Darauf wies das Bundeskriminalamt (BKA) in seinem „Bundeslagebild 2015 Wirtschaftskriminalität“ vor Kurzem hin. Dabei sei auch der entstandene Schaden deutlich angestiegen: von 41 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 70 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Als Grund für den Anstieg nennt das BKA den Abrechnungsbetrug „durch russischsprachige Pflegedienste, das heißt solche, die mehrheitlich von Personen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion geführt werden“. Hierbei handele es sich um ein bundesweites Phänomen, das insbesondere dort auftrete, wo sich durch Sprachgruppen geschlossene Systeme bildeten. „Die Täter wählen beim Abrechnungsbetrug unterschiedliche Vorgehensweisen, indem sie beispielsweise nur zum Teil oder überhaupt nicht erbrachte Leistungen abrechnen, die Pflegebedürftigkeit von Patienten vortäuschen (Patienten simulieren bewusst), Ärzte und Pflegepersonal bestechen oder Urkunden im Zusammenhang mit der Ausstellung von Ausbildungszertifikaten fälschen“, erklärt das BKA.
Hinweise auf organisierte Kriminalität
In vielen dieser Fälle lägen Indizien für ein strukturiertes und organisiertes Vorgehen der Pflegedienste mit dem Ziel der Gewinnmaximierung vor. In Einzelfällen lägen im Zusammenhang mit Investitionen in russischsprachige ambulante Pflegedienste auch Hinweise auf eine organisierte Kriminalität vor. „Mittlerweile konzentrieren sich die Täter auf das Geschäft mit Intensivpflegepatienten, da in diesem Bereich die höchsten Gewinne erzielt werden können“, schreibt das BKA.
„Krankenkassen zahlen für einen Intensivpflegepatienten monatlich etwa 22.000 Euro. Die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen schätzen den durch Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen entstandenen volkswirtschaftlichen Schaden auf etwa eine Milliarde Euro.“ In Anbetracht der demografischen Entwicklung werde der Pflegemarkt in absehbarer Zukunft weiter wachsen. Es sei davon auszugehen, dass der Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen auch zukünftig von Bedeutung sein werde.
Den Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen definiert das BKA dabei als „betrügerisches Erlangung von Geldleistungen von Selbstzahlern, Krankenkassen, Krankenversicherungen und Beihilfestellen durch Angehörige medizinischer oder pharmazeutischer Berufe sowie durch Krankenhäuser und Sanatorien“.
Die meisten Delikte wurden im vergangenen Jahr innerhalb der Wirtschaftskriminalität im Bereich des Betrugs registriert (31.692 Fälle), gefolgt von Insolvenzdelikten (11.153), Anlage- und Finanzierungsdelikten (9.136) und Arbeitsdelikten (8.904). In keinem Bereich stieg die Anzahl der Delikte jedoch so deutlich an wie im Gesundheitswesen.
Quelle: www.aerzteblatt.de