Niederlassung: Nicht nur für Landeier

Neben der Imagekampagne „Wir arbeiten für Ihr Leben gern“ sprechen die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenärztlichen Vereinigungen jetzt mit einer neuen Aktion gezielt auch Medizinstudierende an.

Mehr Ärzte braucht das Land | projectphotos; Andres Rodriguez/Fotolia.com

"Ich bin ein Landei“, gibt Oscar Flissakowski unumwunden zu. Und er kann es sich gut vorstellen, später einmal Landarzt zu werden. Auf jeden Fall möchte er ambulant Medizin machen – so die Pläne des 26-jährigen Medizinstudenten von der Universität Mainz. Mit Überzeugung macht er deshalb mit bei der neuen Kampagne „Lass dich nieder!“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Oscar gehört damit zu den Medizinstudierenden aus der Region Rheinland-Pfalz, die mit Start des Wintersemesters im Oktober auf Großflächenplakaten, Litfaßsäulen und Flyern rund um die 37 medizinischen Fakultäten in Deutschland zu sehen sein werden.

Das Ziel der KBV und der KVen ist es, anknüpfend an die Kampagne „Wir arbeiten für Ihr Leben gern“ und einer ersten Studierendenkampagne den medizinischen Nachwuchs anzusprechen und für die Arbeit in der Niederlassung zu begeistern und somit dem Mangel an niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, insbesondere bei den Haus-, Augen- und den Frauenärzten, entgegenzuwirken.

Die Arbeit in einer Gemeinschaftspraxis kann sich Oscar Flissankowski gut vorstellen – vielleicht auch mit Carlotta Sackmann, die er beim KBV-Shooting kennenlernte.

"Man muss nicht automatisch sehr weit aus der Stadt raus, um sich niederzulassen." - Pia Hinrich (27), Medizinstudentin

Ebenfalls in Mainz studieren Pia Hinrich und Tobias Stegmann Humanmedizin. Und auch sie haben sich für das KBV-Fotoshooting beworben und werden nun bald teilweise lebensgroß auf Plakaten zu sehen sein. Pia ist allerdings von Haus aus kein „Landei“, sondern bekennende Berlinerin und lediglich durch das Verfahren der Zentralen Studienplatzvergabe nach Mainz gekommen. „Ich bin ein Großstadtmensch und werde wohl nur schwer in die Rolle einer klassischen ‚Landärztin‘ schlüpfen können“, räumt sie ein. Aber eine Niederlassung beziehungsweise eine eigene Praxis oder eine Praxis mit mehreren Kollegen ist ja nicht nur was für „Landeier“! Deshalb hat sie sich gemeinsam mit Tobias den Plakatslogan „Wir sind dann mal raus“ ausgesucht. „Man muss nicht automatisch sehr weit aus der Stadt raus, um sich niederzulassen. Und das möchte ich mit der Kampagne auch gerne aussagen“, erklärt die 27-Jährige, die bereits eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert hat, gegenüber Medizin Studieren. Tobias hingegen kann sich ein Arbeiten auf dem Land „ab einem gewissen Alter“ durchaus vorstellen: „Die ländliche Facharztversorgung nimmt immer weiter ab. Dies habe ich am eigenen Leib gespürt, da ich gebürtig vom Land komme und wie manche meiner Familienmitglieder sehr lange auf einen geeigneten Facharzttermin warten musste.“

Auf Kampagne über Rundmail aufmerksam geworden

Auf die Kampagne „Lass Dich nieder!“ aufmerksam wurden Pia und Tobias über eine Rundmail, die im Studentenverteiler in Mainz verschickt wurde. „Wir sind beide offen für neue Dinge, und das authentische Konzept der KBV hat uns sehr angesprochen“, berichtet Pia. „Es ist eine tolle Sache, andere Mitstudenten auf die Option aufmerksam zu machen, durchaus vom klassischen Werdegang in einer Klinik abzuweichen, um sich individuell verwirklichen zu können.“ Für Pia war beim Mitmachen bei der Kampagne entscheidend, dass sie bereits jetzt im Studium das Gefühl hat, sich in einer eigenen Praxis besser entfalten zu können, weil sie dort keiner Krankenhaushierarchie unterworfen ist. „Für mich ist es ein sehr schöner Gedanke, sich etwas Eigenes aufzubauen und sich zu verwirklichen“, erzählt die Studentin. Auch Tobias hat die Intention der Kampagne spontan zugesagt: „Die Möglichkeit, mit meinem Gesicht für eine Alternative zu einem lebenslangen Klinikarbeitsplatz zu werben, empfinde ich als sehr ansprechend. Die Idee einer künftigen Niederlassung zirkuliert ohnehin schon seit längerem in meinem Kopf.“

