Die erfolgreiche Doktorarbeit beginnt mit einer guten Vorbereitung: Dabei sei es wichtig, sich selbst richtig einzuschätzen, erklärte Kessen: Was kann ich leisten? Wann finde ich die Zeit, meine Arbeit zu schreiben? Und welche Qualität soll meine Arbeit haben? Allein die Vorbereitung mache etwa die Hälfte der Doktorarbeit aus und dürfe nicht vernachlässigt werden, verriet Kessen.
Eine wichtige Frage sei etwa die nach dem richtigen Zeitpukt: Man könne sich überlegen, die Doktorarbeit parallel zum Studium oder erst nach dem Examen zu schreiben – dabei sei die Selbstorganisation wichtig: Man müsse sich die Zeit dafür nehmen – notfalls abends oder an den Wochenenden.
"Grundsätzlich kann jeder eine sehr gute Arbeit schreiben – das ist eine Frage der eigenen Ansprüche", erklärte Kessen. Allerdings schraube manch einer seine Ansprüche zurück und wolle nur den Titel. Um eine erfolgreiche Arbeit zu schreiben, sei das aber das falsche Mind-Set, mahnte die Expertin: "Schreiben Sie keine Arbeit über ein Thema, das Sie nicht interessiert. Wenn man sich nur dafür interessiert, sich die Arbeit möglichst leicht zu machen und Aufwand zu vermeiden, motiviert das nicht – dann wird das Projekt insgesamt schwierig und mühsam".
Wie finde ich mein Thema?
Bei der Planung einer Promotion sei die Suche nach dem richtigen Thema ein Aspekt, auf den man viel Zeit verwenden sollte, empfahl Kessen: "Schreiben Sie keine unpersönlichen Massen-Mails an alle möglichen Betreuer! Sie stehen im Wettbewerb mit vielen anderen Doktoranden und sollten Ihr Thema und Ihren Betreuer gezielt auswählen!" Die Suche nach Thema und Betreuer solle man daher so ernsthaft angehen wie die Bewerbung um einen Job: "Wählen Sie das Thema gezielt aus und recherchieren Sie, wer im gewünschten Fachbereich Promotionen betreut", lautete daher Kessens Rat.
Auch die Literaturrecherche sollte man entsprechend ernst nehmen: "Suchen Sie relevante Literatur frühzeitig raus und lesen Sie sie auch", forderte Kessen die Studierenden auf, "wenn es Ihnen schon schwer fällt, ein Paper vollständig zu lesen, ist das Thema vielleicht nicht das Richtige für Sie". Außerdem helfe die Literatur auch bei der Themenfindung: "Am Ende eines Papers steht meistens, an welchen Punkten weiter geforscht werden muss. Das ist für die Suche nach einem Promotionsthema ein guter Anhaltspunkt".
Ohnehin sei es wichtig, von Anfang an viel zum Thema zu lesen: Bevor man selbst anfange zu schreiben, müsse man ein Experte werden – sonst verstehe man die Hintergründe nicht richtig oder merke im Ernstfall erst sehr spät, dass der gewählte Forschungsaspekt schon von einem anderen veröffentlicht worden sei.
Um von Anfang an Rechtssicherheit für die eigene Arbeit zu haben, müsse man an vielen Unis auch die Zustimmung der Ethikkommission einholen, erklärte Kessen: "Damit die Arbeit überhaupt zugelassen wird, ist das Ethikvotum wichtig. Das gilt für alles, was mit Forschung an lebenden Patienten oder an Toten zu tun hat."
Grundsätzlich riet Kessen davon ab, eine Doktorarbeit als Gemeinschaftsprojekt mit anderen zu schreiben. Denn möglicherweise sei man auf die Daten von anderen angewiesen und könne die Promotion ohne deren Unterstützung nicht abschließen. Außerdem könne man die eigenen Ergebnisse aus urheberrechtlichen Gründen vielleicht selbst nicht mehr verwenden, wenn man sie unbedacht mit anderen geteilt habe.
Der richtige Betreuer
"Für eine erfolgreiche Doktorarbeit ist die richtige Betreuung das A und O", erklärte Kessen. Sie empfahl für die Suche nach einem geeigneten Betreuer, sich zunächst bei Kommilitonen zu erkundigen, wie ein Dozent mit seinen Studenten umgehe und kommuniziere: "Der Betreuer sollte Ihr direkter Ansprechpartner sein. Wenn die Kommunikation über einen Assistenten läuft, lassen Sie es – das gibt vermutlich Probleme". So sollte der Betreuer vor allem immer als Ansprechpartner für Nachfragen offen sein – vor allem bei Verständnisproblemen. Denn niemand könne verlangen, dass der Doktorand schon zu Anfang die gesamte Materie verstehe: "Ein guter Betreuer ist jemand, bei dem man so lange nachfragen kann, bis man alles verstanden hat – Sie müssen sich aber auch trauen zu fragen, sonst wird es nichts".
Außerdem sei es empfehlenswert, während der Doktorarbeit kontinuierlich den Kontakt zum Betreuer zu halten und ihn über neue Entwicklungen zu informieren, riet Kessen: "Wenn Sie Ihren Betreuer regelmäßig einbeziehen, bleibt das Thema für ihn interessant und er muss sich nicht immer wieder neu einarbeiten".
Emanzipieren Sie sich!
Im Zusammenhang mit der Doktorarbeit sollte man keine Hilfstätigkeiten übernehmen, empfahl Kessen außerdem: "Machen Sie nichts, was Sie nicht verstehen oder nicht einsehen – am Ende stehen Sie persönlich für die Ergebnisse gerade." Wenn ein Betreuer einen für Experimente einspannen wolle, die man selbst inhaltlich nicht verstehe oder nicht für relevant für die Arbeit halte, sollte man das ablehnen, riet die Expertin.
Zum Abschluss des Vortrags lieferte Kessen noch ein paar statistische Zahlen: Etwa 60 Prozent der Dissertationen werden während des Studiums geschrieben, etwa 40 Prozent danach. Allerdings sei die Abbrecherquote relativ hoch.
Quelle: Operation Karriere Bochum, 18.05.2019, "Dr. med: Die Doktorarbeit planen und meistern", Dr. Ursula Kessen, Leitung Akademische Verfahren, Dekanat der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf