Die Qualität der deutschen medizinischen Promotion, die zurzeit kritisiert werde, nehmen die Studiengangskoordinatorin Humanmedizin Dr. phil. Karen Sievers, der Vorsitzende der Promotionskommission der Sektion Medizin Prof. Dr. med. Karl-Friedrich Klotz und der Studiengangsleiter Humanmedizin Prof. Dr. med. Jürgen Westermann – alle von der Universität zu Lübeck – zum Anlass, um im Deutschen Ärzteblatt (Heft 19 vom 13. Mai 2016) darzustellen, wie geeignete Rahmenbedingungen für gute medizinische Promotionen aussehen können.
Die Autoren führen an, dass der Lübecker Campus aufgrund seiner Überschaubarkeit und dem Schwerpunkt „Life Science“ beste Voraussetzungen für eine enge Kooperation der naturwissenschaftlichen, klinisch-theoretischen und klinisch-praktischen Bereiche biete. Dies bereite entscheidende Vorteile für Forschung und Lehre, da Grundlagen und Methoden forschungsbasiert auf hohem Niveau vermittelt werden. Forschende Doktoranden und Wissenschaftler aller Fächer arbeiten ergänzend miteinander und Studierende erhalten im Mentorenprogramm eine Betreuung von Medizinern und von Naturwissenschaftlern.
Promotionsordnung: Curriculum unterstützt formale qualitätssichernden Vorgaben
Eine strukturelle Unterstützung bietet laut Autoren das Lübecker Curriculum, da es so organisiert sei, dass es eine Promotion bestmöglich begleite. Vorlesungsfreie Zeit könne ungestört für die Promotion genutzt werden, da ausreichende Zeit einen nicht zu unterschätzenden Qualitätsfaktor darstellt. Die meisten Lübecker Medizindoktoranden widmen zwei Semester vor oder nach dem Staatsexamen ausschließlich ihrer Doktorarbeit, stellen die Autoren fest.
Im Fünften Semester erhalten die Studierenden eine Einführung in das „problemorientierte Lernen“, dessen Ziel es ist, eine Fragestellung wissenschaftlich aufzuarbeiten und deren Ergebnisse im Rahmen einer Posterpräsentation vorgestellt werden. Den Promotionsstudenten stehen Angebote wie ein übergreifendes Doktorandenseminar und strukturierte Promotionsstipendien des örtlichen Graduiertenkollegs zur Verfügung. Zum Abschluss muss jeder Promovend nachweisen, dass er am Doktorandenseminar teilgenommen hat. Die Pflichtveranstaltung „Biometrie und Statistik“ ist zeitlich flexibel absolvierbar, so dass die Studenten die Belegung angepasst an ihr Dissertationsprojekt und den eigenen Bedarf an methodischem Wissen vornehmen können. Promotionsprojekte, die kurz vor dem Abschluss stehen, werden auf dem Doktorandentag im Sinne eines „öffentlichen Kolloquiums“ vorgestellt und diskutiert.
Die Promotionskommission sei vollständig unabhängig und vergebe das Korreferat anonym. Die Begutachtung und Bewertung richte sich nach dem Empfehlungen des Wissenschaftsrates. Fast zwei Drittel der medizinischen Doktorarbeiten in Lübeck werden publiziert, was als Gütezeichen der hohen Qualität angesehen werden kann. Dies führt dazu, dass ein Großteil der für die Lebenswissenschaften zu vergebenden DFG-Fördermittel der Universität für medizinische Forschungsvorhaben eingeworben wird.
Alle Fakultäten tragen die Verantwortung für die Qualität der Promotionen
Unabhängig in welcher Fachrichtung promoviert wird, die jeweilige Fakultät trägt die Verantwortung und muss durch entsprechende Maßnahmen dafür sorgen, dass nur geeignete Kandidaten mit ihrer Promotion beginnen und dass diese dann in bestmöglicher Weise strukturell unterstützt werden. Abschließend unterzieht die Fakultät die Promotionsarbeiten einem objektiven und transparenten Begutachtungsverfahren, so dass die individuelle Qualität der Promotionsarbeit festgestellt werden kann.
Zurzeit finden Gespräche zwischen Vertretern der Hochschulrektorenkonferenz und des Medizinischen Fakultätentags statt. Diese Gespräche werden wahrscheinlich dazu beitragen, die mit Vorurteilen geprägte Diskussion um die deutsche medizinische Promotion zu versachlichen. Die Autoren hoffen, dass zukünftig der Qualitätsstandard der Promotion in Deutschland gemeinsam weiter verbessert werden kann und diese Qualität dann auch sichtbar wird.