Reform- und Modellstudiengänge Medizin: Medizinische Hochschule Hannover

Curriculum: Drittes Studienjahr

Im dritten Studienjahr greift das Modul Klinische Medizin (Teil I) die Innere Medizin und Psychiatrie wieder auf und stellt die wichtigsten Krankheitsbilder der Inneren Medizin interdisziplinär vor. Es greift auf die bereits unterrichteten Krankheitsbilder zurück, sodass bereits zu diesem Zeitpunkt im Studium Kenntnisse über die großen Krankheitsbilder vorhanden sind.

Neben der klinischen Darstellung werden die Krankheitsbilder von pathologischer, physiologischer, biochemischer und pharmakologischer Seite beleuchtet. Über das reine Wissen hinaus strukturiert diese Ausbildung das ärztliche Vorgehen der Studierenden bei den einzelnen Patienten („von den häufigen Krankheiten zu den selteneren“) und führt zu einer vernünftigen Einschätzung des eigenen Könnens und damit zu einem „allgemeinärztlichen“ Verständnis der Studierenden.

Im Blockpraktikum Innere Medizin sollen die Studierenden ihre Kenntnisse in Diagnostischen Methoden mit den theoretischen Kenntnissen der wichtigen Krankheitsbilder an stationären Patienten anwenden. Die Studierenden erfahren hier konkretes ärztliches Arbeiten, Selbstständigkeit und vertiefen ihre erlernten Fertigkeiten.

Curriculum: Viertes Studienjahr

Im vierten Studienjahr lehrt die Innere Medizin in Vorlesungen, Seminaren und „Bedside Teaching“ die noch ausstehenden Krankheitsbilder. Auch hier werden im Sinne der „Lernspirale“ zuvor erlernte Krankheitsbilder, Kenntnisse und Fertigkeiten der Inneren Medizin sowie pathophysiologische Grundlagen patientenbezogen angewendet und vertieft. Die „Lernspirale“ wird in diesem Jahr auch auf andere Fächer, insbesondere Chirurgie und Psychiatrie, angewendet. Auch bei diesen Fächern wird am Patienten unterrichtet.

Curriculum: Fünftes Studienjahr

Im fünften Studienjahr steht die Arbeit mit dem Patienten im Modul Klinische Medizin (Teil II) im Zusammenhang mit den bisher erworbenen Fertigkeiten im Vordergrund. Nach rund vier Jahren kehren die Studierenden somit in der „Lernspirale“ wieder zu den Anfängen zurück.

Ausgehend von der Komplexität der Symptomatik und Problematik einzelner Patienten sollen die Studierenden ihre Kenntnisse direkt anwenden und im Kontext begreifen. So soll die Ausbildung an der MHH bezüglich der späteren Berufstätigkeit transparent und verständlich erfolgen.

Parallel zu diesem Kurs werden die Pathologie einzelner Krankheiten, die bildgebende Diagnostik sowie die pharmakologischen Therapien behandelt. Die Prüfung des Moduls fragt anhand von Fallbeispielen das Wissen im ärztlichen Kontext ab und gilt deshalb als gute Vorbereitung auf das Praktische Jahr.

Im Fokus: differentialdiagnostische Themen

Die einzelnen Wochen des Kurses stehen unter einem bestimmten differentialdiagnostischen Thema, wie zum Beispiel Fieber oder Bewegungsstörungen. Die differentialdiagnostischen Vorlesungen finden am Vormittag statt und werden durch die Kurse „Radiologie und Strahlentherapie“ und „Arzneimitteltherapie“ am Nachmittag ergänzt.

Auch die Inhalte dieser Kurse sind auf das jeweilige Wochenthema bezogen. Einmal wöchentlich findet ganztägig der Kurs „Klinisch pathologische Konferenz“ statt. Am Ende des Moduls Klinische Medizin II sollen die Studierenden eine hohe Kompetenz auf den Gebieten der symptombezogenen Differentialdiagnose haben, bildgebende Verfahren fachkundig und kritisch im diagnostischen Einsatz beurteilen sowie einen speziellen Therapieplan für die jeweilige Erkrankung erstellen können. Insbesondere sollen sie in der Lage sein, eine rationale Arzneitherapie anzuwenden.

Die Struktur der „Lernspirale“ der Inneren Medizin beinhaltet alle Merkmale des MHH-Modellstudiengangs HannibaL wie Orientierung an der Symptomatik und Problematik des Patienten, evidenz- und wissenschaftsbasierte molekulare Medizin und anwendungsorientierte sowie berufsbezogene Praxis. Auch die notwendige Qualifikation der Lehrenden spiegelt sich in dieser Struktur wider: Neben der fachbezogenen Expertise ist eine umfassende Kenntnis des Curriculums sowie der Verzahnung des eigenen Gebietes mit den anderen Fächern der Ausbildung zwingend erforderlich.

Auswahlkriterien: Persönlichkeit zählt

Zum Studienjahr 2006/07 führte die MHH die Auswahlgespräche im Rahmen des Auswahlverfahrens der Hochschulen ein. Damit wird die MHH nach eigenen Angaben an der Vergabe von ungefähr 60 Prozent der Studienplätze beteiligt.

Die MHH erhofft sich von den Aufnahmegesprächen einen frühen, offenen Austausch mit den Studierenden. So sollen die Bewerberinnen und Bewerber nicht nur anhand der Abiturnoten oder gewichteter Fachnoten Anerkennung finden, sondern auch durch ihre Persönlichkeit.

