Was wünschen sich die Kongressteilnehmer von dem Workshop zum Thema Karrierewege? Um auf die Fragen und Bedürfnisse seines Publikums eingehen zu können, fragte Pfaff als erstes die Erwartungen des Publikums ab. Dabei stellte sich heraus: Die meisten wünschten sich einen Überblick über die Vielzahl an Möglichkeiten, die sich frischgebackenen Ärzten bieten. Doch auch viele Teilbereiche dieses Überthemas stießen auf Interesse:
- Freiberuflichkeit
- Job-Sharing
- Weiterbildung in der Praxis
- Weiterbildung im Krankenhaus
- Work-Life-Balance, Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Interimstätigkeit, Zeitarbeit, Honorartätigkeit
- Vor- und Nachteile der Anstellung in MVZs
- Schritte in die eigene Praxis
Im Verlauf des Workshops versuchten Pfaff und seine Kollegin Diana Wittmer, Beraterin für selbstständige Heilberufe, auf die meisten dieser Themen einzugehen.
Keine Angst vor Arbeitslosigkeit
Als Einstieg machte Pfaff den frischgebackenen Absolventen Mut: "Sie haben viel studiert, hart gearbeitet und haben viele Möglichkeiten. Die Voraussetzungen sind gut und wir unterstützen Sie, damit Sie die richtige Berufsentscheidung treffen können". Als Arzt müsse man keine Angst vor Arbeitslosigkeit haben. Er kenne keine arbeitslosen Ärzte, erklärte Pfaff und forderte seine Zuhörer auf: "Nutzen Sie diese gute Ausgangslage, um Erfahrungen zu sammeln und herauszufinden, was für Sie das Richtige ist!"
Generell könne man seine Berufslaufbahn sowohl in einer Klinik als auch in einer Praxis beginnen. "Fast 90 Prozent der frisch approbierten Ärzte fangen allerdings in einem Krankenhaus an", verriet Pfaff. Er riet allen, die selbst eine Praxis gründen wollen, die letzten Schritte der Facharztweiterbildung in einer Praxis zu absolvieren, um dort Erfahrungen zu sammeln. Die Frage, ob man sich in einer Stadt oder auf dem Land niederlassen solle, sei Geschmackssache – grundsätzlich könne es hilfreich sein, beide Varianten auszuprobieren.
Der klassische Karriereweg im Krankenhaus laufe über die Stufen Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt, Leitender Oberarzt (mit Führungsverantwortung für Mitarbeiter) und Chefarzt. Wer so weit nach oben gekommen sei, müsse sich allerdings auf viele Reisetätigkeiten und Umzüge einstellen: Als Chefarzt bleibe man nicht an einem Standort, erklärte Pfaff.
Uniklinik oder kommunales Krankenhaus?
Allerdings komme es stark darauf an, in was für einem Krankenhaus man arbeite: Es gebe große Unterschiede zwischen öffentlichen Krankenhäusern, Unikliniken, Krankenhäusern in privater Trägerschaft und freigemeinnützigen Krankenhäusern. Wer eine universitäre Karriere anstrebe, sollte natürlich an eine Uniklinik gehen, riet Pfaff. Allerdings müsse man sich darüber klar sein, dass die Forschungsarbeit zu 90 Prozent außerhalb der Arbeitszeit erledigt werde. Wer keine akademische Karriere anstrebe, sollte sich daher lieber einen anderen Arbeitgeber suchen.
Und wie sieht es mit dem Gehalt aus? Für Assistenzärzte gebe es da wenig Verhandlungsspielraum außerhalb des Tarifvertrags, erklärte Pfaff. Allerdings schade es nichts, Punkte anzusprechen, die einem wichtig seien. Als Oberarzt habe man dann später bessere Möglichkeiten: "Gehalt, Urlaubstage und Reisetätigkeiten gehören zur Verhandlungsmasse. Wenn Sie da fünf Forderungen haben, können Sie in der Regel drei bis vier davon durchsetzen", erklärte der Berater.
Seit einigen Jahren lasse sich ein Trend hin zu mehr Angestelltenverhältnissen und weniger Niederlassungen beobachten, verrieten Pfaff und Wittmer. Vor allem Frauen wechseln häufig während der Facharztweiterbildung ihre Meinung zu dem Thema: Während sie noch am Anfang der Facharztweiterbildung eher in Richtung Niederlassung tendieren, sei für viele später doch die Anstellung das Ziel.
Allerdings gebe es zum Thema Niederlassung oft falsche oder fehlende Informationen. Die apoBank wolle da Orientierung bieten. "Niemand wird als perfekter Chef geboren", beruhigte Wittmer, "und auch im Studium kommt das Thema oft zu kurz". Deshalb sei es wichtig, sich gut beraten zu lassen.
Anstellung oder Selbstständigkeit?
Wittmer und Pfaff stellten die Vor- und Nachteile von Anstellungsverhältnis und Selbstständigkeit gegenüber: Als Angestellter habe man keine unternehmerische Verantwortung, ein festes Gehalt und halbwegs planbare Arbeitszeiten. Als Selbstständiger sei man sein eigener Chef und profitiere von der Entscheidungsfreiheit: So müsse man nicht mehr im Schichtdienst arbeiten, sondern könne seine Arbeitszeit selbst festlegen. Außerdem könne man in der eigenen Praxis auch ein deutlich höheres Einkommen erzielen.
Auch aus MVZs höre man häufig Positives, was die Arbeitssituation betreffe, verriet Pfaff. So sei der Kontakt zu den Vorgesetzten und Kollegen dort häufig enger als in einer Klinik. Der bessere Austausch mit erfahreneren Kollegen sei vor allem in der Weiterbildung ein Pluspunkt: Hier profitiere man davon, dass in einem MVZ Ärzte verschiedener Fachrichtungen eng zusammenarbeiten.
Als Argument gegen eine Selbstständigkeit werde häufig an erster Stelle das finanzielle Risiko genannt. Allerdings konnten die Experten da beruhigen: Man brauche für eine Praxisgründung kein Eigenkapital, die Zinsen seien steuerlich absetzbar. Ärztliche Insolvenzverfahren gebe es nur selten: Dann seien meistens Schicksalsschläge wie Scheidungen, schwere Krankheiten oder Todesfälle der Grund. Pfaff und Wittmer rieten daher dazu, die Risiken von einem Unternehmensberater gründlich durchleuchten zu lassen.
Ihr Fazit lautete daher: Sich nicht nur auf das Bauchgefühl verlassen, sondern sich vor der Entscheidung für einen bestimmten Karriereweg gut informieren – denn es sei schwierig, aus dem Bauch heraus die richtige Entscheidung zu treffen, wenn die wesentlichen Informationen fehlen.
Quelle: Operation Karriere München, 5.7.2019, Workshop "Karrierewege – Möglichkeiten der Berufsausübung", Mirko Pfaff, Dipl.-Kaufmann, Berater angestellte Heilberufe, und Diana Wittmer, Beraterin selbstständige Heilberufe, München.