Das Hammerexamen ist in der Tasche, die Jobsuche hat begonnen. Ihre Bewerbung war erfolgreich und Sie sind zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Welche Fragen darf der potenzielle Arbeitgeber eigentlich stellen? Darf ich die Beantwortung von Fragen verweigern oder gar lügen?
Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers
Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber nur solche Fragen stellen darf, an deren Klärung er im Hinblick auf die Durchführung des geplanten Arbeitsverhältnisses ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hat. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Beantwortung der Frage für den angestrebten Arbeitsplatz und die zu verrichtende Tätigkeit selbst von Bedeutung ist.
Diese Abwägung kann in jedem Vorstellungsgespräch als innerer Leitfaden dienen.
Generell erlaubte Fragen
Von Bedeutung für die Tätigkeit und damit erlaubte Fragen zielen ab auf die Ausbildung, Qualifikation und den beruflichen Werdegang einschließlich Ausbildungs- und Weiterbildungszeiten. Auch zulässig ist die Frage nach Sprachkenntnissen des Bewerbers, soweit sie für die Tätigkeit von Bedeutung sind.
Das Recht zur Lüge
Darüber hinaus werden aber häufig auch Fragen gestellt, die das Privatleben des Bewerbers betreffen. Daran kann man den potenziellen Arbeitgeber nicht hindern, jedoch sind derartige Fragen arbeitsrechtlich unzulässig. Der Bewerber hat hier ein Recht zur Lüge.
Die Abwägung im Einzelfall
Doch welche Fragen sind in einem Vorstellungsgespräch unzulässig? Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hat hier für eine Reihe typischer Bewerbungsfragen entschieden, ob ein „berechtigtes Interesse“ des Arbeitgebers an der Beantwortung der Frage besteht oder eben nicht.
1. Schwangerschaft
Generell ist die Frage nach einer Schwangerschaft unzulässig. Hier besteht ein „Recht zur Lüge“, d.h. eine schwangere Frau darf die Frage mit „Nein“ beantworten.
Eine schwangere Bewerberin, die sich auf eine unbefristete Stelle bewirbt, darf die Frage nach dem Bestehen einer Schwangerschaft auch dann falsch beantworten, wenn sie die vereinbarte Tätigkeit wegen eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz nicht ausüben kann. Dieses Hindernis besteht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nämlich nur vorübergehend und es ist dem Arbeitgeber zuzumuten, auf den Arbeitseinsatz der neu eingestellten Schwangeren zunächst zu verzichten. Ob dies allerdings auch dann gilt, wenn ein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen wurde und die Schwangere diese befristete Tätigkeit aufgrund ihrer Schwangerschaft niemals ausüben kann, ist gerichtlich noch nicht geklärt.
2. Krankheit
Der Arbeitgeber ist berechtigt, nach Krankheiten zu fragen, wenn davon die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz abhängt.
Der Arbeitgeber darf im Allgemeinen nicht nach einer bestehenden HIV-Infektion fragen. Für die Tätigkeit eines Arztes in der Vorklinik oder der Versorgungsforschung ist eine HIV-Infektion unerheblich. Gleiches gilt für die Weiterbildung in bildgebenden oder „sprechenden“ Fächern, in denen eine Patientengefährdung ausgeschlossen werden kann.
Eine Ausnahme gibt es wiederum, wenn der Arbeitnehmer auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz nicht arbeiten darf, z.B. bei einer Bewerbung als Arzt, der unmittelbar in der Patientenversorgung tätig sein will. Der Bewerber muss diese Frage wahrheitsgemäß beantworten.
Bei einer Aids-Erkrankung ist die Einsatzfähigkeit in den meisten Fällen erheblich eingeschränkt, deshalb darf der Arbeitgeber diese Frage stellen.
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