In den letzten Jahren sind Krankheiten mit Namen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa wesentlich stärker in den Fokus vieler Menschen gelangt. Besonders seit dem Geständnis eines deutschen Prominenten im Januar 2016, er leide unter besagter Colitis ulcerosa, fragen sich Millionen Dschungelcamp-Zuschauer: Was zum Geier ist das?
Ich werde versuchen, Ihnen diese Frage zu beantworten. Sowohl beim Morbus Crohn als auch bei der Colitis ulcerosa handelt es sich um sogenannte chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Chronisch heißt so viel wie fortwährend, was also bedeutet, dass die Betroffenen unter einer fortwährenden Entzündung im Darm leiden. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie unangenehm das ist, wenn Sie sich irgendwann in Ihrem Leben mal einen einfachen Magen-Darm-Infekt eingefangen haben. Und obwohl es sich streng genommen um zwei unterschiedliche Krankheiten handelt, habe ich mich entschieden, beide in ein Kapitel zu packen, da der Crohn und die Colitis ulcerosa einfach untrennbar zusammengehören.
"Was man nicht töten kann, muss man zumindest einsperren."
Was aber passiert nun im Darm? Erinnern Sie sich noch an die Tuberkulose? Da war es so, dass der Körper mit den Eindringlingen, also den Tuberkulosebakterien, nicht so richtig fertig wird. Um ihnen trotzdem Einhalt zu gebieten, baut das Immunsystem richtige Käfige um die Biester. Getreu dem Motto: Was man nicht töten kann, muss man zumindest einsperren. Diese Bakteriengefängnisse nennt man, wie Sie wissen, Granulome. Die Bildung dieser Einschlüsse ist einer von vielen Mechanismen, mit denen unser Immunsystem sich gegen fremde Erreger wehren kann. Aber nicht nur gegen die. Granulome entstehen auch im Rahmen von Autoimmunerkrankungen, also Krankheiten, in denen der Körper sich gegen die eigenen Zellen wehrt, weil er verlernt (oder nie gelernt) hat, diese als körpereigene »Freunde« zu erkennen. Das Immunsystem braucht in diesem Fall praktisch eine Brille.
Auch bei den beiden entzündlichen Darmerkrankungen leitet die körpereigene Abwehr eine krankhafte Reaktion gegen die eigene Schleimhaut ein, zu der mitunter auch die Entstehung besagter Granulome gehört. Aber nicht nur die stören die normale Funktion der Gedärme. Das ganze menschliche Abwehrsystem ist auf den Darm fokussiert und versucht, dort etwas zu bekämpfen, was es gar nicht bekämpfen soll. Warum es das tut, dazu gibt es nur Theorien und leider keine fertigen Antworten.
Der Umstand, dass die beiden Krankheiten eine deutliche familiäre Häufung zeigen, dass also Kinder von Betroffenen eine viel höhere Wahrscheinlichkeit haben, ebenfalls daran zu erkranken, deutet auf eine gewisse genetische Komponente hin. Die allein kann aber nicht schuld sein, weil es ja auch Patienten gibt, in deren Familien keine Fälle chronisch entzündlicher Darmerkrankungen bekannt sind. Am wahrscheinlichsten ist, dass die Darmschleimhaut aus irgendeinem Grund nicht richtig aufgebaut werden kann, was die hier ansässigen Bakterien natürlich skrupellos ausnutzen. Dieses Ungleichgewicht zwischen Darmschleimhaut und Darm-flora könnte eine der Komponenten in der Entstehung der chronisch entzündlichen Darmkrankheiten sein. Aber wer weiß, was noch alles. Kurzum – wir können es nicht genau sagen. Allerdings wissen wir ein paar andere wichtige Dinge über die beiden üblen Krankheiten, die übrigens gar nicht so selten sind.
Beginnen wir doch einfach beim Morbus Crohn. Wenn wir dann die Colitis ulcerosa betrachten, werden Sie sehen, dass es erstaunliche Gemeinsamkeiten gibt. Da ist schon die Frage erlaubt, wieso jetzt der eine Patient diese und der andere die andere Krankheit bekommt. Die Thematik der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist wirklich spannend.