Nachgefragt: Wie ist das Medizinstudium in Ulm?

Wie schätzen Fachschaften das Medizinstudium an ihrer Uni ein? Was macht den besonderen Reiz am Studium dort aus? Wir haben nachgefragt und präsentieren hier die Antworten. Diesmal: Lea Mezger von der Fachschaft Humanmedizin in Ulm.

Ulm liegt in Baden-Württemberg und hat etwa 125.000 Einwohner. | Stefanie - stock.adobe.com

Lea, abgesehen von Ulm als Stadt: Was macht den besonderen Reiz aus, sich in Ulm als Ärztin ausbilden zu lassen?

Lea Mezger: Ulm ist noch eine recht junge Uni, deshalb ist Vieles noch ziemlich neu und entwickelt sich weiter: Es gibt immer wieder neue Ideen in der Lehre, in den letzten Jahren zum Beispiel auch in der Biochemie und Gesprächsführung. Außerdem wird man auch am Anfang des Studiums sehr gut an die Hand genommen. In Anatomie gibt es beispielsweise im ersten Semester eine theoretische Vorlesung und ein Seminar als Einführung. Dann im zweiten Semester gibt es den Kurs der Mikroskopischen Anatomie, in dem man mehr über den Aufbau der verschiedenen Gewebe lernt. Und erst im dritten Semester hat man den Präparierkurs, in dem man sehr intensiv an Körperspendern arbeitet und lernt. Ich finde es gut, dass man dadurch nicht gleich ins kalte Wasser geworfen wird, sondern sich langsam an das Thema herantasten kann. Die theoretischen Grundkenntnisse erleichtern den Einstieg da sehr.

Wie wird den Studierenden der Einstieg noch erleichtert?

Lea Mezger: In den ersten Semestern wird das „NAWI Upgrade“ angeboten, in dem man in den Naturwissenschaften auf den Stand der Dinge gebracht und unterstützt wird. Das ist besonders gut für alle, die vor dem Medizinstudium schon ein anderes Fach studiert oder eine Ausbildung gemacht haben, da sind die Kurse in der Schule ja schon etwas länger her.

Lea Mezger studiert im 8. Semester Medizin in Ulm und engagiert sich in der Fachschaft. | privat

Was ist das Besondere am Ulmer Curriculum?

Lea Mezger: Besonders gereizt haben mich die „Studientracks“, in denen die Studierenden mehr über bestimmte Fachgebiete erfahren und so auch dafür begeistert werden können. Es gibt beispielsweise den Track „Allgemeinmedizin“ in der Vorklinik, in der Klinik auch „Neurologie“, „Traumaforschung und -versorgung“, „Prüfarzt“, „Lehren lernen“ oder „Herz-Lunge-Gefäß“ – den habe ich gemacht. In einem Studientrack gibt es spezielle Seminare und praktische Kurse zu jeweils dem dazugehörigen konservativen und operativen Fach, beispielsweise der Kardiologie und Herzchirurgie, der Pneumologie und Thoraxchirurgie. Da kann man dann beide Bereiche vergleichen und leichter eine Entscheidung treffen, welche Richtung zu einem passt. Gut finde ich, dass man damit schon im Studium eigene Schwerpunkte setzen kann. Und der Kontakt zu den Dozierenden ist durch den Track noch besser, ich habe darüber auch meine Promotionsstelle gefunden.

Was hat sich in den letzten Jahren verändert?

Lea Mezger: An unserer Uni gibt es viele Möglichkeiten, das Gelernte auch praktisch zu vertiefen. Dafür gibt es beispielsweise die Lehrsammlung, das Skills Lab und das Virtual Reality-Lab, die in den letzten Jahren eingerichtet wurden. Das Skills Lab ist vor allem in der Klinik spannend: Hier kann man seine Fähigkeiten in Chirurgie und Innere Medizin üben – beispielsweise Nahttechniken lernen oder eine Ultraschalluntersuchung üben. Im VR-Lab kann man zum Beispiel die Anatomie mal anders kennenlernen und dabei viel für den Präparierkurs mitnehmen. Eine Besonderheit ist auch das Simulationskrankenhaus „To Train U“ (TTU), das Ende des Jahres fertig werden soll und in dem wir Studierende unsere Fähigkeiten an Dummys und Schauspielpatienten verbessern können.

Welche Veränderungen wünschst du dir noch?

