NC-Urteil zum Medizinstudium: Das ändert sich

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden: Die Vergabe von Studienplätzen im Fach Humanmedizin ist teilweise verfassungswidrig. Was muss sich bis 2019 ändern, welche Regelungen bleiben bestehen?

Für all jene, die derzeit Medizin studieren, ändert sich durch das Urteil nichts. | kamasigns/Fotolia

Jeder Studienanwärter muss die gleichen Chancen bei der Bewerbung um einen Studienplatz in der Humanmedizin haben, so will es das Grundgesetz. Weil das derzeitige Zulassungssystem diese gleiche Teilhabe nicht ausreichend berücksichtigt, soll es gemäß dem gestrigen Urteil des Verfassungsgerichts bis Ende 2019 überarbeitet werden. Dabei wurden bei der Urteilsverkündung keine konkreten Änderungen festgelegt. Diese müssen in den kommenden zwei Jahren zwischen Bund und Ländern ausgehandelt werden. Allerdings wurden Andeutungen gemacht, in welche Richtung es gehen kann.

1. Abiturnote hat zu viel Gewicht

20 Prozent der Studienplätze werden zentral über die Abiturnote vergeben. Weitere 20 Prozent über Wartezeit und 60 Prozent über unterschiedliche Kriterien der jeweiligen Hochschulen, wobei die Abiturnote auch bei den hochschuleigenen Auswahlverfahren häufig eine zentrale Rolle spielt. Problematisch ist bei der Vergabe über die Abiturnote, dass es kein bundeseinheitliches Abitur gibt. Eine 1,0 aus Bayern oder Baden-Württemberg ist mehr wert als eine 1,0 in Thüringen oder Hessen, weil im Süden die Abiturprüfungen schwieriger sind. Studienanwärter können derzeit bei der Bewerbung 6 Ortspräferenzen angeben. Wenn eine Bewerberin als 1. Präferenz Dresden einträgt, wo der NC bei 1,0 liegt, dort aber keinen Platz bekommt, weil sie ein Abitur von 1,2 hat und eine andere Bewerberin aus Hessen vorgezogen wird, die bei einem leichteren Abitur eine 1,0 hat, dann gibt es hier keinen einheitlichen Standard. Den müsse es laut Verfassungsgericht aber geben.  
Notwendig ist also die Schaffung eines Ausgleichsmechanismus, der Abiturnoten vergleichbar macht.

2. Wartedauer zu lang

Hat man 15 Semester gewartet, ist einem der Studienplatz in der Humanmedizin derzeit fast sicher. Der Vorsitzende des 1. Senats, Ferdinand Kirchhof, schlug in der Urteilsverkündung vor, die Wartezeit auf 4 Jahre, also 8 Semester zu verkürzen, weil das lange Warten die Erfolgschancen im Studium verringere. Was mit denjenigen geschieht, die derzeit warten und auch noch im Jahr 2020 noch keine 15 Wartesemester gesammelt haben, legte das Bundesverfassungsgericht nicht fest. Hier wird es mit Sicherheit eine Übergangslösung geben. Auch was zukünftig mit all jenen passiert, die 8 Semester lang gewartet haben, aber dennoch keinen Studienplatz erhalten, blieb offen. Es wäre verfassungskonform, so Kirchhof, wenn Bewerber nach einer Maximalwartezeit keinen Studienplatz erhalten.
Die Wartezeit wird in Zukunft also auf jeden Fall verkürzt, vielleicht fällt sie sogar ganz weg. 

3. Auswahlverfahren der Hochschulen nicht standardisiert

Laut dem Urteil ist es außerdem verfassungswidrig, dass die Hochschulen per Gesetz nicht dazu verpflichtet sind, Studienplätze über die Abiturnote hinaus nach einem weiteren „eignungsrelevanten Kriterium“ zu vergeben. Kirchhof schlug vor, bei der Studienplatzvergabe auch medizinnahe berufliche Qualifikation oder soziale Faktoren zu berücksichtigen.
Die Hochschulen sind daher angehalten, neben der Schulnote ein weiteres Auswahlkriterium zum Teil des Auswahlverfahrens zu machen. 

Es bleibt spannend, wie ein zukünftiges Auswahlverfahren aussehen wird. Möglich wäre, dass die Auswahl über Assessment-Center stattfindet, dies schlägt der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, vor. Wenn die Auswahl bei den Hochschulen bleibt, könnte es sein, dass Rollenspiele, naturwissenschaftliche Tests und andere Auswahlverfahren, die es derzeit schon gibt, verstärkt angewendet werden. Auch Verantwortliche des Hartmannbunds und des Marburger Bunds begrüßten das Urteil der Karlsruher Verfassungsrichter. „Das Bundesverfassungsgericht hat Bund und Länder ordentlich die Leviten gelesen“, sagte Rudolf Henke, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes. Jetzt sei es an der Zeit, einheitliche, strukturierte und transparente Regeln für alle zu schaffen. Ähnlich sah es der Vorsitzende des Hartmannbundes, Volker Reinhardt: Bund, Länder und Hochschulen seien gefordert eine gerechtere und stärker kompetenzbasierte Studienplatzvergabe zu etablieren. 

Zulassungsbeschränkung wird nicht aufgehoben

Bei aller Diskussion um einen veränderten Zugang zum Medizinstudium, bleibt eines festzuhalten: Die Verfassungsrichter haben deutlich gemacht, dass der derzeitige Vergabeschlüssel zum Studium der Medizin verfassungswidrig ist, allerdings nicht die Zulassungsbeschränkung. Das Studium der Humanmedizin wird also auch in Zukunft für viele ein Traum bleiben.  

Quelle: Deutsches Ärzteblatt, Zeit.de/campus, sueddeutsche.de

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