Krank, aber nicht krank genug

Das Prüfungsamt der Universität Freiburg verlangt mehr als nur einen Krankenschein für eine Befreiung von Prüfungen. Ab welchem Krankheitsstadium darf man einer Prüfung fernbleiben? Und welche Informationen muss man dafür preisgeben?

Kranke Frau

Wann krank und wann gesund? Diese Frage beantwortet im Zweifelsfall das Prüfungsamt. | Andrey Popov/Fotolia

Medizinstudenten müssen, oft über das gesamte Semester verteilt, viele schwierige Prüfungen absolvieren. Da kann es schon einmal vorkommen, dass eine Krankheit in den Prüfungszeitraum fällt. Wie die Prüfungsämter der einzelnen Bundesländer dann mit den Erkrankten umgehen, ist sehr unterschiedlich. Denn anders als beim Arbeitsrecht, der vom Bund geregelt wird, ist Bildung Ländersache. Damit fällt auch die Krankschreibung eines Studenten in den Zuständigkeitsbereich der Länder und wird von Uni zu Uni anders gehandhabt.

Uni Freiburg akzeptiert keine gelben Zettel

Sehr rigoros ist zum Beispiel die Universität Freiburg: Der gelbe Zettel vom behandelnden Hausarzt reicht hier nicht aus. Stattdessen werden „Angaben zu Symptomen und der daraus resultierenden Leistungsminderung“ verlangt. Gerade für Medizinstudierende ist diese Forderung ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite läuft man Gefahr, durch die Prüfung zu fallen, wenn man dem Wunsch nach mehr Informationen des Prüfungsamts nicht nachkommt. Auf der anderen Seite bewegt man sich in einer gesetzlichen Grauzone, wenn man den Arzt um die zusätzliche Erläuterung bittet. Eigentlich verstößt er damit nämlich gegen seine Schweigepflicht. Und selbst ist man auch irgendwann Arzt oder Ärztin. Würde man dann ähnliches tun?

Gesetzlich ist die Forderung des Prüfungsamts aber legitim, denn der Student beauftragt den Arzt mit der Datenfreigabe. Nur die Weitergabe persönlichkeitsbezogener Daten eines Patienten ohne dessen Einwilligung ist verboten. Es gibt den datenschutzrechtlichen Grundsatz der Datenvermeidung oder Datensparsamkeit, das heißt, der Arzt gibt nur jene Informationen weiter, die eine Prüfungsuntauglichkeit bescheinigen. 

Gefahr, sich gläsern zu machen

Sehr zweifelhaft ist die Forderung der Universität Freiburg aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen. Denn wenn man unter einer psychischen Erkrankung leidet, will man davon nur ausgewählten Personen erzählen. Jetzt muss man aber plötzlich von seinen Leiden berichten und gerät womöglich unter noch größeren Druck. Denn was ist zum Beispiel, wenn der prüfende Dozent einem nicht wohlgesonnen ist? Darüber hinaus können zwei zusätzliche Zeilen zu einem Symptom kein vollständiges Bild einer komplizierten psychischen oder chronischen Krankheit wie Migräne oder Depression abbilden. 

Die Universität Freiburg begründet die Forderung nach dem umfassenden Formular mit einer weiteren Forderung, nämlich der nach Gleichberechtigung. Nur bei genauer Kenntnis des konkreten Krankheitsfalls könnte entschieden werden, ob man wirklich krank genug sei, um die Prüfung nicht antreten zu können. Damit solle gewährleistet werden, dass alle die gleichen Chancen haben und sich niemand einen Vorteil verschaffen kann.

Hochschulgesetzreform regelt Krankschreibung in NRW

Der Vorwurf, der hinter dieser Äußerung steht, ist nicht ohne: Man wirft den Studenten kollektives Simulieren vor. In Nordrhein-Westfalen hat dies in der Vergangenheit zu großen Protesten geführt, der eine Hochschulgesetzreform nach sich zog. Seitdem müssen privatärztliche Atteste grundsätzlich als Nachweis der Prüfungsunfähigkeit anerkannt werden. Die Weitergabe von weiteren Informationen sind hier nicht mehr Regel, sondern die absolute Ausnahme. 

Quelle: faz.de

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