Für welche Jahre und wie können Aufwendungen noch geltend gemacht werden?
Aufgrund des oben dargestellten gesetzlichen Unterschieds zwischen Studenten mit bereits abgeschlossener Erstausbildung/Erststudium und dem daher bereits möglichen (1) Ansatz als Werbungskosten sowie dem (2) Ansatz als Sonderausgaben für Aufwendungen der ersten Berufsausbildung/ des Erststudiums werden die Vorgehensweisen im Folgenden separat dargestellt:
Möglichkeit 1: Vorgehen bei bereits heutiger Möglichkeit des Ansatzes als Werbungskosten
Grundsätzlich können Einkommensteuererklärungen nur für einen zurückliegenden Zeitraum von 4 Jahren abgegeben werden. Beispielsweise ist die Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 grundsätzlich nur bis zum 31.12.2016 möglich.
Die Verlustfeststellung, d.h. die Geltendmachung von Werbungskosten eines Zweitstudiums bzw. einer zweiten Berufsausbildung für eine jahresübergreifende Verlustnutzung ist davon abweichend jedoch aufgrund eines BFH-Urteils noch für 7 Jahre rückwirkend möglich (vgl. BFH 13.01.2015 – IX R 22/14). Bis zum 31.12.2016 können daher die Aufwendungen für das Studium, die im Jahre 2009 ff. angefallen sind, noch geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass bisher keine bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für die betreffenden Jahre vorliegen.
Liegen für die betroffenen Jahre bereits bestandskräftige Einkommensteuerbescheide vor, können Verlustfeststellungen nicht mehr beantragt werden.
Zudem sind auch eventuelle Einkünfte der einzelnen Jahre in die Betrachtung einzubeziehen. Ist in einem Jahr kein Einkommensteuerbescheid ergangen und lagen in diesem Jahr jedoch Einkünfte vor, kann der entstandene Verlust aus Studienkosten unter Umständen trotzdem „verbraucht“ werden.
Im Zweifel ist ein Steuerberater hinzuzuziehen, um insbesondere die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten im Einzelfall zu überprüfen.
Möglichkeit 2: Vorgehen bei heutiger Möglichkeit des Ansatzes als Sonderausgaben
Die Erklärung von Verlusten durch Studienkosten ist auch hier wie oben unter 3. (1) dargestellt für 7 Jahre rückwirkend möglich. Jedoch werden die Studienkosten in den dann ergehenden Einkommensteuerbescheiden des Finanzamts nur als Sonderausgaben berücksichtigt sein. Zudem werden voraussichtlich durch das Finanzamt nur Einkommensteuerbescheide für die letzten 4 Jahre (derzeit 2012-2015) erstellt werden.
Es ist darauf zu achten, dass die Einkommensteuerbescheide den Hinweis enthalten, dass diese hinsichtlich der Berücksichtigung der Studienkosten vorläufig ergehen. Dies bedeutet, dass der jeweilige Einkommensteuerbescheid in diesem Punkt später noch geändert werden kann. Konkret könnten die Studienkosten, die bisher als Sonderausgaben enthalten sind, später in einem geänderten Einkommensteuerbescheid dadurch als Werbungskosten qualifiziert werden. Dies wiederum würde zur Möglichkeit der jahresübergreifenden Verlustnutzung führen.
Für den weiter zurück liegenden Zeitraum werden voraussichtlich keine Einkommensteuerbescheide erlassen werden. Auf ablehnende Verwaltungsakte des Finanzamts sollte mit einem Einspruch reagiert werden. Das Ruhen des Einspruchsverfahrens ist daraufhin die Folge, bis eine Entscheidung zur Berücksichtigung der Studienkosten als Sonderausgaben oder Werbungskosten für ein Erststudium ergangen ist. Nach der gerichtlichen Entscheidung wird das Einspruchsverfahren im Sinne des Urteils fortgeführt werden.
Auch im Falle der derzeitigen Berücksichtigung der Studienkosten als Sonderausgaben, insbesondere im Hinblick auf das notwendige Einspruchsverfahren, sollte ein Steuerberater im Einzelfall hilfestellend zur Seite stehen.
Zur Autorin:
Birgit Mittelstädt ist seit 2011 als Steuerberaterin bei der Seitz Partnerschaftsgesellschaft mbB tätig und vornehmlich für Heilberufe zuständig. Sie berät regelmäßig Mediziner bei ihrem Schritt in die Selbstständigkeit.