Will man an einer staatlichen Hochschule Medizin studieren, so führt kein Weg an einer Bewerbung vorbei. Seit Mitte 2012 vergibt die Stiftung für Hochschulzulassung (auch als Hochschulstart bekannt) die Studienplätze bundesweit im Studiengang Humanmedizin, aber auch in den Studiengängen Zahn- und Veterinärmedizin.
Da jede Hochschule festlegen kann, wann sie das Studium anbietet, gibt es Bewerbungsverfahren zum Sommer- und Wintersemester. Die meisten Hochschulen bieten Studienplätze zum Wintersemester an, weswegen man als angehender Studierender vor der Qual der Wahl steht, wenn man sich für eine Hochschule in der Präferenzauswahl entscheiden muss. Mehr dazu später.
Bewerbung leicht gemacht
Die Bewerbungsverfahren werden ungefähr einen Monat nach einem abgeschlossenen Bewerbungsverfahren geöffnet, sodass man wirklich ausreichend Zeit hat, seine Unterlagen zusammenzusuchen. Die Bewerbung an sich ist einfach, denn das Ganze spielt sich über einen Online-Antrag ab (AntOn). Man wird Schritt für Schritt durch die Bewerbungsmappe geführt, entsprechende Felder sind immer kommentiert und bei Unstimmigkeiten gibt es Hinweise. Glaubt mir, das ist noch einfacher als das Kreuzen (Lösen von Multiple-Choice-Klausuren) im ersten Semester…



Neben persönlichen Daten wie Name und Adresse werden auch noch Daten zum Abitur-Zeugnis erfragt, also Datum des Erwerbs der Allgemeinen Hochschulreife und Abi-Schnitt. Nachdem man sich durch das AntOn durchgearbeitet hat, druckt man die automatisch generierte Bewerbungsmappe aus, unterschreibt und schickt sie mit der beglaubigten Kopie des Abi-Zeugnisses (und einigen anderen Unterlagen, aber das ist alles in den Unterlagen erklärt) ab. Unbedingt müssen die Fristen beachtet werden! Schickt die Unterlagen lieber früh genug ab, bevor ihr kurz vor Ende der Bewerbungsfrist (auch die gibt es) panisch zur Post lauft. Falls man gerade noch die letzten Abi-Prüfungen schreibt und man sich trotzdem für das Studium bewerben will, so kann man das Abi-Zeugnis, genauso wie alle anderen Unterlagen, unter bestimmten Fristen nachreichen. Keine Panik also! Nach Eingang und Bearbeitung eurer Bewerbungsunterlagen gibt es auf AntOn einen entsprechenden Hinweis.
Dann heißt es warten, Tee trinken und Daumen drücken.
Termine der Bescheide sind bindend
Die Zulassungs- und Ablehnungsbescheide werden zu bestimmten Terminen auf der AntOn-Plattform bereitgestellt, die genauen Termine könnt ihr ganz einfach auf der Seite von Hochschulstart einsehen. Ich erinnere mich, wie ich auch Wochen vor den Terminen täglich nach einem Bescheid Ausschau gehalten habe. Ich kann euch aber versichern, die Bescheide kommen wirklich nur zu den aufgeführten Terminen an. Neben der Online-Bereitstellung der Bescheide, werden diese auch nach Abschluss der Auswahlverfahren per Post zugeschickt.
Die Auswahl der Studienplätze geht wie folgt: 20 Prozent der Plätze werden durch "Abiturbeste" besetzt, also meistens durch diejenigen, die einen 1,0er-Abi-Schnitt haben. 20 Prozent gehen an diejenigen, die schon lange auf einen Studienplatz warten (aus welchen Gründen auch immer). Und 60 Prozent der Studienplätze belegen die BewerberInnen, die über das hochschuleigene Auswahlverfahren einen Platz angeboten bekommen. Und wie man sich da etwas helfen kann, erkläre ich euch jetzt.
Auswahlkriterien: Hochschulen vergleichen
Wenn ihr nicht gerade zu denjenigen gehört, die ein 1,0er-Schnitt im Abitur vorweisen können, so kann ein Vergleich der Auswahlkriterien der einzelnen Hochschulen sehr nützlich sein. Das gilt auch, wenn ihr durch persönliche oder finanzielle Gründe nur an eine bestimmte Gegend gebunden seid. Beachtet dabei, dass es für Härtefälle eine gesonderte Regelung gibt, die ihr möglicherweise nutzen könnt (mehr dazu findet ihr auf hochschulstart.de).
