Seit der Gründung 2012 sei ein „beeindruckendes Studienangebot etabliert worden, das schon heute viele Aspekte des Masterplanes Medizinstudium 2020 berücksichtigt“, hieß es vom Wissenschaftsrat heute dazu. Außerdem: „Das Curriculum überzeugt vor allem durch die Integration moderner Lehr- und Lernmethoden, die konsequente wissenschaftliche Ausbildung sowie die frühe und umfangreiche Einbindung von Lehrpraxen“.
Auch die starken Forschungsschwerpunkte in der Neurosensorik sowie Hörforschung gehören zu den „profilbildenden Merkmalen“ der Uni. „Es ist wirklich beeindruckend, wie sehr das persönliche Engagement der Verantwortlichen und Lehrenden vor Ort ist“, lobte Generalsekretär Thomas May vom Wissenschaftsrat bei der Pressekonferenz heute in Berlin.
Bei der Begutachtung vor Ort wäre man im Wissenschaftsrat erst vom Konzept überzeugt gewesen, nachdem man alle handelnden Akteure getroffen habe, erzählte May. Denn auf dem Papier sehe die Entwicklung nicht so rosig aus. Trotz des großen Lobes spricht der Wissenschaftsrat in seinem 136-seitigen Gutachten im Auftrag der Landesregierung von Niedersachsen auch deutliche Kritik aus.
Mängel beim Kooperationsmodell
Zwar konnten die Ideen des Gründungskonzeptes seit 2012 umgesetzt und auch weiter untermauert werden. „Um allerdings die hohen Qualitätsstandards einer Universitätsmedizin erfüllen zu können, bedarf es weiterhin erheblicher Nachbesserungen“, sagte die Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Martina Brockmeier, laut einer Pressemitteilung des Gremiums nach dessen Sommersitzung in Gießen.
Dies betreffe vor allem die „Gestaltung eines tragfähigen Kooperationsmodells mit den externen Krankenhäusern und den Aufbau des wissenschaftlichen Personals, hieß es weiter. Vor Journalisten betonte der Generalsekretär des Gremiums, dass ein tragfähiges Organisationsmodell mit den vier kooperierenden Kliniken benötigt werde. May bezeichnete dies als „größte Herausforderung“, eine der Kliniken soweit auszubauen, dass sie zu einer Uniklinik werden könne.
Die bisherige Rahmenvereinbarung zwischen Land, Universität und den bilateralen Verträgen mit einzelnen Krankenhäusern werden im Gutachten als „nicht zukunftsfähig“ betrachtet. „So sind die darin enthaltenden Regelungen zu unverbindlich und die erforderlichen Abstimmungen zu komplex, um eine Governance zu etablieren, die eine strategische Steuerung der Universitätsmedizin als Ganzes erlaubt“, heißt es weiter.
Eine Orientierung könnte ein Modell sein, das sich an den Strukturen der Regensburger Universitätsmedizin orientiert, hießt es in dem Bericht. Generell wird empfohlen, eine bessere gemeinsame Steuerung von Lehre und Krankenversorgung etwa durch gemeinsame Gremien zu organisieren.
Hochschule sieht sich bestätigt
Für die Universität Oldenburg ist das Gutachten des Wissenschaftsrates ein „großer Rückenwind“. Man habe seit der Gründung 2012 in einer Art Erprobungsphase mit sehr knapper Finanzierung gearbeitet, erklärte Hans Michael Piper, Präsident der Universität Oldenburg, im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt. „Wir haben sehr viel Erfolg mit dem Modellstudiengang und sind auch mit den Ideen aus dem Masterplan 2020 Spitzenreiter in Deutschland.“
Die Limitierungen des Standortes, auch aus finanzieller Perspektive, seien immer klar gewesen, so Piper. Das Land Niedersachsen hatte bereits reagiert und für das Studienjahr 2019/2020 die Finanzierung für 80 Studienplätze in Aussicht gestellt. Damit würden die bisherigen Studienplätze verdoppelt.
„Wir sind von den Gebäudekapazitäten jetzt am Ende. Wir haben bereits einen Bauplan für neue Räumlichkeiten vorgelegt und warten jetzt auf die Bestätigung und Finanzierung durch das Land“, erklärte Pieper. Geplant ist ein Neubau für 146 Millionen Euro. Das Land hat angekündigt, bis 2024 rund 200 Studierende in Oldenburg pro Jahr ausbilden zu wollen.
„Die Investitionen werden sich lohnen, besonders dann, wenn das geplante Konzept am Studienstandort gelingt. Dann ist die Ausbildung in Oldenburg eine interessante Bereicherung für die deutsche Medizinlandschaft“, so May vom Wissenschaftsrat.
Krankenhäuser haben viel geleistet
Dazu muss auch die künftige Kooperation mit den vier Oldenburger Kliniken besser werden, so der Wissenschaftsrat. Für den Präsidenten der Uni Oldenburg wurde von den vier Kliniken – „unsere wichtigen Partner“ – bereits viel geleistet. „Sie sind ein entscheidender Erfolg und haben die Ausbildung und das Projekt aus eigenen Mitteln gestemmt“, so Piper.
Er könne auch keinen mangelnden Kooperationswillen der Häuser erkennen. Es gehe nun in Zukunft darum, für welches Kooperationsmodell zwischen Universität und Krankenhaus man sich entscheide. Auch dazu sei die Universitätsleitung mit dem Land Niedersachsen im Gespräch. Dort wollte man offenbar das Gutachten des Wissenschaftsrats zunächst abwarten.
Die Kooperation mit der Universitätsmedizin in Groningen bezeichnet der Wissenschaftsrat als interessant, allerdings sieht er Schwierigkeiten dabei, wie die künftig steigende Anzahl der Studenten aus Deutschland in das Curiculum in den Niederlanden einbezogen wird.
Einbindung wichtig
„Je nachdem ob und in welcher Form für den weiteren Ausbau ein zusätzlicher universitärer Kooperationspartner gewonnen werden muss, könnte dies weitreichende Folgen für das Profil der Universitätsmedizin Oldenburg und den Stellenwert der Kooperation mit der Universität Groningen haben“, schreibt der Wissenschaftsrat.
Daher halte der Rat es für „unbedingt notwendig, dass das Land vor einer weiteren Erhöhung der Studienplätze gemeinsam mit der Universität Oldenburg ein tragfähiges Konzept zu entwickelt, das gegebenenfalls auch die Einbeziehung eines zusätzlichen Partners berücksichtigt.“
Für Piper, Präsident der Uni in Oldenburg, ist die „Partnerschaft mit Groningen großartig.“ Man habe die Kooperation mit der Universität bereits seit fast 40 Jahren auf sehr vielen Ebenen. Auch daher habe die Uni dort beim Aufbau in Oldenburg geholfen. Die Aufforderung des Wissenschaftsrates, dass in Oldenburg mehr in die Forschung investiert werden müsse, gehe daher wieder in Richtung Landesebene, so Piper.