und 1997 im Fernsehen lief. Als Motivvorlage dient die Heftromanserie „Der Bergdoktor: Schicksale zwischen Tal und Gipfel“, die im Bastei Lübbe Verlag erscheint.

Auch die „Bergdoktor“-Serie kommt ohne medizinische Beratung am Set nicht aus. Die Aufgabe übernehmen Dr. Pablo Hagemeyer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Buchautor, und die gelernte Krankenschwester Franziska Rambousek, die auch als Komparsin vor die Kamera tritt, wenn fachliche Handgriffe gefragt sind. Hagemeyer hat zudem die medizinische Consulting-Agentur „The Dox“ gegründet, die Fernsehsender und Produktionsgesellschaften bei der Erstellung von Drehbüchern und deren medizinischen Inhalten unterstützt.

Auch beim „Bergdoktor“ ist medizinisch nicht immer alles realistisch. Es sei aber auch immer noch eine Fernsehserie und kein Dokumentarfilm, wie Hagemeyer betont. Deswegen Dr. Martin Gruber als ein Arzt dargestellt, den sich viele Menschen wünschen: Er kennt sich in sehr vielen Fachbereichen aus oder kann sich schnell einlesen und hat sogar für einen einzelnen Patienten oder eine Patientin mehrere Tage Zeit. In der Realität ist so etwas natürlich nicht der Fall. Damit die Geschichten spannend bleiben, kommen beim „Bergdoktor“ keine einfachen Erkältungen vor, sondern eher spezielle und seltene Krankheiten, die Dr. Gruber manchmal auch mit noch nicht praxisreifen Methoden behandelt. Oft müsse die Krankheit auch zeitlich verdichtet werden, denn pro Folge müsse der Bergdoktor in nur drei Tagen den Patienten oder die Patientin heilen. Hagemeyer achtet bei allem dennoch darauf, dass es medizinisch plausibel bleibt und die Details stimmen. Allerdings gibt er zu, auch schon für die Serie Krankheiten erfunden zu haben.

Grey’s Anatomy

Eine der am längsten laufenden Arztserien weltweit ist „Grey’s Anatomy“. Seit 2005 thematisiert die Serie das Leben von mehreren Assistenzärztinnen und -ärzten rund um die Hauptfigur Meredith Grey, die am fiktiven Seattle Grace Hospital arbeiten. Derzeit kommt die preisgekrönte Arztserie auf mehr als 400 Folgen in 19 Staffeln.

So beliebt „Grey’s Anatomy“ ist, so unrealistisch ist das Format. Die Serie erfindet zwar keine Krankheiten oder Operationen, aber sie geht auch nicht wirklich ins Detail und viele Aspekte werden extra für das Fernsehen dramatisiert. Nicht realistisch ist außerdem, dass oft nicht qualifizierte Ärztinnen und Ärzte Operationen durchführen dürfen oder die Ärztinnen und Ärzte regelmäßig im Bereitschaftsraum Sex haben. Darüber hinaus wird oft kritisiert, dass die Darstellung der Arbeit von Assistenzärztinnen und -ärzten in der Serie falsch ist. Dort würden sie 48-Stunden-Schichten arbeiten oder sämtliche Tätigkeiten von Blutabnehmen bis zu komplexen Operationen durchführen. Das entspreche auf keinen Fall der Realität.

In einer Studie haben amerikanische Forscher 2018 verglichen, inwieweit Fälle aus „Grey’s Anatomy“ und die Realität auseinanderdriften. Dafür untersuchten sie 269 Episoden der beliebten Serie mitsamt der 290 vorkommenden Patientenfälle im Vergleich zu 4.812 Patienten aus der National Trauma Databank 2012. Sie stellten fest, dass die Sterblichkeit der Patientinnen und Patienten bei „Grey’s Anatomy“ dreimal so hoch war wie in der Realität (22 Prozent vs. sieben Prozent). Außerdem kamen in der Serie die Behandelten in 71 Prozent der Fälle direkt von der Notaufnahme in den OP, in der Realität war das nur bei 25 Prozent der Fall. Dagegen durfte mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten mit schweren Verletzungen in der Serie das Krankenhaus bereits nach einer Woche oder weniger wieder verlassen. In der Realität hatten nur etwa 20 Prozent dieses Glück.

