Jäger erklärte zu Beginn des Vortrages seine persönliche Motivation, die ihn dazu brachte, dieses spezielle Fachgebiet zu wählen: Der Assistenzarzt ist selbst Vater zweier Töchter und fühlte sich hilflos, als diese einmal krank waren und die Diagnose und Therapie sich als schwierig herausstellten. Jäger: "Da haben meine Frau und ich beschlossen: Einer von uns muss Kinderarzt werden, damit wir nie wieder in eine solche Situation kommen."
Eine der größten Herausforderungen in der Pädiatrie sei die Diagnosestellung ohne die Möglichkeit, die Patienten nach Symptomen und Befindlichkeit fragen zu können. "Kinder sind eben doch wesentlich mehr als 'kleine Erwachsene'", sagte Jäger. Erfahrungen aus der "Erwachsenenmedizin" können keinesfalls einfach auf die Pädiatrie übertragen werden.
Die Kommunikation der verschiedenen Behandelnden sei daher enorm wichtig, vor allem auch bei der Übergabe der Patienten zwischen Notfallruf und Notfallteam sowie zwischen präklinischer Versorgung und Klinik. Die erste Diagnose und die bereits vorgenommenen initialen Therapien müssen zwischen übergebendem und übernehmendem Arzt genau abgestimmt werden. „Oft hört man als erste Info beispielsweise 'hier ist ein dreijähriges Mädchen mit Fieberkrampf und respiratorischer Erschöpfung. Es wird vielleicht noch durch den Notarzt intubiert, wir treffen in circa fünf Minuten ein'. Hier sind noch viele Eventualitäten im Spiel", sagte Jäger.
Notfälle mit Kindern immer eine besondere Situation
Fünf Prozent der präklinischen Notfalleinsätze sind pädiatrische Notfälle, die häufigsten Indikationen respiratorische Störungen, Krampfanfälle und Traumata. Unter Notfallmedizinern sind Einsätze mit Kindern die „gefürchtetsten". Sie verweisen Polytraumata, geburtshilfliche Notfälle, Massenanfälle und weitere auf die Plätze. Die richtige Einschätzung von Alter und Gewicht sind wichtige Faktoren, ebenso sind Wärmeverluste ein Problem, da Kinder mit Kälte wesentlich schlechter umgehen können als Erwachsene. Letztere haben eine Neutraltemperatur von 28 Grad Celsius, können aber noch bei einer Körpertemperatur von einem Grad überleben (Kritsche Temperatur). Bei Kindern sieht es anders aus: Termingeborene haben eine Neutraltemperatur von 32 Grad Celsius, die kritische Temperatur liegt bereits bei 23 Grad Celsius. Bei Frühgeborenen liegt die Neutraltemperatur bei 34 Grad Celsius, die kritische Temperatur bei 28 Grad Celsius.
Jäger empfahl, Erfahrungen zu sammeln und Hilfsmittel zu entdecken, die bei Notfällen mit Kindern hilfreich sein können. Es gibt beispielsweise Apps zur Ermittlung der Medikamentendosis für Kinder. Hier kann der Arzt Alter, Gewicht und Größe des Patienten eingeben und die App errechnet die korrekte Dosis für verschiedene Arzneimittel. Als einen weiteren Tipp empfahl Jäger die intranasale Applikation von Medikamenten. Außerdem müsse man sich weitere Hilfsmittel zulegen, um altersgerechte, alternative Behandlungsmethoden beim Einsatz immer griffbereit zu haben.
Quelle: Maximilian Jäger, Assistenzarzt der Abteilung für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin an der Kinder- und Jugendklinik des Marienhospitals Witten: Pädiatrische Notfälle, Operation Karriere Kongress Bochum, 3. Dezember 2016.