Literaturrecherche, bibliographische Dienste und Kenngrößen wissenschaftlicher Qualität

Der zweite von insgesamt drei Artikeln zum wissenschaftlichen Publizieren aus der neuen KARGER KOMPASS DERMATOLOGIE Rubrik "DermaCampus" ist erschienen. Dieses Mal gibt es wichtige Tipps und Fakten zur Literaturrecherche für Mediziner.

Literaturrecherche

Für medizinische Fachliteratur empfiehlt sich die Verwendung spezieller medizinischer Literaturdatenbanken. | CC0 Public Domain

Jeder Wissenschaftler steht bei der Erstellung eigener wissenschaftlicher Studien auf den Schultern von Riesen, will heißen, seine eigene Arbeit baut auf dem auf, was tausende andere vor ihm erforscht und bestimmt haben. Und die Erkenntnisse, die er aus seinen Forschungen zieht, müssen im Kontext bereits vorliegender Befunde bestehen. Doch wie findet man geeignete Literatur für seine Arbeit?

Literaturrecherche

Wie so vieles ist auch die Literaturrecherche mittlerweile im Wesentlichen internetgestützt. Ein erster Zugang ist die Literatursuche mithilfe klassischer Suchmaschinen wie Google oder Bing, die allerdings zu sehr unspezifischen Suchergebnissen führt. Eine deutliche Verbesserung stellt hier schon die Verwendung von Google Scholar dar, bei der die Suche auf wissenschaftliche Literatur beschränkt ist.

Für medizinische Fachliteratur empfiehlt sich allerdings die Verwendung spezieller medizinischer Literaturdatenbanken. Die wahrscheinlich bekannteste und am meisten genutzte dieser Datenbanken ist PubMed. PubMed wird von der US National Library of Medicine und dem National Institutes of Health betrieben. Sie umfasst ausschließlich englischsprachige Literatur. Zudem ist sie fokussiert auf den angelsächsischen Raum, was in Hinblick auf die Betreiber auch nicht verwundern kann. Obwohl sie sehr umfangreich ist, sind bei weitem nicht alle weltweit verfügbaren Journals darin enthalten. Neben ihrer schieren Größe macht diese Datenbank auch ihre Benutzerfreundlichkeit in der Bedienung so beliebt. So lassen sich sehr detaillierte Suchroutinen aufbauen und abspeichern, um sie zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu verwenden. Ein auf der Pub-Med-Seite verfügbares Video-Tutorial führt in einfacher Weise in die Verwendung der erweiterten Suchfunktionen von PubMed ein.

Eine weitere Datenbank, die jeder Mediziner kennen sollte, ist die Cochrane Library. Diese Datenbank umfasst Informationen von hoher Qualität, basierend auf Publikationsformen, die für evidenzbasierte Medizin unverzichtbar sind. Sie wird gepflegt von der Cochrane Collaboration, einem globalem unabhängigem Netzwerk von praktisch tätigen Ärzten, Forschern und Patientenfürsprechern [1]. Obwohl viele der dort verfügbaren Referenzen auch über PubMed auffindbar sind, empfiehlt sich eine separate Suche, da sie, anders als PubMed, kritisch geprüfte Inhalte und darüber hinaus auch Zitationen von primären Datenbanken bietet.

Für eine detaillierte Literatursuche empfiehlt sich somit der Einsatz mehrerer Datenbanken. Je nach Fragestellung ist die eine oder andere besser geeignet, wie der Artikel von Metzendorf et al. [2] eindrucksvoll zeigt.

Eine weitere bedeutende wissenschaftliche Datenbank ist Thomson Reuters Web of Science, die allerdings nicht frei zugänglich ist.

Bewertung wissenschaftlicher Journals und wissenschaftlicher Arbeit

Als Leser wird man schnell feststellen, dass es große Qualitätsunterschiede zwischen verschiedenen Zeitschriften gibt. Und als Autor wird man sich Gedanken machen, wie gut der eigene Artikel ist, um anhand dessen zu entscheiden, bei welcher Zeitschrift man seinen Artikel einreicht. Je höher das Renommee eines Journals, desto höher das Prestige einer Publikation, aber desto höher auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Artikel nicht zur Publikation angenommen wird und im Begutachtungsverfahren scheitert.

