Auch Mediziner/innen bekommen ihre Traumstelle nicht auf einem silbernen Tablett serviert, mag der Arbeitsmarkt noch so entspannt sein. Stellen an renommierten Instituten, in den ausgesprochenen Ballungszentren und deren großen Kliniken mit interessanten Arbeitsfeldern sind nach wie vor begehrt und entsprechend rar. So scheint der Arbeitsmarkt für Mediziner gespalten: Bewerbermangel bei weniger interessanten Stellen und Bewerberüberschuss bei Topstellen.
Während der Weiterbildungszeit kommen darüber hinaus immer wieder Bewerbungssituationen auf die Ärzte zu, da nach wie vor eine komplette Weiterbildung in nur einem Haus selten möglich ist. Dabei ist momentan der Glaube verbreitet, Topstellen seien für alle Interessenten erreichbar, korrekte, durchdachte und gut gestaltete Bewerbungsunterlagen also gar nicht mehr wichtig. Das Gegenteil ist der Fall. Die Stellensuche ist zwar leicht, da sich aber auf die gefragten Stellen auch solche Bewerber, die sich bis dahin für ungenügend qualifiziert empfunden hatten, bewerben, hat sich der Konkurrenzkampf um diese Stellen sogar verschärft.
Bewerber im nicht kurativen Bereich müssen zudem mit der Konkurrenz anderer Akademikergruppen wie den Pharmazeuten, Biologen, Chemikern, Betriebswirtschaftlern oder, sofern sie journalistisch tätig werden möchten, mit den Geisteswissenschaftlern rechnen – je nach Berufsziel – und sich den Gegebenheiten des Marktes anpassen.
Selbsteinschätzung
So sollte vor der eigentlichen Bewerbung für eine Weiterbildungsstelle eine eingehende Analyse der eigenen Wünsche und Ziele stehen. Diese betreffen sowohl berufliche als auch private Fragen. Denn die Wahl der Weiterbildungsstätte wirkt sich auf viele weitere berufliche Entscheidungen aus. Und wie sieht es eigentlich mit Ihrem Partner/ Ihrer Partnerin aus? Müssen Sie hier Rücksicht auf etwaige Veränderungen nehmen?
Ein kommunales Krankenhaus mit vielen Schnittpunkten zu niedergelassenen Ärzten in der Umgebung, schafft z.B. das notwendige Netzwerk für eine spätere Niederlassung. Dahingegen ist eine wissenschaftliche Karriere nur in einer Uniklinik zu realisieren. Steht die Entscheidung für Familie und Kinder bereits fest, ist die Suche nach Kliniken mit familienfreundlichen Angeboten, wie eigene Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder familienfreundliche Arbeitszeitregelungen, oberstes Gebot.
Welches Fachgebiet ist das richtige für mich? Einige Medizinstudierende wissen natürlich schon von Anfang an, welchen Facharzt sie später erwerben möchten. Andere sind hin und her gerissen, oder können sich nur schwer festlegen. Selbsteinschätzung spielt auch bei dieser Frage eine Rolle. Folgende Fragen können da weiterhelfen: Für welches Fachgebiet fiel Ihnen das Lernen zum Staatsexamen besonders leicht? Können Sie gut genug mit Kindern umgehen, um Pädiater zu werden? Sagt Ihnen das Arbeitsklima im OP zu? Arbeiten Sie gerne im Labor? Sind Sie vielseitig medizinisch interessiert und können sich vorstellen als Hausarzt zu praktizieren?
Der Arztberuf erfordert permanente Weiterbildung, die Energie dafür aufzubringen fällt leichter, wenn man sich mit seinem „Steckenpferd“ befasst.
Soft Skills
Das Medizinstudium vermittelt Fachwissen. Am Ende des Studiums verfügen alle Absolventen über weitgehend ähnliche Kenntnisse. Wer sich aber auf eine besonders begehrte Weiterbildungsstelle bewerben möchte oder sich für Berufsfelder im nicht kurativen Bereich bewirbt, braucht zusätzliche Qualifikationen. Nicht immer geht es dabei um weitere technische oder fachliche Kenntnisse. So genannte Soft Skills können bei Bewerbungen den Ausschlag geben.
Soft Skills bezeichnen im Grunde Persönlichkeitsmerkmale, die den Bewerber positiv herausheben. Die wichtigsten Soft Skills sind im Folgenden aufgeführt:
Teamfähigkeit und Sozialkompetenz gehören sicher zu den gefragtesten Persönlichkeitsmerkmalen. Kaum jemand arbeitet heute noch nur für sich allein. Flache Unternehmenshierarchien, Ärzteteams, Projektteams: Überall finden sich Gruppen zusammen, in denen sich die Mitglieder aufeinander einstellen müssen, um die Arbeit erfolgreich zu gestalten.
Lernbereitschaft ist ein weiteres Schlagwort und eine besonders geschätzte Fähigkeit. Unsere hochtechnisierte Zeit braucht Menschen, die bereit sind, sich jederzeit mit Neuem zu beschäftigen. Diese Fähigkeit ist überall sehr gefragt. Wer zeigen kann, dass ihm das Lernen Freude macht, bekommt sicher Pluspunkte.
Gute rhetorische Fähigkeiten, Moderations- und (Selbst-)Präsentationstechniken werden gebraucht, um sich gleichermaßen mit Patienten, Vorgesetzten und Pflegepersonal zu verständigen, aber auch, um Projekte und Unternehmen weiterbringen zu können. Das richtige Wort zur rechten Zeit an der richtigen Stelle kann einfach Wunder bewirken.
Besonders in der Wirtschaft sind Eigeninitiative und unternehmerisches Denken gefragt. Wer sich dieser Eigenschaften rühmen darf, kann bei der Erschließung neuer Aufgabengebiete und Projekte für sich wie für das jeweilige Unternehmen erfolgreich sein. Zunehmend ist auch in Krankenhäusern und Arztpraxen Unternehmertum von Bedeutung, und damit werden diese Eigenschaften auch bei Ärzten immer wichtiger.
Flexibilität und Mobilität sind letztlich selbstverständlich für das Vorwärtskommen im gewünschten Beruf. Mobilität spielt bei Ärzten in der Weiterbildung noch immer eine große Rolle. Nicht jede Klinik an jedem Ort bietet die gewünschten Weiterbildungsmöglichkeiten. Häufige, mit Umzügen verbundene Stellenwechsel sind kennzeichnend für diese Phase. Wer sich aufgrund seiner Persönlichkeit leicht darauf einlassen kann, hat Vorteile.
Quelle: Kirschner, Georg, Mechthild Rottkemper und Hans Binsch: Neue Perspektiven für Assistenzärzte – Sicher entscheiden bei Stellensuche, Weiterbildung und Finanzen. Dritte, überarbeitete und aktualisierte Auflage. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 2014.