Zunächst fragte Frau Richter-Kuhlmann die Beteiligten nach dem eigenen Werdegang. PD Dr. Med. Kerstin Rhiem, Leitende Oberärztin am Zentrum für Familiären Brust- und Eierstockkrebs des Universitätsklinikums Köln, führte aus, dass ihr Interesse für die Forschung schon sehr früh sehr groß gewesen ist. Nur welcher Fachbereich es werden sollte, darüber sei sie sich lange unklar gewesen. Prof. Dr. med. Ulrike Nitz, Chefärztin des Evangelischen Krankenhauses Bethesda in Mönchengladbach, ging nach einer dreijährigen Facharztausbildung ebenfalls für 20 Jahre an die Uniklinik. Erst nach diesem langen Zeitraum der wissenschaftlichen Forschung, kehrte sie an eine vergleichsweise kleine Klinik, das evangelische Krankenhaus Bethesda, zurück. Die ambulante Pflege habe ihr nie gefallen: „Sie war schrecklich".
Dem kann Dr. med. Dietrich Rohde, pensionierter Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie einer Gemeinschaftspraxis in Mülheim an der Ruhr, nicht zustimmen. Er empfand seinen Beruf als niedergelassener Internist bis zu seiner Pensionierung als „höchstspannend". Rohde betonte die Vorteile einer Gemeinschaftspraxis. Hier könnte man Zeit finden auf Ärztekongresse zu gehen und sich seine Arbeitszeit freier einteilen. Dr. med. Walter Dresch, niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin aus Köln, stimmte seinem Kollegen zu. Auch wenn der „Allgemeinmediziner früher immer der Blödmann war", weil man ihm fehlende Fachkenntnisse zuschrieb, entschied Dresch sich letztendlich genau für jene Berufswahl. In der Niederlassung könnte man inzwischen auf sehr hohem Niveau arbeiten.
Doktorarbeit, ja oder nein?
Auch mit der Frage, zu welchem Zeitpunkt und ob überhaupt eine Forschungstätigkeit interessant wird, beschäftigten sich die Referenten. Rhiem merkte hierzu an, dass man es einfach ausprobieren kann, ob einem eine wissenschaftliche Projektarbeit oder die Auseinandersetzung mit einer wissenschaftlichen Thesis Spaß macht. Ihre Erfahrung sei allerdings, dass die „Rate an wissenschaftlich interessierten Leuten dramatisch abnimmt". Die meisten Studierenden würden Themen nachfragen, die nicht zeitintensiv sind, wie zum Beispiel die Auswertung von Akten.
Die Frage von Richter-Kuhlmann, ob man einen Doktortitel heutzutage noch braucht, wurde von den Referenten unterschiedlich beantwortet. Rhiem und Nitz vertraten die Meinung, eine Promotion oder zumindest die kritische Auseinandersetzung mit einer wissenschaftlichen Frage, sollte zum Medizinstudium nach vor dazugehören. Dresch wurde hier sogar noch etwas deutlicher: „Mir wäre es peinlich gewesen, wenn ich als niedergelassener Arzt als Herr Doktor angesprochen werde, aber keinen Titel habe." Er selbst habe zwei Doktorarbeiten geschrieben, führe aber nur einen Titel. Eine Studentin, die er kenne, beginne nach zwei gescheiterten Versuchen gerade ihre dritte Dissertation, da wisse man, dass sie es will. Eine andere Position bezog Rohde. Man schreibe als Arzt Gutachten, deshalb sei ein wissenschaftlicher Schreibstil zwar wichtig, aber im internationalen Vergleich würden Titel keine Rolle mehr spielen. Hier zähle, dass man etwas zu sagen hat.
Auf die jährlichen Mitarbeitergespräche sollte man bestehen
Sehr intensiv wurde auch die Frage diskutiert, wie man die eigene Weiterbildung am günstigsten strukturieren und planen kann. Rhiem riet, vor dem Beginn der Weiterbildung ein Gespräch mit dem Chefarzt zu führen und hier alle für einen selbst relevanten Fragen zu stellen. Eine Uniklinik sei für Kandidaten und Kandidatinnen interessant, die den Arbeitsort nicht wechseln möchten, denn hier würden viele Fachbereiche abgedeckt werden. Sie riet außerdem das jährliche Mitarbeitergespräch, das im Logbuch vorgeschrieben ist, in Anspruch zu nehmen. Hier werden die Ziele für das nächste Jahr verbindlich und schriftlich festgelegt. Darauf könne man sich im Zweifelsfall berufen. Auf die Nachfrage von Richter-Kuhlmann, wie man als junger Assistenzarzt agieren solle, wenn diese Mitarbeitergespräche aufgrund des Zeitaufwands nicht durchgeführt werden, rief Rhiem die Studierenden dazu auf, die Forderung durchzusetzen. Bei der Einführung des Logbuchs hätten die Chefärzte auch Vorbehalte gehabt, heute sei es gang und gäbe.
Nitz empfindet rückblickend ihre eigene Weiterbildung an zwei verschiedenen Häusern als vorteilhaft. Sie riet dazu, in einem großen Haus anzufangen, um das Handwerkszeug an der Basis zu lernen, und sich dann zu subspezialisieren. Rohde hob die Möglichkeit hervor, zwischen Krankenhaus und ambulantem Bereich zu pendeln. Dies sei bei der sogenannten Verbundweiterbildung möglich. Hier bliebe der Assistenzarzt weiterhin angestellter der Klinik, könnte diese dann am Nachmittag dann aber verlassen, um in einer Praxis seinen Arbeitstag fortzusetzen. So lerne man ambulant dasjenige kennen, was in der Klinik nicht mehr gemacht wird, wie zum Beispiel die Allergiediagnostik.
Dresch: "Lassen Sie es ruhig angehen!"
In diesem Zusammenhang sprach Dresch die vornehmlich studentische Zuhörerschaft noch einmal direkt an: „Man kann sich bei einem Hausarzt für zwei Jahre zu 40 Stunden anstellen lassen, für drei Jahre zu 30 Stunden oder für vier Jahre zu 20 Stunden. Es gibt immer den Druck: Ich muss möglichst schnell fertig werden, aber Sie sind alle noch so jung, sie können alle noch so viel arbeiten. Lassen Sie es ruhig angehen!"
Quelle: Podiumsdiskussion - Welche Weiterbildung passt zu mir? Die ersten Karriereschritte! Moderation Dr. med. Eva Richter Kuhlmann. Teilnehmer: PD Dr. med. Kerstin Rhiem, Prof. Dr. med. Ulrike Nitz, Dr. med. Walter Dresch, Dr. med. Dietrich Rohde. Operation Karriere-Kongress Köln, 26. November 2016.