Herr Prof. Schulze, wie sind Sie auf Herrn Yadav und sein "Nepalese-German Hospital Project" aufmerksam geworden?
Prof. Johannes Schulze: Herrn Yadav habe ich kennengelernt, bevor ich von dem Projekt wusste. Wie die meisten Medizinstudenten aus dem Ausland kam er hierher und hatte keine Kenntnisse von der deutschen Sprache. Diese Studenten werden nach einem Jahr Deutschkurs in das Studium hineingeworfen – das Studium geht ja, aber die Prüfungen sind brutal, weil man dazu neben den Medizinkenntnissen sehr gut Deutsch können muss. Diese Studenten können zwar Medizin, aber nicht genügend Deutsch – und das traf auf Herrn Yadav natürlich auch zu. Wir haben uns dann zuerst mal darum gekümmert, dass er sein Studium auf die Reihe kriegt. Dabei habe ich gemerkt, dass er dieses Projekt „Ein Krankenhaus für Nepal“ hat, das ihn massiv umtreibt. Wir haben einen Deal gemacht: Erst, wenn er die Prüfungen geschafft hat, darf er sich wieder um Nepal kümmern. Und jetzt hat er die schwersten Prüfungen erfolgreich hinter sich und ist im PJ.
War denn sein Nepal-Projekt das ganze Studium über präsent?
Das Projekt hat ihn das ganze Studium über beschäftigt. Auch zu Beginn des klinischen Abschnitts wusste er bereits prinzipiell, dass er an der Gesundheitsstruktur in seiner Heimatregion etwas verbessern will. Und ich nehme an, er ist auch schon mit dieser Idee im Kopf nach Deutschland gekommen. Es treibt ihn um, dass in seiner Heimatregion Menschen sterben müssen, weil das nächste Krankenhaus zu weit weg ist.
Wie unterstützen Sie das Projekt?
Meine Unterstützung liegt natürlich eher im ideellen Bereich, denn ich kann ihm leider nicht das Geld geben, das er braucht. Ich sehe mich selbst als Diskussionspartner und eine Art „Prellbock“ für Ideen. Zum Beispiel möchte sich Herr Yadav ja auf den Bereich Neurochirurgie spezialisieren. Meiner Erfahrung nach ist aber das größere Problem in Entwicklungsländern die Geburtshilfe – darüber diskutieren wir auch öfter. Es ist zwar spektakulär, wenn man dort eine tolle Chirurgie hat – aber wenn nebenan die Mütter mit ihren Kindern sterben, dann ist das im Sinne eines Gesamtsystems natürlich nicht gut. Da versuche ich, ein Korrektiv zu sein. In dieser Hinsicht unterstütze ich das Projekt, so viel es geht.
Wir haben uns schon früh auch über andere Themen Gedanken gemacht – z.B. über die laufende Finanzierung: Seine Idee von einem Analogon zum Mikrokreditsystem klingt mir da ganz plausibel – das müsste man natürlich nochmal auf die Realisierbarkeit abklopfen. Aber immerhin wird das mitbedacht. Genauso die Frage, ob es da in Zukunft konstant Elektrizität geben wird – Sie können ja nicht einfach eine OP abbrechen, weil ein Generator ausgefallen ist. Das meine ich mit „Prellbock“ für Ideen – ich versuche, das Haar in der Suppe zu finden. Ob das Haar echt ist, ist eine andere Frage – aber man sollte daran gedacht haben. Dieser Abgleich mit der Realität muss erfolgen, wenn das Projekt gelingen soll.
Nach der aktuellen Planung soll 2020 mit dem Bau begonnen werden, 2025 sollen die ersten beiden Stationen eröffnen, 2029 sollen an dem Krankenhaus Fachärzte ausgebildet werden. Glauben Sie, dass das realistisch ist?