Dabei kann die Produzentin Shonda Rhimes beim Dreh der Serie auf das medizinische Fachwissen der Executive Producer Dr. Zoanne Clack und Dr. Fred Einesman zurückgreifen. Beide waren früher als Notfallmediziner tätig. Damit die Handlungen im OP ebenso korrekt wirken, ist in jeder Staffel die OP-Schwester Bokhee An, auch bekannt als Kathy C. An, dabei. Sie ist eine echte OP-Schwester, die im Raum Los Angeles arbeitet, und den Schauspielern mit ihren Erfahrungen zur Seite stehen soll. Dementsprechend wirken diese Szenen sehr realistisch und auch die verwendeten Fachtermini werden zum Großteil korrekt eingesetzt. Hier kritisieren manche Ärztinnen und Ärzte nur, dass die Sprache teilweise unnötig kompliziert und zu medizinisch dargestellt wird, was nicht immer dem tatsächlichen Alltag im Krankenhaus entspreche.

Doch „Grey’s Anatomy“ lebt nicht nur von den medizinischen Aspekten, sondern vielmehr von den Liebes- und Herzschmerz-Dramen, die sich rund um die Hauptfigur ereignen. Zusammen macht das den Reiz der Serie aus und der Erfolg scheint den Machern recht zu geben.

Chicago Med.

„Chicago Med.“ spielt, wie der Name vermuten lässt, in Chicago. Im Mittelpunkt stehen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Gaffney Chicago Medical Centers. Die Serie ist ein Ableger der Serie „Chicago Fire“, spielt im selben Serien-Universum, und läuft seit 2015. Mittlerweile umfasst die Serie mehr als 155 Folgen in acht Staffeln. 

Medizinischer Berater der Serie ist Dr. Andrew Dennis, selbst Unfallchirurg mit der Spezialisierung auf Verbrennungen und Polizeibeamter, der in Chicago arbeitet. Er hat nicht nur einen kritischen Blick auf die Drehbücher und die Storyline, sondern achtet am Set auch auf die Requisiten und ob die Schauspielerinnen und Schauspieler dieser richtig verwenden oder die richtigen medizinischen Fachbegriffe nutzen. Dr. Oren Gottfried, Neuochirurg, war ebenso einige Zeit medizinischer Berater bei „Chicago Med.“. Doch er ist nicht nur im realen Leben ein Neurochirurg. Auch in der Serie hat er bereits einige Male bei Operationen einen Neurochirurgen gespielt, um die Darstellung so realistisch wie möglich zu gestalten. Außerdem gibt er den Schauspielerinnen und Schauspielern Tipps, wie sie noch mehr wie echte Chirurginnen und Chirurgen wirken können.

Das Autorenteam achtet auch darauf, dass nur bereits veröffentlichte Fälle in der Serie verarbeitet werden. Die verwendete Terminologie ist ebenso korrekt wie die gezeigten medizinischen Vorgänge. Dennis selbst sagt, dass ungefähr 85 Prozent der gezeigten medizinischen Vorgänge und Geschichten realistisch seien. Das mache „Chicago Med.“ zu einer der realistischsten Arztserien, die es gibt. Allerdings gibt Gottfried zu, dass manche Zugeständnisse an die Dramaturgie der Serie unvermeidlich seien. Dazu gehöre die ausschließliche Konzentration auf medizinische Fälle mit Komplikationen, die eine interessante Erzählung ergeben, obwohl die Häufigkeit solcher Komplikationen im wirklichen Leben ziemlich gering ist. Denn natürlich kommt auch „Chicago Med.“ nicht ohne Drama – egal ob medizinisch oder zwischenmenschlich – aus. Für Gottfried schließen sich eine spannende Geschichte und medizinische Akkuratesse aber nicht aus: „Du schaust dir die Show an und du schaust dir die Action an, aber warum kann ich nicht einfach alles haben? Warum kann ich es nicht medizinisch genau haben und trotzdem eine großartige Geschichte erzählen?“ 

