Der Bedarf an forschenden Ärzten ist groß. Das wachsende Wissen aus der medizinischen Grundlagenforschung muss schließlich in der Krankenversorgung umgesetzt werden. Dazu bedarf es epidemiologischer und klinischer Studien, die geplant, durchgeführt, ausgewertet und publiziert werden müssen. Insbesondere junge Ärzte sollen motiviert werden, individuelle Lösungen für die medizinischen Probleme ihrer Patienten zu finden. Doch die Parallelität aus klinischer Weiterbildung und wissenschaftlicher Qualifikation ist für viele eine große Herausforderung. Doch wie kann der Spagat gemeistert werden?
„Wir möchten zur Qualitätssteigerung von Promotionen beitragen“
Deutsches Ärzteblatt (DÄ): Herr Stang, Sie haben mit dem gerade begonnenen Sommersemester ein dreijähriges universitätsübergreifendes strukturiertes Promotionsprogramm, den PhD-Promotionsstudiengang „Epidemiology and Clinical Research“, initiiert. Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Promotionsstudiengang?
Andreas Stang: Mit dem Programm möchten wir einen Beitrag zur Qualifizierung von wissenschaftlichem Nachwuchs durch eine methodisch orientierte, strukturierte Ausbildung leisten und zur Qualitätssteigerung von Promotionen beitragen. Wir folgen damit der Idee des Wissenschaftsrats und der DFG, die eine stärkere Qualitätssicherung der Promotion wünschen. Das PhD-Programm liefert zugleich einen wichtigen Beitrag zur Förderung sogenannter „Clinician Scientists“. Wir möchten insbesondere Ärztinnen und Ärzte motivieren, eigene epidemiologische Fragestellungen zu generieren, zu bearbeiten, Resultate zu interpretieren und Konsequenzen abzuleiten.
Welche Standorte beteiligen sich an dem Promotionsstudiengang?
Wir haben es geschafft, drei universitäre Ruhrgebiets-Standorte für das Programm zu gewinnen: aus Essen das Zentrum für Klinische Epidemiologie (Universität Duisburg-Essen), aus Bochum das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IPA) und die Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (Ruhr-Universität Bochum), und aus Dortmund die Abteilung für Mathematische Statistik und biometrische Anwendungen (TU Dortmund).
Was ist das Besondere an dem Promotionsstudiengang im Vergleich zu bisher üblichen medizinischen Promotionen?
Bei unserem Promotionsstudiengang handelt es sich um eine dreijährige Promotionsphase mit Einbindung in ein eigenes Forschungsprojekt und ein auf zwei Jahre ausgelegtes Begleitprogramm mit mindestens 300 Lehreinheiten à 45 Minuten. Es werden Blockkurse in aufbauender Modulform angeboten. Die PhD-Studentinnen und -Studenten werden jeweils von zwei Betreuern während der Promotionsphase begleitet. Zusätzlich wird eine enge Betreuung durch Wissenschaftler sichergestellt. Auch wenn diese Betreuung sehr zeitintensiv ist, so sind wir sicher, dass dies zu einer neuen Qualität bei Promotionen führen wird.
Wie sehen die beruflichen Perspektiven nach der Promotion aus?
Der erworbene PhD bahnt Ärztinnen und Ärzten den Weg zu einer Professur oder zu einer gehobenen wissenschaftlichen Position in gesundheitswissenschaftlichen Forschungseinrichtungen jedweder Art in Deutschland, beispielsweise in Einrichtungen wie dem BfArM, BfR, RKI, IQWiQ oder auch in Helmholtz-Instituten, und Leibniz-Instituten und natürlich auch im Ausland.
Der erste Jahrgang ist im Sommersemester 2017 gestartet. Haben Sie Pläne zur Erweiterung des Studienganges?
Wir arbeiten derzeit an der Intensivierung von Kooperationen außerhalb und innerhalb der Universitätsallianz Ruhr und einzelner Klinikbereiche. Es ist geplant, die Promovendinnen und Promovenden in den Entwicklungsprozess des PhD-Programms einzubinden. Weiterhin haben wir sehr positive Gespräche mit der Boston University, Harvard University (Boston), University of Chapel Hill und dem Karolinska Institut (Stockholm) geführt. Alle vier Standorte sind an einer Kooperation im Rahmen des PhD-Programms interessiert. Unsere Promovenden haben die Möglichkeit, an den Standorten wissenschaftliche Gastaufenthalte zu absolvieren.