Der wahrscheinlich nach wie vor bedeutendste Indikator für das Renommee einer Zeitschrift ist der vom Thomson Reuters Web of Science ermittelte Impact Factor (IF). Der aktuelle IF berechnet sich wie folgt: Zitate im Jahr 2015 von Publikationen der Jahre 2013 + 2014 / Anzahl der Publikationen in2013 + 2014. Für ein noch nicht abgelaufenes Jahr kann es noch keinen IF geben. Der IF 2016 ist erst Mitte des Jahres 2017 verfügbar. Jede Zeitschrift ist einem bestimmten Themenbereich zugeordnet (z.B. «Hematology»), und die Journals werden gemäß ihrem IF in einer Rangliste eingestuft. Natürlich macht es nur Sinn, Zeitschriften eines Themenbereichs zu vergleichen. Der IF ist mittlerweile ein veritabler Wirtschafts- und Einflussfaktor: Bibliotheken orientieren sich bei der Auswahl ihres Zeitschriftensortiments am IF, Forschungsinstitutionen werden anhand des IF ihrer Publikationen bewertet, die Vergabe von Fördermitteln orientiert sich am IF, Wissenschaftler beurteilen die Qualität ihrer Publikationen anhand des IF und streben die Publikation in Journals mit möglichst hohem IF an.

Eine weitere Messgröße ist der sogenannte Hirsch-Index (h-Index). «Der h-Index ist eine Kennzahl für das weltweite Ansehen eines Wissenschaftlers in Fachkreisen. Die Kennzahl basiert auf bibliometrischen Analysen, d.h. auf Zitationen der Publikationen des Wissenschaftlers. Ein hoher h-Index ergibt sich, wenn eine erhebliche Anzahl von Publikationen des Wissenschaftlers häufig in anderen Veröffentlichungen zitiert ist» [3]. Der h-Index ist stark abhängig von der verwendeten Datengrundlage. Die gängige Datenbasis ist Thomson Reuters Web of Science, die allerdings den Nachteil hat, dass Buchbeiträge nicht erfasst werden, was je nach Forschungsschwerpunkt ein schwerwiegender Nachteil sein kann. Auch andere Datenbanken wie Scopus oder soziale wissenschaftliche Netzwerke wie ResearchGate oder Mendeley operieren mit einem h-Index.

Literatur

1 Timmer A, Richter B: Systematische Übersichtsarbeiten zu Fragen der Therapie und Prävention: Eine Einführung in Frage und Antwort. Teil 4 – Cochrane und die Cochrane Collaboration. Arzneimitteltherapie 2008;26:376–379.

2 Metzendorf M-I, Schulz M, Braun V: All information is not equal: using the literature databases PubMed and the Cochrane Library for Identifying the evidence on granulocyte transfusion therapy. Transfus Med Hemother 2014;41:364–374.

3 Wikipedia: h-Index. https://de.wikipedia.org/wiki/H-Index (Zugriff 02.03.2017).


Kontaktadresse:
Dr. Sven Riestenpatt, Projektmanagement & Editorial Office Transfusion Medicine and Hemotherapy / Obesity Facts, S. Karger Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH, Wilhelmstraße 20a, 79098 Freiburg, Deutschland, s.riestenpatt@karger.com.

Mit Bezug auf den ersten Beitrag dieser Reihe zum wissenschaftlichen Publizieren (Karger Kompass Dermatol 2017;5:34–37) möchten wir auf Angebote von Einrichtungen und Universitäten sowie Arbeitskreisen diverser Gesellschaften hinweisen, die entsprechende Kurse durchführen.

Alle Artikel aus der neuen Rubrik "DermaCampus" von KARGER KOMPASS DERMATOLOGIE können hier kostenfrei heruntergeladen werden.

"DermaCampus"

KARGER KOMPASS DERMATOLOGIE stellt den «DermaCampus» vor – eine Rubrik, die dezidiert den Belangen junger Fachärzte und Weiterbildungsassistenten gewidmet ist. Sie gibt der jungen Ärzteschaft eine Plattform, um ihre Anliegen zu formulieren, aber auch um Wissen zu vermitteln und Hilfestellung in beruflichem und wissenschaftlichem Kontext zu geben: Zu Wort kommen die Jungmediziner in fachspezifischen Darstellungen, berufspolitischen Auseinandersetzungen sowie mit aktuellen Projektvorstellungen.

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