Wenn eine Mutter von zwei Kindern so etwas überhaupt hat, eine Komfortzone. Doch genau das meine ich: Wer zwei kleine Kinder hat und nebenher auch noch Medizin studiert, wird per definitionem bewundert und mit Verständnis überhäuft; Verständnis zum Beispiel, wenn ich geplante Kurse oder Prüfungen absage, weil eines der Kinder krank wird oder mir alles über den Kopf wächst. Niemals würde jemand auf den Gedanken kommen, mich als faule Socke zu bezeichnen, auch wenn mein Studium sich in die Länge zieht und das Ende nach nun acht Jahren noch immer nicht in Sicht ist.
Komfortzone im Familienalltag
Doch auch als Mutter kann man sich eine Komfortzone schaffen. Ich will es anhand folgender Situation erläutern:
Im August waren meine Kinder fast pausenlos krank. Es begann damit, dass mein Sohn sich auf unserem Crosstrainer eine distale Radiusfraktur zuzog, dann wurden wir reihum von einem Magen-Darm-Virus verfolgt – der gefürchtetste unter Eltern, da er hoch ansteckend ist und im schlimmsten Falle endlos im Ping-Pong durch die Familie titscht. Immunität besteht aufgrund von schneller Mutation nur für kurze Zeit. Um das zu verhindern, putzte ich täglich das Bad und ließ die Waschmaschine ununterbrochen potentiell kontaminierte Wäsche in ihrer Trommel rotieren. Noch während wir langsam auf die Beine kamen, wachte mein Sohn eines Morgens mit einem roten, geschwollenen, abstehenden Ohr auf: Perichondritis. Währenddessen klagte meine Tochter über Bauchschmerzen und bekam ihren Durchfall nicht los. Als Folge davon bekam sie auch noch eine Blasenentzündung. Die Krankheitswelle hielt nun schon seit über einem Monat an und die Rucksäcke für den Kindergarten waren nur mehr Staubfänger.
Es war eine anstrengende Zeit: ständige Arztbesuche, Sorgen, Verzweiflung. Kranke Kinder brauchen viel Aufmerksamkeit, viel Liebe und Hingabe. Um das einen Monat lang mitzumachen, braucht Mama reichlich Durchhaltevermögen. Mit anderen Worten, ich fühlte mich am Ende einfach nur ausgelaugt und sehnte mich sehr danach, die Kinder endlich in den Kindergarten zu bringen und für ein paar Stunden einfach nur... nichts zu tun. Zum Glück waren Semesterferien und ich verpasste nichts an der Uni.
Famulatur oder endlich mal ausruhen?
Allerdings hatte ich eine Famulatur geplant, die ich wegen unserer Krankheitswelle ganz ans Ende der Semesterferien schieben musste. Aber jetzt, kaum dass wir gesund waren, eine Famulatur? Jede freie Minute im Krankenhaus verbringen? Direkt danach würde die Uni losgehen, und zwar mit drei Wochen à 40 Stunden Anwesenheitspflicht. Und nebenher immer die Kinder, der Haushalt, alles das, was man “Doppelbelastung” nennt... Keine Pause, um Luft zu holen!
Der Gedanke daran scheute mich so sehr, dass ich stark in Versuchung stand, die Famulatur abzusagen. Ich meinte, ich hätte ein gutes Recht darauf; immerhin, als Mutter von zwei Kindern, die gerade einen ganzen Monat lang krank waren, war ich nun völlig erschöpft. Niemand – inklusive mir selbst – würde es mir übelnehmen.
Da ist sie, die Komfortzone! Die Ausrede, sich vor neuen Herausforderungen zu drücken, ist so nah, so greifbar und im Grunde genommen sogar gesellschaftlich anerkannt! Man ist ja Mutter, man leistet ja ohnehin schon so viel. Da fällt es wirklich schwer, sich nicht auf der “Bewunderung per definitionem” auszuruhen. Und ich tue es zugegebenermaßen auch hin und wieder.
Doch diesmal nicht. Ich habe die Kraft gefunden, mich aus der Komfortzone herauszuschleudern und habe die Famulatur angetreten. Ausruhen kann ich ... irgendwie zwischendrin. Heute war mein erster Tag. Wie es mir ergeht, werde ich in Kürze berichten!