Interprofessionelle Ausbildung: Standard statt Projekt

Eine hochwertige Patientenversorgung braucht eine gute Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe. Im Gastbeitrag erläutern Jeremy Schmidt und Aurica Ritter vom bvmd, warum interprofessionelle Ausbildungsstationen dafür eine gute Grundlage sind.

Die interprofessionelle Ausbildungsstation HIPSTA in Heidelberg | PD Dr. André Mihaljevic

Durch den medizinischen Fortschritt sowie den demografischen Wandel werden die Patientenfälle immer komplexer – sowohl hinsichtlich der Erkrankungen als auch der langfristigen Versorgung. Die Herausforderungen, vor denen unser Gesundheitssystem steht, erfordern mutige, zukunftsorientierte Konzepte, um die vorhandenen limitierten Ressourcen bestmöglich im Sinne der Patientinnen und Patienten zu nutzen.

Ein Schlüssel, um zukünftig eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten, liegt in der interprofessionellen Zusammenarbeit im Gesundheitswesen. Gute Kommunikation, gezielte Aufgabenteilung und gegenseitiges Verständnis füreinander verbessern nicht nur die Patientenversorgung und Behandlungsabläufe, sondern reduzieren auch die menschlichen Fehler in der Behandlung. Zusätzlich erwarten wir, dass die Zufriedenheit sowie mentale Gesundheit der Berufstätigen gestärkt werden.

Um diese Fertigkeiten, Methoden und Haltung ins eigene Berufsleben tragen zu können, ist es notwendig, die interprofessionelle Zusammenarbeit schon in der Ausbildung der Heilberufe zu verankern. Leider spielt bis heute das Erlernen interprofessioneller Kompetenzen im Medizinstudium in Deutschland kaum eine Rolle. Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. (bvmd) fordert daher eine maßgebliche Stärkung der interprofessionellen Inhalte im Curriculum, und fördert einen der vielversprechendsten Ansätze aktiv mit: Die Interprofessionellen Ausbildungsstationen, kurz IPSTAs.

Studierende und Auszubildende übernehmen gemeinsam Verantwortung

Auf IPSTAs übernehmen Medizinstudierende gemeinsam mit Auszubildenden der Pflege und etwaiger weiterer Berufsgruppen (zum Beispiel Physiotherapie, Pharmazie) eigenständig die Betreuung und Versorgung von Patientinnen und Patienten. In steter Unterstützung durch ausgebildete ärztliche und pflegerische Lernbegleiter (Facilitator) erhalten sie regelmäßiges Feedback und entwickeln im interprofessionellen Team Standard Operating Procedures. Besprechungen und Visiten erfolgen stets gemeinsam, jeder Fall wird im Team erörtert und Behandlungskonzepte werden gemeinsam erarbeitet.
Darüber hinaus werden durch das eigenverantwortliche Patientenmanagement eine Vielzahl weiterer für den ärztlichen Beruf notwendiger und im Studium zu kurz gekommener kommunikativer und klinisch-praktischer Kompetenzen gefördert.

In Deutschland wurden interprofessionelle Ausbildungsstationen bereits in Heidelberg (HIPSTA) und Freiburg (IPAPÄD) etabliert. Positive Rückmeldungen der Studierenden, Facilitator und insbesondere auch der Patienten geben Hinweise auf den Lerneffekt dieses Ausbildungsmodells. Als Studierende beteiligen wir uns aktiv an der Entwicklung weiterer Standorte, mit dem Ziel, flächendeckend jedem Studierenden einen vier- bis sechswöchigen Abschnitt des Praktischen Jahres auf einer IPSTA zu ermöglichen.

Wie funktioniert die Arbeit im interprofessionellen Team am besten? In Mannheim lernen Medizinstudenten das direkt auf der Station – gemeinsam mit Auszubildenden aus den Bereichen Pflege und Physiotherapie.

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Hierzu haben wir eine Taskforce gegründet, die die bisherigen sowie zukünftig hinzukommenden Standorte vernetzt. Dabei wollen wir insbesondere andere Studierende dazu ermutigen, auch an ihrer Fakultät eine IPSTA zu initiieren. Um dies zu erleichtern, erstellen wir aktuell ein Handbuch “How To IPSTA”. Dieses soll alle nötigen Schritte von der Idee zur Finalisierung eines solchen Projektes (Ansprechpartner, logistische und strukturelle Voraussetzungen, finanzielle und rechtliche Aspekte etc.) enthalten. Weiterhin werden wir uns an begleitenden Evaluationen sowie wissenschaftlichen Untersuchungen der Standorte beteiligen.

Unser Ziel ist es, ein nationales Netzwerk von Studierenden an lokalen IPSTAs aufzubauen, um diese sowie neue Stationen nachhaltig zu fördern. Dies geschieht in enger Abstimmung mit den ärztlichen Vertretern und Dekanaten vor Ort sowie weiteren Institutionen, die IPSTAs bundesweit fördern. Wir stehen hierfür unter anderem in engem Kontakt mit dem Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) sowie dem Initiator und Betreuer der HIPSTA, PD Dr. Andre Mihaljevic, die uns unterstützen, um das übergeordnete gemeinsame Ziel zu erreichen: Durch eine flächendeckende Implementierung von interprofessionellen Ausbildungsstationen die Zusammenarbeit der Heilberufe im Sinne des Patientenwohls frühzeitig und praktisch zu lehren und nachhaltig zu fördern.

Interesse, auch eine IPSTA zu Initiieren? Das IPSTA-Team bei der bvmd freut sich über Nachrichten!
Kontakt und mehr Infos, auch Literaturhinweise zum Beitrag: ipsta@bvmd.de

Dieser Beitrag ist in gekürzter Form zuerst im Heft "Medizin Studieren" Heft SS/2019 des Deutschen Ärzteblattes erschienen.
Dieser Artikel wurde uns zur Verfügung gestellt von
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