Jede Auswahlkommission besteht aus zwei Hochschullehrerinnen /Hochschullehrern bzw. Fachärztinnen /Fachärzten, die aus unterschiedlichen Bereichen der MHH kommen. Kriterien zur Feststellung der besonderen Eignung der Bewerberinnen und Bewerber sind u.a. die Gründe für Berufswahl, die Studienmotivation, die sich in den Vorstellungen über Studium und Beruf widerspiegelt, sowie besondere schulische und außerschulische Interessen und Aktivitäten.

Darüber hinaus werden berufliche und sonstige Tätigkeiten berücksichtigt sowie soziales Engagement. Entscheidend ist laut MHH auch, wie flexibel die Bewerberinnen und Bewerber im Auswahlgespräch auf wechselnde Gesprächsthemen und verschiedene Gesprächspartnerinnen und -partner eingehen können.

Die Auswahlkommission beurteilt die Kandidatinnen und Kandidaten abschließend hinsichtlich der drei Einzelaspekte „Persönliche Voraussetzungen“, „Fachliche Aspekte“ und „Außerschulische Interessen“ und gibt abschließend eine Gesamtbewertung ab. Aus der so ermittelten Punktzahl im Auswahlgespräch und der Abiturdurchschnittsnote wird ein gewichteter Mittelwert (Auswahlgespräch: 49 %; Abiturdurchschnittsnote: 51 %) errechnet, wodurch eine neue Rangfolge entsteht.

Infobox Reform- und Modellstudiengänge Medizin

Reform- und Modellstudiengänge im Fach Medizin, die auch zu anderen Abschlüssen das den etablierten führen, wurden aus dem Anspruch heraus eingeführt, ein praxis- und patientennäheres Studium anzubieten. 

So entstanden peu à peu verschiedene Reformprojekte nach amerikanischem Modell an den deutschen Hochschulen. Dabei liegt all diesen Projekten die Idee der gleichberechtigten Einbindung von Theorie und Praxis zugrunde.

Mit der neuen Approbationsordnung von 2003 sind mehrere zum Teil recht unterschiedliche Modellstudiengänge entstanden. Diese haben die bis dato geltende, reguläre Studienordnung zum Teil gänzlich ersetzt. An einigen Hochschulen werden sie parallel zum Regelstudium angeboten.

Wesentliches Charakteristikum der Reformstudiengänge ist dabei das problemorientierte, fallbezogene Lernen (POL) in kleineren Gruppen sowie neue Formen bei der Ausgestaltung von Prüfungen. Hochschulinterne Prüfungsformen wie OSCE (objective structured clinical examination) sollen dabei erlerntes Wissen mit praktischen Fertigkeiten und diagnostischem Denken verknüpfen. Dadurch werden  - etwa bei der Ersten Ärztlichen Prüfung - Formen wie die im Regelstudium übliche Multiple Choice-Form ersetzt.

Nach Abschluss des 10. Semesters wird das Studium wie im Regelstudiengang mit dem Praktischen Jahr (PJ) sowie der Zweiten Ärztlichen Prüfung fortgeführt und beendet.

Während im Regelstudium nach und nach die Ziele und neuen Lehrformen ins bestehende Curriculum übernommen werden, konnten die Modellstudiengänge die reformierten Curricula en bloc einführen.

Das Grundkonzept aller Modellstudiengänge ist die Einheit von Vorklinik und Klinik. Hierbei wird das Ziel verfolgt, dass der Student eine verantwortungsvolle ärztliche Einstellung erlernt, die seinem künftigen Handeln stets das psychisch-seelische Befinden der Patienten sowie deren soziale Lage zugrunde legt, indem er schon früh in den klinischen Alltag und klinische Fragestellungen einbezogen wird. Ziel ist die Auflösung des alten Konzepts: "erst Theorie, dann Praxis".

Trotz unterschiedlicher Curricula der Reformstudiengänge an den verschiedenen Hochschulen, liegt allen doch das  folgende Konzepte zugrunde:

Unterricht am Krankenbett, sogennantes "Bedside Teachung", soll den Studenten bereits in den ersten Semestern praktisch in die Arbeitsweisen im Berufsleben (wie Stellen einer Diagnose, Erheben eines Befundes, etc.) einführen. So sammelt er unter anderem auch schon früh Erfahrungen im Umgang mit Patienten.

Der Unterricht konzentriert sich stärker auf einzelne Körperteile, wie zum Beispiel einzelne Organe. Statt also das Thema Herz, wie bisher üblich, histologisch, anatomisch, funktional, pathophysiologisch, über mehrere Semester aufzuteilen, werden die Körperteile in Blöcken gelehrt und zusammenhängend in verschieden Aspekten besprochen. Diese neue Ausrichtung in der Lehre wird "Organzentriertes Lernen" genannt.

Ein weiteres neues Lernkonzept im Studienplan: das problemorientierte Lernen, kurz POL. Hier bekommen die Studenten in Kleingruppen ein Fallbeispiel schriftlich ausgehändigt, zu welchem sie individuell verschiedene Problemlösungen finden müssen. Diese werden dann gemeinsam in der Gruppe ausgewertet und schließlich als Gruppenergebnis präsentiert. Ziel dieser Art von Lehrveranstaltung ist es, früh medizinische Fragestellungen zu vermitteln und zu üben, in der Gruppe zusammenzuarbeiten, was soziale Kompetenzen trainiert.

Quelle: Studienordnung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH)

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