Experten teilten ihre Erfahrungen zur Weiterbildung bei der Podiumsdiskussion des Operation Karriere-Kongresses 2015 in Berlin. Die Experten aus verschiedenen Kliniktypen und Privatpraxen gingen ausführlich auf die Vorbereitung zur und den Ablauf der Ärztlichen Weiterbildung ein. Gleichzeitig zeichneten sie ein Bild ihrer jeweiligen Einrichtung und deren Besonderheiten.
Was wird von Bewerbern erwartet- worauf ist zu achten?
Dr. Annette Güntert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Bundesärztekammer und Leiterin des Dezernats Ärztliche Aus- und Weiterbildung, Berlin:
"Die Medizin ist ein Erfahrungsfach. Es ist in Ordnung, erst einmal ein bis zwei Jahre in eine Fachrichtung hineinzuschnuppern. Über 80 Prozent sind woanders gelandet, als sie es vorher geplant hatten. Man muss den Zufall zulassen!
Zu Beginn sollte man sich die Bestimmungen in der Weiterbildungsordnung anschauen, um rechtzeitig alle notwendigen OPs bzw. Untersuchungen und Pflichtzeiten zu absolvieren. Aber: man sollte nicht zu "deutsch" herangehen, sondern auch links und rechts schauen, ein halbes Jahr hier und da in einer anderen Disziplin Erfahrungen sammeln.
Die Weiterbildungsordnung der jeweiligen Landesärztekammer gilt, ohne die gelisteten Zeiten und Untersuchungen ist die Anmeldung zur Prüfung nicht möglich. Fordern Sie ein volles Akademikergehalt ein! Dieses wird nicht immer tarifgerecht gezahlt. Stehen Sie für sich selbst ein, selbstbewusste Menschen sind beliebt bei den Chefs. Wer für das eigene Recht kämpft, der kann auch für andere kämpfen."
Der erste Eindruck des Bewerbers ist enorm wichtig. Fordern sie nicht ausschließlich: 'Was können Sie mir bieten?' Falls sich die Beteiligten auf Sonderregelungen einigen können, sollte diese unbedingt schriftlich im Vertrag festgehalten werden.
Allgemeinmediziner müssen alle neuen Erkenntnisse der Medizin kennen, um die richtigen Diagnosen stellen zu können und ggf. zum Spezialisten zu überweisen. Das Grundrüstzeug müssen sie dazu ordentlich beherrschen, über alles Weitere zumindest auch grundsätzlich Bescheid wissen.
Die Koordinierungsstellen Allgemeinmedizin helfen bei allem weiter."
Dr. med. Eric Hilf, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin III: Geriatrie, Sana Klinikum Lichtenberg, Berlin:
"Bewerber aus anderen Bereichen als für die ausgeschrieben Stelle sind durchaus willkommen, der Lebenslauf muss nicht von A - Z auf eine bestimmte Fachrichtung hinauslaufen. Der Schwerpunkt in den meisten Job-Gesprächen ist mittlerweile die Weiterbildung. Bei diesem Punkt werden alle Beteiligten aktiv und wach.
Was ist der größte Unterschied zwischen einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung und einer Uniklinik? Das Sammeln von Erfahrung bei der Diagnostik und Ultraschall-Untersuchungen etc. dauert in großen Häusern länger, bei weniger Personal ist es leichter, bei entsprechender Eigeninitiative relativ früh Untersuchungen durchzuführen."
"Stichwort Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Viele Krankenhäuser haben Programme dafür, sie kommen mittlerweile gar nicht mehr drum herum. Fragen Sie konkret nach im Bewerbungsgespräch. Wie sieht es mit Überstunden und Diensten aus?"
Dr. med. Rupert Fischer-Lampsatis, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Geriatrie, Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe, Berlin:
"Bei der Vorstellung sollten die Bewerber einen ganzen Tag in der Klinik hospitieren. So kann man den Alltag in der Klinik erleben und den Umgang der Mitarbeiter untereinander kennen lernen.
"Die Rolle des konfessionellen Krankenhauses von den anderen abzugrenzen, ist schwierig. An erster Stelle steht das Ziel der Krankenbehandlung, die wertebetont erfolgt. Der Patient steht immer im Fokus, nicht die finanziellen Interessen des Krankenhauses.
Die Mitarbeiter sind nicht konfessionell gebunden, aber alle haben das gleiche Wertesystem. Auch im Bezug auf die Patienten spielen die soziale und persönliche Situation eine Rolle, in gewissem Maße auch die spirituelle Komponente. Der größte Unterschied für die Angestellten in einem spirituellen Krankenhaus besteht wohl im Gefühl des 'Aufgehobenseins."
Dr. med Wolfgang Blank, Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin, Gemeinschaftspraxis im Bayerwald, Kirchberg im Wald:
"Ich spreche zu Ihnen als das unbekannte Wesen niedergelassener Arzt. Im Studium wird diese Möglichkeit nicht wirklich abgedeckt. Es ist Ihre Pflicht, sich zu erkundigen: Was gibt es alles im niedergelassenen Bereich? Um einen schnellen Einblick zu erlangen, kann man zum Beispiel bei niedergelassenen Kollegen, die man kennt, ein Praktikum absolvieren.
Es ist die eigene Verantwortung des Arztes in Weiterbildung, in den fünf Jahren dafür zu sorgen, dass man einen Plan hat und weiß, was man innerhalb dieses Zeitraumes lernen will. Man muss eine Ahnung entwickeln, was sowohl in der Klinik als auch in der Praxis passiert."