Fazit: „Es hat unglaublichen Spaß gemeinsam gemacht!“

Die beiden überlegten deshalb nicht lange, sprachen sich ab und bewarben sich kurzerhand im Doppelpack. Und es klappte! Ihr Fazit: „Es hat unglaublichen Spaß gemeinsam gemacht!“ Das gilt nicht nur für das Fotoshooting. Einzelkämpfer möchten sie auch später beim ambulanten Arbeiten nicht unbedingt sein. „Weil ich ein sehr geselliger Mensch bin, stelle ich es mir netter vor, mit Kollegen anderer oder gleicher Fachrichtungen unter einem Dach zusammenzuarbeiten“, erklärt Pia. Auch für Tobias ist eine gemeinsame Niederlassung „ein wundervolles Konzept“. „Es ist eine schöne und beruhigende Vorstellung, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die man gerne hat und mit denen man auch privat Zeit verbringt. Sich gegenseitig unterstützen zu können und sein Wissen zu ergänzen, stellt ebenfalls einen tollen Aspekt der Gemeinsamkeit dar“, meint er.
Oscar kann das nachempfinden. Er hat sich den Slogan „Teilen ist das neue Heilen“ ausgesucht. Seine Plakatpartnerin lernte er jedoch erst beim Shooting kennen.

Für den Medizinstudenten im 10. Semester steht jedoch bereits jetzt nahezu fest, dass er sich später einmal niederlassen möchte. Vielleicht ist das kein Zufall: Oscar kommt vom Land, aus Mecklenburg-Vorpommern, aus Deutschlands am dünnsten besiedelten Bundesland. „Eigentlich habe ich mit dem Ziel, Chirurg zu werden, mein Studium begonnen“, erzählt er Medizin Studieren. Doch nach einigen Famulaturen im Krankenhaus merkte er, dass das Arbeiten in großen Kliniken nichts für ihn ist – „zumindest nicht für das gesamte Leben“. Die ärztliche Tätigkeit, der tägliche Umgang mit Patienten, auch verbunden mit vielen Gesprächen, sind dagegen genau sein Ding. „Besonders habe ich das beim Blockpraktikum Allgemeinmedizin gemerkt“, berichtet er. „Da war ich in einer sehr netten Praxis im Hunsrück. Dort war alles sehr vertraut und individuell. Man konnte die Patienten nicht nur für einige Tage, sondern über einen längeren Zeitraum betreuen.“

Eigenes Portal für Niederlassung

Studierende und junge Ärzte, die ebenfalls ambulant arbeiten möchten beziehungsweise intensiver in diesen Bereich „hineinschnuppern“, finden auf dem Portal www.lass-dich-nieder.de Anregungen, Praxisbeispiele und Tipps für den eigenen Weg in die Niederlassung sowie geeignete Ansprechpartner. In der Famulatur- und Praxisbörse sind mittlerweile mehr als 1 000 Praxen registriert, die gern Nachwuchsärzte aufnehmen! Die Website informiert aber auch über das deutsche Gesundheitssystem und weitergehende Beratungsangebote der KBV und der KVen und wird als bundesweit erste Anlaufstelle für Nachwuchsmediziner mit Fragen zur Niederlassung kontinuierlich ausgebaut. Zu finden sind auch unterhaltsame Formate, wie ein Quiz, Videos und Infografiken.

Quelle: Dieser Beitrag ist in Heft 3/2015 von Medizin Studieren, dem Magazin des Deutschen Ärzteblattes für Studierende der Medizin, S. 7f, erschienen. Fotos: projectphotos; Andres Rodriguez/Fotolia.com

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