The Good Doctor 

Ebenfalls beliebt für die nicht ganz typische Hauptfigur ist „The Good Doctor“. Die Handlung dreht sich um den jungen Chirurgen Dr. Shaun Murphy, der es aufgrund seines Autismus mit Inselbegabung (Savant-Syndrom) am kalifornischen San Jose St. Bonaventure Hospital nicht immer leicht hat. Die amerikanische Arztserie läuft seit 2017 und kommt mittlerweile auf mehr als 109 Folgen in sechs Staffeln. Wie auch schon „Dr. House“ stammt „The Good Doctor“ aus der Feder von David Shore.

Auch diese Arztserie kommt ohne Klischees nicht aus: Seien es die ausnahmslos attraktiven Ärztinnen und Ärzte, der arrogante Star-Chirurg oder die zahllosen Affären der Mitarbeitenden untereinander. Die einzige Ausnahme bildet hier die Hauptfigur des Shaun Murphy. Als Autist fällt es ihm schwer, Empathie zu zeigen und auf andere Menschen einzugehen. Deswegen ist er oft sehr direkt und nimmt fast alles wörtlich. Aber genau diese emotionale Distanz mit seinem gleichzeitigen Genie bildet den Kern der Arztserie. Jedoch gibt es auch hier Kritik am dargestellten Autismus: Die Autismus-Spektrum-Störung ist sehr vielfältig, sodass eine Figur unmöglich alle Symptome akkurat darstellen kann. Jedoch ist die Figur des Dr. Shaun Murphy und seines Autismus bisher gut getroffen: Probleme mit lauten Geräuschen oder flackernden Lichtern, Unverständnis gegenüber Sarkasmus oder fehlende Empathie sind Probleme, die bei Personen mit Autismus auftreten können. Allerdings ist die Kombination aus Autismus und Inselbegabung sehr selten.

„The Good Doctor“ ist wie andere medizinische Dramen nicht immer genau in Bezug auf tatsächliche Krankenhausabläufe, aber Operationen und grausame Verletzungen werden auf realistische Weise dargestellt, damit sie sich glaubwürdig anfühlen. Diese Aufgabe übernimmt die Firma MastersFX für visuelle Effekte. Das Team arbeitet auch mit den medizinischen Beratern der Show zusammen und verwendet Clips von tatsächlichen Operationen als Referenz. Wie auch schon bei „Chicago Med.“ übernimmt bei „The Good Doctor“ der Neurochirurg Dr. Oren Gottfried die Aufgabe des medizinischen Beraters. Zwar gibt es Kritiken, dass einige Vorgänge, Verfahren oder Protokolle nicht realistisch dargestellt werden, doch im Hinblick auf die medizinische Fachsprache, Diagnosen und Behandlungen schneidet „The Good Doctor“ besser ab als viele andere Arztserien. Die professionelle Krankenschwester und Schauspielerin Rebecca Brown, die oft in der Serie auftritt, sagte in einem Instagram-Live-Chat, dass es Dinge gebe, die sie manchmal optimieren müssen, aber die Schritte, die das Publikum sehe, korrekt seien. Abstriche in Sachen Dramaturgie und Zeitstraffung treffen also auch „The Good Doctor“.

Emergency Room 

„Emergency Room“ oder auch kurz „ER“ ist eine der bekanntesten Arztserien und feierte große Erfolge. Sie lief zwischen 1994 und 2009 und hat 15 Staffeln mit insgesamt 331 Folgen. Der Fokus der Handlung liegt auf der Notaufnahme eines fiktiven Chicagoer Lehrkrankenhauses. Die Idee zu „Emergency Room“ stammt vom Bestseller-Autor Michael Crichton, der auch das Drehbuch zu „Jurassic Park“ schrieb. Heute international bekannte Filmstars wie George Clooney hatten ihren Durchbruch dank dieser Serie.