Lea Mezger: Ich finde, dass sich in der Lehre in den vergangenen Jahren sehr viel getan hat, gerade in der Vorklinik. In der Klinik sind die Ärzte durch die Doppelbelastung stark eingespannt, das ist sicher an jeder Uni so. Trotzdem sollte die Lehre als wichtige Aufgabe wahrgenommen werden und ich hoffe, dass es auch in Zukunft noch mehr tolle neue Ideen für die Lehre geben wird.

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf euer Studium ausgewirkt?

Lea Mezger: Am meisten fehlt mir, dass ich meine Kommilitonen nicht mehr sehen kann. Und auch Präsenzveranstaltungen mit Patienten gibt es nur noch sehr wenige. Das ist sehr schade – das Medizinstudium profitiert natürlich sehr von der Praxis und dem Kontakt zu Patienten. Aber hier geht der Infektionsschutz nun mal vor. Ein Vorteil ist aber, dass man durch die Digitalisierung der Lehre zum Beispiel Videovorlesungen später nochmals ansehen kann, gerade auch als Wiederholung vor Prüfungen. Das sollte es auch in Zukunft weiterhin geben.

Wie zufrieden bist du mit der Betreuung durch die Dozierenden?

Lea Mezger: In letzter Zeit hatte ich einen echt tollen Neurologiekurs mit einer sehr motivierten und netten Dozentin, das war natürlich super und hat bei mir auch umso mehr das Interesse am Fach geweckt. Wenn auch die Dozierenden Spaß am Kurs haben, macht es gerade in kleineren Gruppen in der Klinik natürlich auch uns Studierenden umso mehr Spaß. Grundsätzlich sind die Semestergruppen mit über 300 Studierenden jedoch nicht ganz so klein und der Kontakt nicht ganz so intensiv wie in kleineren Gruppen. Trotzdem habe ich bei Fragen oder Problemen bisher immer freundliche und hilfsbereite Ansprechpartner gefunden und auch das Dekanat unterstützt uns sehr.

An der Uniklinik Ulm lernen Studenten per Virtual Reality: Schon seit 2016 gibt es hier ein Cyber-Herz, Anfang des Jahres ist ein virtueller Darm hinzugekommen. Im Telefoninterview erklärt Dr. Wolfgang Öchsner, Oberarzt in der Abteilung Kardioanästhesiologie, wie das VR-Erlebnis beim Lernen hilft.

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In welchen Bereichen ist die Uniklinik Ulm top?

Lea Mezger: Die Uniklinik ist in der Forschung vorne mit dabei – gerade in der Krebs- und Traumaforschung, aber auch im Bereich der Altersmedizin, beispielsweise im Bereich der degenerativen Erkrankungen.

Wie ist denn das Studierendenleben in Ulm – zumindest, wenn der Lockdown vorbei ist?

Lea Mezger: Schön! Ulm hat eine sehr reiche Kulturlandschaft. Dabei gibt es auch eine Theater-Flatrate für Studierende: Von unserem Studierendenbeitrag geht ein Euro an das Theater Ulm und dafür können wir Vorstellungen kostenlos besuchen. Außerdem gibt es auch über den Hochschulsport viele Angebote von Yoga über Ballsportarten bis hin zu Fechten, aber auch das Musische Zentrum bietet viel. In den Wohnheimen oder der Uni gibt es normalerweise auch regelmäßig Partys. Und Ulm an sich ist eine schöne Stadt, es gibt nette kleine Läden und coole Cafés und auch im Umland ist die Landschaft sehr schön – dort sind viele Seen und es ist nicht weit bis in die Berge. Apropos Berge: Mit dem Fahrrad kommt man auf dem Weg zum Hauptcampus ganz schön ins Schwitzen, aber zum Glück ist die Uni dank der Linie 2 auch perfekt an den ÖPNV angebunden.

Warum hast du dich persönlich dafür entschieden, in Ulm zu studieren?

Lea Mezger: Ich komme ursprünglich aus der Nähe von Stuttgart, dadurch ist meine Familie dann nicht ganz so weit weg. Außerdem hat es mich gereizt, dass Ulm eine kleine Großstadt ist und damit für mich die perfekte Kombination aus Natur und städtischem Leben bietet: viel kulturelles Leben, aber gleichzeitig wirkt die Stadt nicht so anonym wie größere Städte und man hat es nicht weit in die Natur, das finde ich sehr angenehm. Zusätzlich hat mich das Angebot der Uni sehr überzeugt.

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