Im Jahr 2015 ist die Anzahl berufstätiger Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz weiter angestiegen. Die Zunahme der Ärztezahl ist einerseits auf einen gestiegenen Anteil von Frauen in der Medizin zurückzuführen. Andererseits hat auch der Prozentsatz an Ärztinnen und Ärzten mit einem ausländischen Arztdiplom erneut zugenommen. Nach der aktuellen Statistik der Verbindung der Schweizerischen Ärztinnen und Ärzte FMH stammten im vergangene Jahr 11 138 Ärzte der berufstätigen Ärzte in der Schweiz aus dem Ausland beziehungsweise sind Inhaber eines ausländischen Studienabschlusses der Humanmedizin. Damit ist die Zahl ausländischer Ärztinnen und Ärzte im Vergleich zum Vorjahr um 1,0 Prozent von 30,5 auf 31,5 Prozent angestiegen.
Die meisten von ihnen arbeiten im stationären Sektor (37,5 Prozent). Im ambulanten Bereich sind 25,9 Prozent Ärzte aus dem Ausland tätig. Die Mehrheit der Fachkräfte aus dem Ausland stammt aus Deutschland (17,7 Prozent), gefolgt von Italien (2,6 Prozent), Österreich (1,9 Prozent) und Frankreich (1,8 Prozent).
Das ausländische Fachpersonal leistet nach Ansicht der FMH weiterhin einen wesentlichen Beitrag, um die medizinische Versorgung der Bevölkerung in der Schweiz aufrechtzuerhalten.
Ähnliche Herausforderungen wie in anderen Ländern
Das schweizerische Gesundheitswesen steht gleichwohl vor ähnlichen Herausforderungen wie die Systeme anderer Länder, nicht nur angesichts der zunehmenden Feminisierung des Arztberufs, sondern auch vor dem Hintergrund des vorhandenen Fachkräftemangels. Ärztinnen und Ärzte legten heutzutage beispielsweise Wert auf Freiräume für das Familienleben und somit auch die Möglichkeit einer beruflichen Teilzeittätigkeit, erklärt Dr. med. Christoph Bosshard, Vizepräsident der FMH. „Genauso wenig können wir mit ausschließlich berufsbezogenen Anreizen die Ärztedichte in den Randregionen verbessern, wenn dort Arbeitsmöglichkeiten für die Partnerin beziehungsweise den Partner und Angebote wie Kinderbetreuung fehlen.“
Dauerbrenner in der Gesundheitspolitik des Nachbarlandes ist zudem nach wie vor das Thema Zulassungsstopp. Nachdem das Parlament Ende letzten Jahres entschieden hatte, die bedarfsabhängige Beschränkung für niederlassungswillige Ärztinnen und Ärzte aufzuheben, hat der Nationalrat Anfang dieses Jahres per Bundesgesetz den Zulassungsstopp nach heftigem Protest der Kantone für weitere drei Jahre verlängert.
Die Regelung gesteht den Kantonen die Möglichkeit zu, bei einem zu großen Ärztezustrom in den ambulanten Sektor nur die Ärzte zuzulassen, die zuvor drei Jahre in einem schweizerischen Krankenhaus gearbeitet haben. Derzeit machen 18 Kantone vom Zulassungsstopp Gebrauch.
Eine Aufhebung hätte auch für Ärzte aus der EU bedeutet, dass sie ab Sommer dieses Jahres ohne Einschränkung überall in der Schweiz eine Praxis hätten eröffnen können. Vor allem grenznahe Kantone hatten befürchtet, dass dann die Zahl der ausländischen Ärzte sprunghaft ansteigen wird.
Geteilte Meinung über Nationalratsinitiative
Ärzte, Parteien und Krankenkassenvertreter sind geteilter Meinung über die Nationalratsinitiative. Der Krankenkassenverband Santésuisse wertete die Verlängerung als falsches Signal an qualifizierte ausländische Ärzte, auf die die Schweiz dringend angewiesen sei. Der Krankenkassenverband Curafutura bezeichnete die Verlängerung dagegen als „gangbaren Weg“.
Und auch die FMH kann mit der Übergangslösung weiterhin gut leben. Der Präsident der Ärztevereinigung Dr. med. Jürg Schlup hält es für sinnvoll, an der aktuellen Zulassungsvoraussetzung einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten Weiterbildungsstätte in der Schweiz festzuhalten. Als weiteres Qualitätskriterium fordert er den Nachweis adäquater Sprachkenntnisse ausländischer Ärzte, um die Behandlungsqualität und Patientensicherheit zu gewährleisten.
Auf bundespolitischer Ebene wird derzeit fieberhaft nach Lösungsmöglichkeiten gesucht, mit denen sich eine Steuerung der Ärztezahlen in der Schweiz dauerhaft sinnvoll gestalten lässt, da der Zulassungsstopp langfristig nicht mehrheitsfähig ist.
Quelle: Dieser Artikel ist erschienen im Deutschen Ärzteblatt 2016; 113(19), Seite 42