Janine Möller hat in der letzten Woche 48 Stunden im OP gestanden, in der Woche zuvor waren es sogar 55 Stunden. Bezahlt hat das Kreiskrankenhaus in Witzehöhe ihr dafür keinen Cent. „Ich ernähre mich seit Wochen nur von Chinanudeln und Fertigpizza. Das geht gar nicht“, so die Medizinstudentin, die sich derzeit im PJ befindet.
Auf den Fluren im Krankenhaus erfuhr sie, dass es anderen ähnlich geht. Auch an Mentoren fehle es und immer wieder sei sie in die brenzlige Situation gekommen, Diagnosen zu stellen oder sogar Therapieentscheidungen treffen zu müssen. „Wir sind keine Ärzte, wir sind in der Ausbildung“, sagt Möllers PJ-Kollege Jonas Wagner, der den Protest unterstützt.
Keine Kurzschlussreaktion
Bevor sie sich gemeinsam mit anderen Studierenden der Medizin für den Sturm auf das Büro von Prof. Dr. Maximilian Peters entschieden, schrieben Möller und Wagner viele Mails und tätigte zahlreiche Telefonate. Das Bundesministerium für Gesundheit hätten sie kontaktiert, den Medizinischen Fakultätentag, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die zuständige Kassenärztliche Vereinigung. Die Antwort wäre immer ähnlich ausgefallen: Ja, da muss man etwas tun, aber leider sind wir nicht zuständig.
„Natürlich wissen wir, dass Prof. Peters nicht die alleinige Verantwortung trägt“, sagt Janine Möller. „Aber wir müssen ein Zeichen setzten, sonst geht das einfach immer so weiter.“ Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) begrüßte die Aktion in einer Stellungnahme. Und auch Gesundheitsminister Jens Spahn, den eine Redakteurin des Deutschen Ärzteblatts auf den Vorfall ansprach, zeigte sich verständnisvoll: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, auch die Situation der Medizinstudenten zu verbessern.“
Prof. Peters auf Rundreise in Kuba
Trotz des Protests lief der Betrieb im Krankenhaus weiter. Weil sich zwei Assistenzärztinnen unerwartet krank gemeldet haben, sind einige der demonstrierenden Medizinstudenten sogar zwischendurch eingesprungen, um dem überlasteten Personal zu helfen. „Wir wollen doch alle, dass die Patienten möglichst schnell wieder gesund werden. Aber die Bedingungen müssen stimmen“, so Janine Möller.
Die diensthabenden Fach- und Oberärzte des Kreiskrankenhauses zeigten Verständnis für ihre jungen Kollegen. Nur die Straßenband, die spontan angeheuert wurde, um vor dem Büro zu musizieren, wurde wieder weggeschickt. "Die haben unsere Splitterpinzetten als Drumsticks zweckentfremdet, das ging dann doch zu weit", so einer der Ärzte. Als Freunde der demonstrierenden Studenten frisch gebackenen Apfelkuchen an Ärzte und Patienten verteilten, beruhigten sich die Gemüter wieder.
Prof. Peters, der nach einer Fachtagung in Havanna einige Tage Urlaub drangehängt hat und sich derzeit auf Rundreise in Kuba befindet, meldete sich aus einer Strandbar zum Sturm auf sein Büro. Allerdings war die Telefonverbindung so schlecht, dass seine Sekretärin nur einige Satzfetzen verstehen konnte: "Herrliche Landschaften", "fabelhafte Zigarren", "exquisiter Rum" und: "April, April!"