Erste Cyborg-Messe in Düsseldorf: Gehört die Zukunft den Implantaten?

Am 8. November 2015 ging unter dem Motto "Science + Fiction" im NRW-Forum Düsseldorf die weltweit erste Cyborg-Messe mit angeschlossener Konferenz zu Ende. Highlight der Messe war die "Implant-Party", bei der man sich einen Chip unter die Haut pflanzen lassen konnte.

RFID-Implantat auf Handfläche

RFID-Implantate für den Menschen wurden erstmals 2002 zugelassen. | Foto: Albert Lozano/Fotolia.com

Das Anliegen der Veranstalter, Cyborgs e.V. Düsseldorf und Chaos Computer Club Düsseldorf, war es, Fachpublikum zu vernetzen und vor allem die Öffentlichkeit mit der Verschmelzung von Mensch und Technik vertraut zu machen.

RFID-Chip im Arm

Wer diese Verschmelzung von Mensch und Maschine am eigenen Leib erfahren wollte, konnte sich bei der "Implant-Party" am zweiten Messetag einen RFID-Chip implantieren lassen. Das Implantieren war dabei kostenlos, den Chip gab es zum Vorzugspreis.

Der implantierte RFID-Chip ist mit einer festen Nummer versehen, mit der man sich identifizieren kann.  Auf dem Chip können unterschiedlichste personenbezogene Daten gespeichert werden. So kann der implantierte Chip heute schon als Ersatz für das Portemonnaie oder Schlüsselbund benutzt werden. Auch weist der Chip die nötigen technischen Voraussetzungen auf, um personenbezogene Informationen, wie sie auf dem aktuellen elektronischen Personalausweis zu finden sind, abzuspeichern.

Chip liefert Körperdaten an Smartphone

Tim Cannon, das Enfant terrible der Cyborg-Szene, Bio-Hacker und IT-Leiter von Grindhouse Wetware, referierte über die neuesten Entwicklungen und die Zukunft implantierbarer Technologien. 2013 ließ sich der selbsternannte Cyborg von einem sogenannten Body-Modification-Artist einen "Circadia Chip" in den Unterarm einpflanzen, der mittels Bluetooth seine Körperdaten an sein Smartphone übermittelt und dessen LEDs sein Tattoo subkutan beleuchten können. Weitere Anwendungsmöglichkeit für den Chip ist auch die Blutzuckermessung bei Diabetikern.

Zudem ließ sich Cannon mit der "Bottlenose" als eine Art sechsten Sinn einen Magneten in seine Fingerkuppe implantieren. Damit lassen sich elektromagnetische Felder "spürbar" machen. In Cannons Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger verbirgt sich ein weiterer Funkchip mit RFID- und NFC-Funktion, mit dem er Türschlösser öffnen und schließen oder sein Smartphone entsperren kann.

Ethische Bedenken quälen ihn dabei nicht. "Warum sollte die Natur das Gute sein, die Natur hat den Tod und Verfall. Die Natur zu akzeptieren, ist meiner Meinung nach nichts Positives. Die Natur haben wir noch nie akzeptiert. Wir sehen, was wir noch tun können, um uns zu helfen und uns zu optimieren. Je mehr wir in diese Richtung gehen, desto besser werden die Dinge für die Menschen", so Cannon in einem Interview am Rande der Cyborg-Messe.  

Ergänzung in der Prothetik

Implantate könnten künftig auch in die Prothetik Einzug halten. Hörgeschädigte beispielsweise können über ein sogenanntes "Cochlea Implantat"  wieder Geräusche wahrnehmen. Wissenschaftler und Unternehmen forschen daran, wie der menschliche Organismus und Technik miteinander funktionieren - und ob sich beide gemeinsam vertragen und dem Menschen gegebenenfalls helfen. Die "Bottlenose" in Tim Cannons Finger kann dazu benutzt werden, Sehbehinderten die Orientierung zu erleichtern, indem sie über ein Zusatzgerät auf Hindernisse und den Abstand zu diesen aufmerksam gemacht werden. Tests hierzu gibt es bereits.  

RFID-Implantate für Menschen seit 2002 zugelassen

Brandneu ist das Implantieren von Chips unter die menschliche Haut allerdings nicht mehr. Bereits 2002 erhielt der "VeriChip", damals produziert von der Firma PostiveID, als erster RFID-Chip die Zulassung der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für den Implantationseinsatz am Menschen.

Der "VeriChip" ist ein Transponder in einem etwa 12mm langen Glaszylinder mit 2mm Durchmesser. Seine Größe erlaubt es, ihn auch in ambulanter Behandlung einzusetzen. Der Transponder befindet sich in einem etwa 12 mm langen und 2 mm dicken Glaszylinder, der beim Menschen üblicherweise oberhalb des Trizeps unter die Haut des rechten Armes eingepflanzt wird. Ebenfalls gebräuchlich ist die Einpflanzung in die Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger. Das Ein- und Herausoperieren geschieht unter lokaler Betäubung und kann problemlos ambulant erfolgen. Weil der "VeriChip" mittels Induktion mit Energie versorgt wird, benötigt er keine Batterien. 

Infobox:

Cyborg

Der Begriff Cyborg Name ist ein Akronym und leitet sich vom englischen "cybernetic organism" ab (deutsch: "kybernetischer Organismus"). Der Begriff bezeichnet ein Mischwesen aus lebendem Organismus und Maschine.

NFC

Near Field Communication, kurz NFC, ist eine drahtlose Übertragungstechnik, die zum kontaktlosen Datenaustausch zwischen Geräten mit einer Distanz von bis zu 4 Zentimeter dienen soll. NFC kommt bereits seit geraumer Zeit in Smartphones zum Einsatz und kann z.B. zum kontaktlosen Bezahlen eingesetzt werden.

RFID

RFID steht für Radiofrequenz-Identifikation, was vereinfacht Identifizierung per Funk, also mit Hilfe von elektromagnetischen Wellen, bedeutet. Es ermöglicht das kontaktlose Speichern und Auslesen von Daten. Angewendet wird RFID für das automatische Identifizieren und bei besonderen Anwendungen auch für das Lokalisieren von Gegenständen und Lebewesen. Bereits seit längerem werden Haustiere mit diesen Chips ausgestattet, um sie leichter aufspüren und die Besitzer ausfindig machen zu können.

Grindhouse Wetware

Grindhouse Wetware, gegründet 2012 in Pittsburg, Pensylvania, USA,  von einer Gruppe bestehend aus Programmierern, Ingenieuren und Technik-Enthusiasten hat es sich zum Ziel gemacht, menschliche Fähigkeiten auszubauen. Hierbei sollen sichere, bezahlbare  Open Source-Technologien zum Einsatz kommen.

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