Ich halte diesen Plan schon für realistisch. Ich selbst habe davon nicht so viel Ahnung, aber ich habe Bekannte gefragt, zum Beispiel aus dem Baubereich, was sie davon halten und welche Erfahrungen sie mit Krankenhausbauten in Entwicklungsländern haben. Gerade die langfristige Planung macht das Projekt ja realistisch: Herr Yadav hat seine Approbation frühestens 2019, seine Facharztausbildung ist frühestens 2025 abgeschlossen. Dann soll auch das Krankenhaus eröffnen – wenn alles klappt, könnte er dann dort arbeiten. Je weiter es in die Zukunft geht, umso offener wird natürlich die Planung. Es ist ja auch angedacht, später selbst Ärzte dort auszubilden. Dann sollte bei der Planung auch z.B. an den Bau von Seminarräumen gedacht werden. Auch das wird aber jetzt schon mit einbezogen – das ist für mich ein ganz wichtiger Aspekt bei der Frage nach der Realisierbarkeit.
Warum unterstützen Sie das Projekt?
Wir machen in Deutschland ja sehr viel Entwicklungshilfe. Und manchmal stellen wir zum Beispiel den Leuten eine Fabrik hin und sagen: „Jetzt habt ihr eine Fabrik – macht was damit!“ Das halte ich nicht für einen produktiven Ansatz. Bei solchen Projekten muss es Menschen geben, die es langfristig betreuen. Das ist es, was mich überzeugt hat: Wenn Herr Yadav seine deutsche Facharztausbildung fertig hat, dann möchte er in diesem Krankenhaus in Nepal leitend tätig sein. Dann gibt es nicht nur das Krankenhaus, sondern auch eine personelle und intellektuelle Kontinuität. Einige andere Studenten aus Frankfurt wollen ja auch dort arbeiten. Ich kenne diese Leute und weiß, dass sie eine gute Arbeit machen. Diese Verzahnung von Personal und Ideen ist für mich das, was mich für das Projekt gewonnen hat, das echte Highlight.
Nepalese-German Hospital Project
Kontakt:
Pradip K. Yadav
Telefon: 0176-56 98 28 83
E-Mail: info@sp-hospital.org
Web: www.sp-hospital.org
Spendenkonto:
Zahlungsempfänger: Frankfurt University of Applied Sciences
IBAN: DE73 5005 0201 0200 1443 59
BIC: HELADEF1822
Verwendungszweck: 7 1100 003 Lessing KHProject Nepal
Welche Unterstützung wird jetzt noch gebraucht?
Im Moment geht es natürlich vor allem um die Finanzierung – dazu braucht das Projekt philanthropische Geldgeber mit hinreichend tiefen Geldbörsen. Zum Beispiel fehlen derzeit als erstes rund 300.000 Euro, um das benötigte Grundstück in Nepal zu kaufen – diese Kosten sind noch nicht gedeckt. Das andere ist: In Deutschland wäre das ganze völlig unrealistisch, denn hier würde es in dieser kurzen Zeitspanne nie eine Baugenehmigung geben. Ich nehme mal an, dass das in anderen Ländern anders gehandhabt wird.
Sie sind jetzt im September auch mit dabei, wenn Pradip Yadav mit einigen Architekten und anderen Unterstützern nach Nepal fliegt. Was erwarten Sie davon?
Ich war noch nie in Nepal und werde erst einmal dabei sein, wenn die lokalen Gegebenheiten besichtigt werden – also: Wie sieht das Baugrundstück aus? Wie dicht bevölkert ist die Gegend? Ich bin noch nicht sicher, was mich da alles erwartet. Außerdem werde ich medizinische Colleges besuchen und dort Vorträge halten. Von diesen Verbindungen erwarte ich mir einen Einblick, wie die medizinische Ausbildung in Nepal wirklich ist – das kenne ich bisher nur auf dem Papier. Außerdem erwarte ich mir einen Einblick, wie vor Ort die Unterstützung für das Krankenhausprojekt durch die lokalen Behörden ist. Für das Projekt braucht Herr Yadav auch jetzt vor Ort Leute, die aktiv und mit Herzblut mitarbeiten. Ich erwarte mir von dieser Reise, dass auch vor Ort ein Verständnis dafür entsteht, dass dieses Gesundheitsprojekt für alle etwas Gutes ist, dass es nicht in lokale Auseinandersetzungen hineingezogen wird und dass es eine Struktur bekommt, die sich langfristig selbst finanziell tragen kann.