Der Weg ist das Ziel! Warum ich beschlossen habe, weniger zu planen

Operation Karriere-Bloggerin Elli hat gut geplant, wie sie sich die kommenden Jahre vorstellt. Eigentlich. Denn so langsam beginnt sie zu zweifeln: Ist ihr Plan wirklich richtig für sie? Und wird er sie glücklich machen? Im Beitrag schildert sie ihre Gedanken rund um Planung und Spontanität.

Operation Karriere-Bloggerin Elli Huber studiert im 8. Semester Humanmedizin. Da es in ihren Texten um sehr persönliche Themen geht, schreibt sie unter einem Pseudonym. | privat / DÄV

Ich bin ein Mensch, der gerne einen Plan hat. Ich bin jemand, der sich Ziele setzt und diese dann verfolgt. Es muss kein akribisch ausgetüftelter Plan sein, ich kann auch mal ein bisschen abweichen und spontan sein, aber im Großen und Ganzen habe ich einen Plan, der dann verfolgt wird. Und einen Plan hatte ich auch für die nächsten Jahre.

Aber langsam beginnt er zu bröckeln. Nicht unbedingt, weil ich mich nicht an ihn halten könnte, sondern weil ich mir nicht mehr sicher bin, dass mich ein Plan wirklich glücklich macht, mich erfüllt. Ich bin 23 Jahre alt, habe aber manchmal das Gefühl schon mein Leben zur Hälfte hinter mir zu haben, weil ich über die letzten Jahre meine Spontanität verloren habe. Ich habe das Gefühl, meine Zukunft schon zu kennen, weil ich mich kenne. Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, ziehe ich es durch, auch wenn ich unterwegs gar nicht mehr genau weiß, warum ich das jetzt mache. Ganz nach dem Prinzip, einmal angefangen, dann wird es auch zu Ende gemacht. Ziemlich dumm, denkt ihr euch an dieser Stelle? Gut, denn das denke ich mittlerweile auch.

Ich bin die letzte Person, die intuitiv das Handtuch werfen würde – darum geht es mir auch gar nicht. Es geht darum über den Tellerrand zu blicken. Und das habe ich verlernt. Ich habe im 2. Studienjahr festgestellt, dass ich Orthopädie und Traumatologie spannend finde, und dachte immer, wenn ich Medizin studiere, dann um Chirurgin zu werden. Ich habe mir nicht einmal andere Fächer angeschaut - Ich hatte ja einen Plan!

Was kann ich am Plan noch ändern? Und was ist das Ziel?

In letzter Zeit aber habe ich begonnen, meine Vorstellung der Zukunft zu hinterfragen. Ich habe gemerkt, dass ich nicht glücklich bin. Also habe ich angefangen zu überlegen, was ich ändern könnte und die Antwort war für mich, mir den Druck zu nehmen. Meinen selbstgemachten Druck, mein sturer Wille, erfolgreich zu sein und mich an meinen Plan zu halten.

Operation Karriere-Bloggerin Elli will Chirurgin werden. Doch ihre erste OP-Erfahrung war ernüchternd – viele Dinge hätte sie gern vorher gewusst. Damit anderen das nicht passiert, gibt sie im Beitrag Tipps, was du vor deinem "Ersten Mal" im OP beachten solltest.

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Meine Idee war, alle Famulaturen sowie das praktische Jahr strategisch klug zu planen. Es sollten Krankenhäuser und Fächer sein, die mir den Einstieg ins Berufsleben erleichtern. Ich habe nur chirurgische Famulaturen gemacht, da für mich klar war: Ich möchte Chirurgin werden. Es ist nicht so, dass ich nicht mehr Chirurgin werden möchte, aber ich musste feststellen, dass es durchaus auch spannende nicht-schneidende Fächer gibt. Das mag an dieser Stelle hier für die meisten kein Schock sein – für mich war es das aber. Ich war so fixiert auf meinen Plan, dass ich ganz vergessen habe, nach links und nach rechts zu schauen. Mein Druck, die nächste Stufe erklimmen zu müssen, war so groß, dass ich die Freude des Erfolges verloren habe. Ich habe verlernt, mich auszuruhen, dankbar zu sein und mich über kleine Erfolge zu freuen, denn ich war ja noch nicht am Ziel angekommen. Aber geht es wirklich um das Ziel? Und was ist überhaupt das Ziel?

Glücklicher ohne Plan?

Ich habe mein bisheriges Leben Revue passieren lassen, um zu sehen, wann ich am glücklichsten war. Es war die Zeit, in der ich noch gar keinen Plan für meine Zukunft hatte. Ich hatte hunderte Ideen, wollte einmal Jura studieren und dann wieder Architektin werden. Schlussendlich wurde es durch eine zeitliche Fügung Medizin, denn das war mein Berufswunsch, als ich in der 12. Klasse war. Heute bin ich zwar sehr glücklich mit meiner Wahl, aber ich weiß, dass mir viele andere Studienfächer auch Spaß gemacht hätten. Die Entscheidung, den Studienplatz anzunehmen, war damals eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Ich habe die Studienplatzzusage bekommen, als ich bereits für ein anderes Fach in meiner Heimatstadt eingeschrieben war und musste mich innerhalb von kurzer Zeit entscheiden, ob ich mein Leben auf den Kopf stellen und 1.000 Kilometer von zuhause wegziehen möchte, um Medizin zu studieren – möglicherweise eine einmalige Chance. Ich wollte es wagen, also bin ich innerhalb einer Woche in ein anderes Land gezogen. Es war kein langgeplanter Schritt, es war riskant und teilweise schwierig – aber es hat sich gelohnt. Wenn mir ein Jahr zuvor jemand gesagt hätte, wie sehr sich mein Leben innerhalb so kurzer Zeit verändern würde, hätte ich es nicht geglaubt.

Und genau darum geht es mir: Das ist das Leben! Die Summation von kurzen Momenten und Bauchgefühlen, von Risiken und unvorhersehbaren Möglichkeiten. Ich denke, ich bin nicht die Einzige, die vergessen hat, dass es nicht (nur) um das Ziel geht, sondern vor allem um den Weg dahin. Und dieser Weg sollte von Blumen gesäumt und von Sonnenstrahlen erhellt werden. Das einzige Ziel, dass wir haben sollten, ist ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Ich will eines Tages alt und runzlig mit meinen besten Freunden im Altersheim beim Nachmittagskaffee sitzen und glücklich auf mein Leben zurückblicken. Da wird es uns egal sein, ob wir immer schon wussten, was wir machen wollten, oder ob wir uns einfach vom Strom treiben lassen haben, und wo auch immer es gerade schön ausgesehen hat, ans Ufer gegangen sind. Der Weg dorthin sollte die Ausbildung unserer Wahl, einen Job, der uns Freude macht und all die wunderbaren Momente mit Menschen, die wir lieben, sein. Und vor allem sollten wir mit uns zufrieden sein, so wie wir sind. Wir werden unseren Weg finden.

Keiner weiß, was der morgige Tag, der kommende Monat oder das nächste Jahr mit sich bringt, und deswegen sollten wir das Hier und Jetzt genießen – auch wenn das gerade im Moment manchmal schwerfällt.

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