Der Umgang mit dem Pflegepersonal als Arzt

Beginnt man seine Assistenz in einem Klinikum, trifft man oft auf sehr erfahrene Pflegefachfrauen und -männer, die einem medizinische Tipps geben. Sollte man sie annehmen?

Krankenhausflur

Duzt oder siezt man sich? Der Umgangston ist von Station zu Station unterschiedlich. | spotmatikphoto/Fotolia

Um es vorwegzunehmen: Man kann die eingangs gestellte Frage nicht mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ beantworten, weil auch hier der Ton die Musik macht. Wenn eine erfahrene Pflegerin Vorschläge macht, was die Diagnose und Therapie von Patienten angeht, dann sollte man sich diese Vorschläge anhören. Pflegefachkräfte haben oft eine lange Berufserfahrung und die zunehmende Akademisierung ihrer Ausbildung macht den immer breiteren Erwerb von Fachwissen möglich. Dennoch bist du der Arzt oder die Ärztin und hast damit die Durchführungsverantwortung, während das Pflegefachpersonal in der Anordnungsverantwortung ist, das heißt du haftest später für die getroffene Entscheidung und nicht das Pflegefachpersonal. Wichtig ist deshalb, dass man Ratschläge anderer nicht vorschnell annimmt, sondern sich selbst in aller Ruhe ein Bild macht. Im Zweifel fragt man den Oberarzt oder den Weiterbildungsbevollmächtigten, ob die angedachte Therapie sinnvoll ist. 

Parallele Hierarchien

Bei dem Pflegefachpersonal gibt es eine Pyramidenhierachie, die von dem Hilfspfleger, der Hilfspflegerin über die Pflegefachfrau, den Pflegefachmann, bis zur Stationsleitung reicht. Wie bei den Ärzten gibt es auch hier eine Weisungsbefugnis von oben nach unten. Grundsätzlich gilt: Die pflegerische Versorgung übernimmt das Pflegefachpersonal selbstständig, die medizinische Aufgaben werden hingegen von dir als Arzt oder Ärztin delegiert und zwar sowohl an den Hilfspfleger, als auch an die Pflegefachfrau. 

Konflikte mit dem Pflegefachpersonal: 2 Beispiele 

Es ist oft gar nicht so leicht, als „Frischling“ einer Pflegerin Aufgaben zu erteilen. Deshalb ist mit großem Fingerspitzengefühl vorzugehen. Aber manchmal kann auch das größte diplomatische Geschick keine direkte Auseinandersetzung verhindern. Zur Verdeutlichung ein Beispiel:
Nehmen wir an, du beginnst deine Assistenz und die Stationsleiterin, die erheblich älter ist, will von dir gesiezt werden, während sie dich mit „Du“ anspricht. Auf sehr direkte Weise versucht sie also das Machtverhältnis umzukehren. Hier empfiehlt sich der direkte Weg der Kommunikation. Mach ihr deutlich, dass ihr euch in einem Dienstverhältnis befindet und du deshalb das höflichere „Sie“ bevorzugst. Du wirst sie mit diesem Vorgehen nicht als Freundin gewinnen, aber sie hat es ja selbst auf die Konfrontation angelegt und ist damit eine schwierige Kollegin, mit der du ohnehin nicht warm geworden wärst. 

Wenn Du zum ersten Mal in Arztkittel ein Krankenhaus betrittst, merkst Du es sofort: Pflegekräfte, Patienten und Angehörige reden ganz anders mit Dir – sie nehmen Dich als Arzt wahr. Aber wie gehst Du am besten mit dieser Rolle um?

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Andererseits kann die Expertise des Fachpflegepersonals lebensentscheidend sein. In tragischer Weise verdeutlicht dies der Tod der Britin Elaine Bromiley. Sie verstarb aufgrund von Fehlern bei der Narkoseeinleitung, die teilweise vermeidbar gewesen wären, wenn die behandelnden Anästhesisten auf die Ratschläge der Anästhesieschwestern gehört hätten. Letztendlich geht es auf Station um Teamwork, bei der jeder sein Wissen einbringen dürfen sollte. Eine junge Ärztegeneration, die um ihre Verantwortung weiß, klare Grenzen zieht, aber auch gegenüber Kritik aufgeschlossen ist, kann in Zukunft sicherlich viel bewirken.

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