Am Anfang denkt man, dass das Abitur bisher die größte Hürde war. Doch nach dem Schulabschluss kommt direkt die nächste große Hürde: Weiß ich, was ich werden will? Was erwarten meine Eltern, die Gesellschaft und ich selbst von mir? Was kann ich gut? Welchen Beruf möchte ich für den Rest meines Lebens ausüben?
Diese Hürde konnte ich ausnahmsweise überspringen. Denn mein Wunsch, Medizin zu studieren, war schon während der Schulzeit ein fester Bestandteil meines Werdegangs. Das sollte allerdings auch die letzte Hürde bleiben, die ich auf meinem weiteren Weg ins Medizinstudium auf Anhieb überspringen konnte.
Mein Name ist Loïs. Ich bin 23 Jahre alt und studiere im 6. Semester Medizin an der Universität Heidelberg der Fakultät Mannheim. In Mannheim fühle ich mich mittlerweile zu Hause und im Studium fühle ich mich richtig aufgehoben. Aber bis dahin war es ein weiter Weg.
Ärztin – mein Traumberuf
Als ich ungefähr 15 Jahre alt war, fasste ich den Entschluss, einmal eine Ärztin sein zu wollen. Doch mir war noch nicht bewusst, welchen Aufwand dieses Ziel erfordern würde. In der Schule kam ich erst in den letzten beiden Schuljahren zu guten Noten. Davor war meine Schulzeit mal mehr und mal weniger holprig. Mein Abitur schloss ich letztendlich 2017 mit der Note 1,7 ab. Für mich war das im ersten Moment eine großartige Leistung. Ich hätte mir zuvor nie erträumt, die Schule mit einer eins vor dem Komma abzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt war mir aber nicht bewusst, dass eine 1,7 im Kampf um einen Studienplatz für Medizin keine besonders gute Note bedeutete.



Nach einem längeren Auslandsaufenthalt kehrte ich wieder nach Hause zurück und beschloss, ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Klinik zu machen. Noch während des FSJ nahm ich am TMS, einem Aufnahme-Test für medizinische Studiengänge, teil. Im damaligen Vergabeverfahren an einigen Universitäten konnte man mit einem im Test erreichten, bestimmten Prozentrangwert seinen Abitur-Durchschnitt in 0,-Schritten verbessern. Einfach gesagt: Ich bräuchte einen Prozentrang von mindestens 80 Prozent, um meinen Abitur-Durschnitt um 0,6 zu verbessern. Zusammengerechnet mit dem FSJ, bei dem ich davon ausging, dass es mir eine Verbesserung um 0,1 einbringen würde, läge ich bei einem Schnitt von 1,0 und damit beim Numerus Clausus. Das sollte also mein Plan A sein.
Erstmal kein Plan B
Viel weiter hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ein Plan B existierte sozusagen nicht. 80 Prozent war zwar ein hoher Prozentrang, jedoch kein utopisches Ziel. Ich hatte das Gefühl und vor allem viel Hoffnung, dass ich das schaffen würde. Den Prozentrang, den ich im TMS erreicht hatte, waren am Ende 79 Prozent. Es fehlten mir also 1 Prozent zu meinem Glück. Trotz zahlreicher Tränen wusste ich, dass meine Reise weitergehen musste. Etwas anderes zu studieren, kam für mich nicht in Frage. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich schon dreimal für einen Studienplatz beworben (zweimal mal fürs Wintersemester und einmal mal fürs Sommersemester). Damals konnte man sich pro Semester nur an sechs Universitäten bewerben und ich hatte bis dahin 18 Absagen gesammelt. Dazu würden noch viele weitere kommen. Als dann auch noch die Bestimmung geändert wurde, dass nicht mehr neun Monate FSJ, die ich damals abschloss, sondern zwölf Monate für das Bonieren von 0,1 nötig waren, war ich verzweifelt. In meinen Augen war nun die monatelange harte Arbeit im Schichtdienst, als Unterste der Nahrungskette, umsonst gewesen.
Noch ein weiter Weg ins Medizinstudium
Doch der TMS und auch das FSJ sollten nicht mein letzter Versuch bleiben, einen weiteren Schritt in Richtung meiner Zukunft als Ärztin zu gehen. Ich hatte jeden Tag in einer Klinik gearbeitet und mehrfach unter Beweis gestellt, dass dies das richtige Arbeitsumfeld für mich war. Trotzdem konnte ich nicht das studieren, was ich wirklich wollte. Dieses Gefühl der Verzweiflung würde mich noch für eine lange Zeit begleiten. Es war gut, dass mir nicht von Anfang an bewusst war, wie lange es tatsächlich noch dauern würde, bis ich anfangen konnte, Medizin zu studieren. Wie ich es am Ende geschafft habe, darüber werde ich in einem späteren Blog-Beitrag schreiben.