Das hochschuleigene Auswahlverfahren, die Bezeichnung sagt es schon, hat sich die Hochschule selbst überlegt. Das heißt: Es muss nicht zwingend die Abiturnote das entscheidende Kriterium sein, welches über eine Zulassung entscheidet. Immer mehr Hochschulen bieten die Anrechnung des Medizinertests an, einige führen persönliche Gespräche mit den BewerberInnen, andere wiederum rechnen FSJ-Zeiten/Ausbildungen usw. sehr hoch an. Da lohnt es sich, über den Tellerrand zu blicken und, wenn es euch möglich ist, sich bundesweit für das Studium zu bewerben.
Oft schwanken die Zulassungsgrenzen (NC) von Hochschule zu Hochschule. So ist es sinnvoll, sich auch die Grenzen der vergangenen hochschuleigenen Auswahlverfahren der Hochschulen anzuschauen.
Es ist wichtig, sich vorher über die Auswahlkriterien der Unis, mit denen man liebäugelt, zu informieren. Das geht ebenfalls ganz einfach über Hochschulstart, aber auch über die Websites der einzelnen Hochschulen, auch wenn diese manchmal furchtbar unübersichtlich und benutzerunfreundlich gemacht sind.
Mein persönliches Beispiel nach diesen theoretischen Zeilen.
Auswahl der passenden Hochschule
Ich bin durch familiäre Gründe an die Umgebung von Köln gebunden gewesen, sodass ich keine andere Wahl hatte, als mich in (der Umgebung von) Köln für das Medizinstudium zu bewerben. Dass ich mir damit die beliebtesten Universitäten für Medizin ausgesucht habe, war mir schon bewusst, aber dass ich trotz eines sehr guten Abi-Schnitts (1,4) ein Jahr auf meinen Studienplatz würde warten müssen, war mir nicht klar.
Nachdem ich total aufgeregt das AntOn ausfüllte, kam ich zum Punkt der Präferenz-Auswahl. Man muss sich nämlich in seiner Bewerbung in absteigender Reihenfolge für Hochschulen entscheiden. Dies kann sich sehr auf den Bewerbungsausgang aus. Manche Hochschulen verlangen, dass sie an erster Präferenzstelle genannt werden, diese Auswahl verhindert aber die Bewerbung an anderen Hochschulen. Meiner Meinung nach ein absolut unfaires Spiel, welches diese Hochschulen betreiben.
Präferenzstelle ist ausschlaggebend
Zurück zur Auswahl. Mein Wunschgedanke: „Okay, Köln ist sehr gut, Düsseldorf ist gut, Bonn kenne ich nicht, ist aber in der Nähe“. Also gut, Köln 1, Düsseldorf 2, Bonn 3. Aber nach einem Blick in die Historie der NC-Werte der letzten Auswahlverfahren hat sich die Auswahlreihenfolge geändert: Düsseldorf 1, Bonn 2, Köln 3. Warum? Ich habe gesehen, dass ich mit meinem Abi-Schnitt eindeutig die besten Chancen auf einen Studienplatz in Düsseldorf und Bonn habe, denn dort haben sich die NCs in den letzten Jahren ungefähr auf meinem „Niveau“ gehalten.
Kurz zusammengefasst: Die Bewerbung ist ein Kinderspiel, achtet unbedingt auf richtige Angaben und haltet unbedingt die Fristen ein! Wenn ihr euch bewerben wollt, nutzt die Möglichkeit und tut dies bundesweit. Vergleicht unbedingt die NCs der einzelnen Hochschulen, vergesst dabei andere Auswahlkriterien nicht, denn eine Ausbildung, ein FSJ oder ein nettes Gespräch mit der Auswahlkommission können der Schlüssel zum Medizinstudium sein.
Übrigens: Meinen Studienplatz habe ich im Nachrückverfahren bekommen. Ein wenig Glück gehört also auch dazu.
Andrej Weissenberger (21) studiert Medizin in Bonn und wohnt in Köln. Derzeit befindet er sich im dritten vorklinischen Semester und bereitet sich auf sein Physikum im August vor.