„Als junger Mediziner sollte man sich auf jeden Fall auch mit der Kommunikation beschäftigen“, erklärte Giboni seinem Publikum, „dafür ist es gut zu wissen, was einem selbst im Leben wichtig ist“. Man sollte sich selbst kennen, um auch zu erkennen, was bei dem anderen gerade los sei. Gute Kommunikation sei ganz stark von der Situation abhängig. „Als erste Grundlage sollte man sein Fach gut kennen – als zweites ist aber auch das Auftreten super wichtig: Man muss sich selber sicher sein, dass man anständig aussieht – also, dass man passend gekleidet ist und sich die Zähne geputzt hat zum Beispiel. Man sollte sich seiner Haltung bewusst sein“, verriet der Notfallmediziner.
Für gute Kommunikation und eine selbstbewusste Haltung müsse man sich außerdem selber reflektieren: Wenn man vor einem Gespräch zum Beispiel aufgeregt sei, sei es hilfreich, sich selbst nach der Ursache für den Stress zu fragen. „Wichtig ist, sich selbst gut zu kennen – ganz viele wissen nicht, wie sie auf andere wirken. Es ist wichtig, ab und zu in den Spiegel zu schauen – nicht, um den Lippenstift nachzuziehen oder die Frisur zu richten, sondern um einfach zu schauen: Wo bin ich jetzt?“, riet Giboni. Dazu gehöre auch eine gute Körperhaltung – wer gerade und aufrecht stehe oder sitze, wirke gleich viel aufmerksamer. Selbstsicherheit helfe auch dabei, in verschiedenen Situationen Herr der Lage zu bleiben: „Sehen Sie zu, dass Sie sich nicht von den anderen einnehmen lassen und nur noch reagieren – dann können Sie selbst nicht mehr agieren und sind nur noch mit Ihren eigenen Abläufen beschäftigt. Gute Kommunikation funktioniert dann nicht mehr“.
Und das mache sich auch bei der Reaktion des Gegenübers bemerkbar, erklärte Giboni: „Wenn die Kommunikation nicht gut läuft, wandern 96 Prozent der Gesprächspartner einfach ab, ohne sich zu beschweren – die sind dann weg und Sie sehen die nie wieder. Damit das nicht passiert, muss man sich mit Kommunikation beschäftigen und auch im Einzelfall damit auseinandersetzen, was da vielleicht schiefgegangen ist“.
Neben Fachkenntnis und sicherem Auftreten kommt als dritter wichtiger Aspekt noch die Lebenserfahrung dazu: „Bei jungen Leuten ist das natürlich anfangs sehr schwer – aber das entwickelt sich mit der Zeit“. Da sei es hilfreich für Nachwuchsmediziner, auch mal einen erfahreneren Kollegen in ein Patientengespräch zu begleiten: „Wenn Sie als Assistenzarzt oder im PJ einen Oberarzt haben, mit dem Sie gut auskommen, fragen Sie ihn ruhig, ob Sie mal mitkommen können. Er hat bestimmt auch noch ein paar Tipps für Sie“, empfahl Giboni. Es gebe im deutschen Krankenhaussystem immer noch viele Ärzte, die den jungen Kollegen gern etwas beibringen möchten.
Gute Kommunikation im Krankenhaus fange im eigenen Team an. Hier hat Giboni einen Tipp für Neueinsteiger: „Atmen Sie tief durch, kommen Sie erstmal an und lernen Sie die Kollegen kennen – knüpfen Sie Kontakte zu erfahreneren Ärzten, die Sie auch auffangen können, wenn Sie unsicher sind.“ Damit das gelingen könne, sei auch hier die richtige Haltung wichtig, erklärte Giboni: „Tun Sie nicht so, als ob Sie schon alles wissen – aber lassen Sie sich auch nicht demütigen.“ Wenn einem – gerade als Berufsanfänger – eine Gesprächssituation zu viel werde, könne man immer kurz den Raum verlassen. „Es ist wichtig, dass es Ihnen als Arzt gut geht – auch, wenn Sie ein schwieriges Gespräch führen müssen. Wenn es einem nicht gut geht, kann man notfalls immer sagen, dass man kurz auf die Toilette muss oder ein Glas Wasser braucht – dann ist man für einen Moment aus der schwierigen Situation raus und kann sich wieder sammeln oder schnell einen Kollegen um Hilfe bitten“, riet der Kommunikationsexperte.
Freundlich, sachlich, verbindlich
Bei der Gesprächsführung mit Patienten und Angehörigen seien Freundlichkeit, Verbindlichkeit und ein ordentliches Auftreten wichtig. „Man darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen – und man muss die Fragen ernst nehmen und sachlich beantworten. Und wenn man mal nichts weiß, sagt man natürlich nicht: ‚Davon habe ich keine Ahnung‘, sondern ‚da erkundige ich mich gern für Sie und dann treffen wir uns nochmal ‘“, erklärte Giboni.
Vor allem bei der Patientenaufklärung könne es leicht zu Fehlern kommen, wenn man als Berufsanfänger zu wenig auf sein Gegenüber eingehe und einfach nur sein Programm abspule. „Und das kann ernste Folgen haben – im schlimmsten Fall werden Sie dann verklagt“, mahnte der Notarzt, „Hier ist ein häufiger Fehler, dass man sich nicht genug Zeit nimmt. Aber gute Kommunikation hat immer etwas mit Zeit zu tun – das geht nicht zwischen Tür und Angel“.
Operation Karriere Bochum, 29.06.2018, „Gesprächsführung in der Ambulanz und Notfallmedizin", Dr. Paul Christoph Giboni, Notfallmediziner und Hypnosetherapeut, Hamburg