Liebes Krankenhaus,
und da bin ich wieder. Frisch, fromm, fröhlich frei und hochmotiviert, mein letztes Tertial in Deutschland zu bestreiten. Und ja, es ist gerade sehr komisch wieder hier zu sein und irgendwie ein bisschen fremd. Aber nichtsdestotrotz bin ich auf mein letztes Tertial sehr gespannt.
Ich habe Neurologie gewählt und mich für ein kleines katholisches Haus ein bisschen außerhalb von Münster entschieden. Aber bevor der erste Tag im PJ startet, gibt es wie immer die allübliche Beweihräucherung unseres Dekans. Und auch heute lässt er sich nichts von seiner schwallartig produzierten heißen Luft nehmen. Wir sitzen in der letzten Reihe und machen uns schon ernsthaft Gedanken, zu welcher psychischen Störung diese besondere Art der logorrhoischen Sprachproduktion und die falschen Versprechungen wohl passen könnten und schwanken noch zwischen einer ausgeprägten bipolaren Störung und Mythomanie.
Aber bevor ich jetzt weiter lästere, hier etwas zur Erklärung meiner schlechten Meinung über ihn: wie jedes Mal begrüßte er uns und erzählte uns etwas über die neuesten Neuerungen an der Uni, sie haben jetzt für viel Geld ein neues Trainingscenter errichtet, in welchem man das ärztliche Gespräch anhand von Videotutorials erlernen kann. Nicht, dass das nicht wichtig wäre, aber viel wichtiger wäre es doch, einmal all die anderen ärztlichen Fertig- und Fähigkeiten trainieren zu können, um nicht so ganz hilflos im PJ zu sein, aber naja, das lässt sich nicht so gut verkaufen, wie ein tolles neues High-Tech-Center mit Flachbildschirmen.
So und jetzt habe ich wirklich genug gelästert, dadurch wird es auch nicht besser. Auf ins PJ Krankenhaus nach Horloch, mal sehen, was mich dort morgen so alles erwartet.
Fräulein Licht (25) studiert Medizin in Münster und hat Ende 2015 ihr Praktisches Jahr an der Klinik begonnen. Alle Blog-Inhalte beruhen auf den Erfahrungen der Bloggerin im PJ und geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Die Namen von eventuell vorkommenden Personen wurden geändert.