Keine Sorge vor der Facharzt-Weiterbildung

Medizinstudierende stehen irgendwann vor der Wahl, welche Facharzt-Richtung sie einschlagen sollen. Welche Aspekte sie dabei berücksichtigen sollten und wie die Ärztekammer dabei unterstützen kann, erklärte Dr. Pedram Emami auf dem Operation Karriere-Kongress in Hamburg.

Dr. Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg und Oberarzt Neurochirurgie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf | © Michael Kottmeier

„Wir haben ein besonderes Privileg als Ärztinnen und Ärzte“, sagt Dr. Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg und Oberarzt Neurochirurgie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Und das sei das Privileg der Selbstverwaltung. Angelegenheiten, die Ärztinnen und Ärzte beruflich betreffen, können, sollen und müssen sie selbst gestalten. Eine der Kernaufgaben der Ärztekammer als Selbstverwaltung ist das Thema Bildung. Im Zuge der Arbeit erwerben Studierende Kenntnisse und Kompetenzen vom Medizinstudium bis hin zur Weiterbildung, um später als Facharzt oder -ärztin tätig zu sein.

„Sie sind mittendrin in einem Prozess des lebenslangen Lernens“, weiß Emami. Denn die Halbwertszeit des medizinischen Wissens verkürze sich immer weiter. Nach dem Erwerb des Facharzttitels lerne man immer durch Fortbildungen weiter.

Fragen zur Selbstfindung

Mittlerweile gibt es in Deutschland mehr als 400.000 registrierte und berufstätige Ärztinnen und Ärzte, deutlich mehr als noch vor zehn Jahren. Trotzdem herrscht an vielen Kliniken und Praxen der Personalmangel vor. „Das liegt zum einen daran, dass wir früher bis zum Umfallen gearbeitet haben“, sagt Emami. So habe man den Engpass kompensiert. Gerade zum Karrierebeginn in chirurgischen Fächern seien 70 bis 80 Wochenarbeitsstunden üblich gewesen. Die Situation habe sich laut Emami zwar deutlich verbessert, jedoch seien Überstunden und eine hohe Arbeitsbelastung immer noch an der Tagesordnung.

Aber wie sollen Medizinstudierende wissen, welchen Weg sie einschlagen sollen? Welche Facharztrichtung ist die richtige? „Als erstes sollte man sich die Frage stellen, was man überhaupt mag“, rät der Mediziner. Weitere Fragen, die man sich selbst beantworten müsse, wären:

  • Was hat mir im Studium zugesagt?
  • Was hat mir besonders gelegen oder was ist mir besonders gut gelungen?
  • Was sind meine persönlichen Kompetenzen?
  • Liegen meine Stärken im handwerklichen Geschick, in persönlichen Gesprächen oder der Forschung?
  • Wie belastbar und resilient bin ich?
  • Möchte ich einen akademischen Weg gehen?

„Daraus entscheiden Sie dann, ob sie im klassischen ärztlichen Beruf bleiben und welche Fachrichtung Sie einschlagen sollten“, fasst Emami zusammen. Darüber hinaus müsse man sich Gedanken machen, welche Perspektiven man im Beruf anstrebe oder wie man sich diese Aspekte wünsche. Hier zählt er auf:

  • Anstellung oder Selbstständigkeit
  • Führungsposition oder nicht
  • Einzel- oder Teamarbeit
  • Arbeitszeiten und Arbeitsbelastung
  • Flexibilität
  • Work-Life-Balance
  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Bürokratie und Ökonomie
  • langfristige Perspektiven
  • monetäre Aspekte

Gründlich vorher informieren

Wenn man sich für eine Facharztrichtung entschieden hat, gehen die Überlegungen weiter. Denn dann muss man sich auf die Suche nach einem Arbeitgeber machen. „Die wichtigste Frage dabei ist: Hat die Praxis oder das Krankenhaus überhaupt die Weiterbildungsbefugnis?“, mahnt Emami. Außerdem müsse man beachten, für welchen Zeitraum, welchen Umfang und welche Inhalte eine Befugnis vorliege. Denn nicht alle Weiterbilder und Weiterbilderinnen haben die Befugnis über die komplette Zeit der Facharzt-Weiterbildung.

Darüber hinaus sollte man vor Antritt einer Stelle als Weiterbildungsassistent oder -assistentin klären, wie das jeweilige Curriculum und die Betreuung aussehen und ob es ein Monitoring oder Feedback-Gespräche gebe. „Machen Sie vorher eine Hospitation und sprechen Sie mit den Leuten“, rät der Mediziner. Das sei besser, als später festzustellen, dass Inhalte bei einer anderen Stelle nachgeholt werden müssen.

Doch wie sieht es aus, wenn die eingeschlagene Facharztrichtung doch nicht die richtige ist? Oder wenn man aus privaten Gründen den Arbeitsplatz wechseln muss? „Das ist überhaupt keine Schande“, beruhigt Emami. Studierende sollten sich keine Sorgen machen, denn mittlerweile lasse sich alles regeln. Egal ob Ortswechsel, ein Auslandsaufenthalt oder eine Forschungstätigkeit – eine Vereinbarkeit sei immer möglich. „Sie sollten nur frühzeitig Ihre Kammer darüber informieren und abklären, was Sie beachten müssen.“

Abschließend formulierte Emami einen Appell an die Medizinstudierenden: „Love it, change it or leave it.“ Wenn man den Beruf liebe, solle man dabei bleiben. Wenn man etwas daran ändern möchte, solle man sich bei den Kammern und in Verbänden engagieren. „Und wenn der Arztberuf dann trotzdem nichts für sie ist“, so der Mediziner, „dann gibt es mannigfaltige Möglichkeiten, mit diesen gelernten Kompetenzen andere Dinge zu machen, die genauso spannend sind.“

Quelle: Vortrag „Traumberuf Arzt/Ärztin! Was man in der Weiterbildung wissen sollte“, Dr. Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg und Oberarzt Neurochirurgie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Operation Karriere Hamburg, 12.05.2023

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