Zuvor waren in Deutschland Arztserien wie die „Schwarzwaldklinik“ bekannt – Halbgötter in Weiß, über jeden Zweifel erhaben und das Erzähltempo war eher gemächlich. Durch „ER“ veränderte sich dieses Bild erstmals drastisch. Denn die Erzählweise war ungewöhnlich temporeich, pro Folge wurden viele Patientinnen und Patienten behandelt, so wie es auch in einer realen Notaufnahme der Fall ist. Dabei wurden von HIV-Diagnosen über Schussverletzungen und Kindesmisshandlung bis hin zu Suizidversuchen und Rassismus diverse Themen schonungslos dargestellt. Die Ärztinnen und Ärzte sind nicht mehr unfehlbar, sondern haben Schlafmangel, sind gestresst und überarbeitet oder haben auch Selbstzweifel. Gemessen an den Auszeichnungen, die „ER“ erhalten hat (124 Nominierungen, 23 Auszeichnungen mit dem US Emmy-Award) oder den Einschaltquoten (durchschnittlich 30 Millionen Zuschauer allein in der ersten Staffel) ist sie eine der erfolgreichsten Fernseh- und Arztserien der USA.

Beliebt war „ER“ auch bei realen Ärztinnen und Ärzten. Denn Crichton, der selbst Medizin studierte und als Assistenzarzt arbeitete, achtete peinlich darauf, dass alles medizinisch korrekt blieb, die richtigen Fachtermini verwendet wurden und die Schauspielerinnen und Schauspieler alle Instrumente richtig benutzten. Brauchte ein Schauspieler zum Beispiel zu lange, um sich die medizinischen Schutzhandschuhe überzustreifen, wurde die Szene erneut gedreht. Es war nicht geplant, dass Zuschauerinnen und Zuschauer die Fachtermini verstehen sollten oder diese dem Publikum erklärt werden. Vielmehr sollten sie der Körpersprachen und den Gesten der Schauspieler verfolgen, um den Eindruck und die Dramaturgie einer echten Notaufnahme zu erleben. Als Statisten wurden außerdem häufig echte Krankenschwestern und Pfleger engagiert, die den Schauspielerinnen und Schauspielern zusätzlich Hinweise für eine realistische Darstellung gaben. Darüber hinaus achtete Crichton darauf, dass beispielsweise auch die Schubladen und Schränke in den Drehräumen nur Dinge enthielten, die dort in einem echten Krankenhaus auch wären. Die Ereignisse beruhen auf echten medizinischen Fällen, die Crichton während seiner Zeit als Assistenzarzt gesammelt hat. Auch Fälle anderer medizinischer Beraterinnen und Berater wurden verwendet. Die Recherche und Prüfung aller Fälle dauerte mehrere Wochen und durchlief viele Freigabeprozesse. Da dieser Fokus auf die medizinische Authentizität sehr hoch war, betrugen auch die Produktionskosten pro Folge mehrere Millionen US-Dollar. Das brachte „ER“ den Status als eine der teuersten Fernsehserien der USA ein.

Auch das Deutsche Ärzteblatt bescheinigte der Arztserie, medizinisch sorgfältiger recherchiert und ausgeführt zu sein, als es bei vielen anderen Konkurrenzserien der Fall sei. Seminare für Medizinstudierende an der Charité in Berlin zum Thema Team-Kommunikation und Umgang mit ärztlichen Fehlern im Team hätten zudem gezeigt, dass die Serie ein gutes und sinnvolles Medium für die Unterrichtsgestaltung sei. Einen Kritikpunkt gibt es aber auch bei „ER“: Die späteren Staffeln legen mehr Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen, das Medizinische tritt in den Hintergrund. Auch die Figuren selbst sind nicht mehr so interessant wie noch zu Beginn der Serie. Mit dem Weggang vieler beliebter Figuren wie Dr. Ross oder dem Tod von Dr. Greene sanken in den späteren Staffeln auch die Zuschauerzahlen.

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