Hier eine kurze Nase, die an einer riesigen Tasse mit Kaffee schnuppert, dort eine spitze Nase, die an einem Brathähnchen riecht. Daneben eine lange Nase, die den deftigen Geruch einer Currywurst-Pommes-Mahlzeit einatmet. Mit Mayo und Ketchup versteht sich. Bilder von Nasen, wohin man auch schaut, gemalt von einer Berliner Schulklasse für die Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Station des Vivantes-Klinikums Friedrichshain in Berlin.
Reges Treiben am Morgen
Und hier herrscht schon am frühen Morgen reges Treiben: Ein Patient wird aus dem Zimmer zu seiner OP geschoben, eine andere Patientin hat ihre OP schon überstanden und kommt – noch etwas benebelt – zurück auf die Station. Viele Patienten sitzen auf dem Gang und warten auf ihre Untersuchung.
In der Klinik liegt der Schwerpunkt der HNO auf dem operativen Bereich: Mikrochirurgische Operationsverfahren im Bereich des Mittel- und Innenohrs, der Nasennebenhöhlen und des Kehlkopfs gehören zu den etablierten Behandlungsmethoden.
Hohe Durchlaufszahlen
„Wir haben jeden Tag zehn bis 15 Aufnahmen. Der Durchlauf ist also wirklich hoch, auch weil Patienten in der Regel nur drei bis vier Tage bleiben“, erzählt Sven Holleck-Weithmann, der sich im letzten der fünf regulären Weiterbildungsjahre im Fach HNO befindet. In vier Wochen will sich der 36-Jährige zur Facharztprüfung anmelden.
Vor allem die Sinnesorgane des Hörens, Gleichgewichts, Schmeckens und Riechens, aber auch die zur Stimm- und Sprachbildung sowie zum Schlucken notwendigen Organe und Strukturen liegen im Zuständigkeitsbereich der HNO-Ärzte. Sie kümmern sich um vielfältige Funktionsstörungen im Bereich des Kopfes, Halses, im Kehlkopf und im Rachen sowie Erkrankungen im Bereich der oberen Atemwege. Allergische Erkrankungen sind ebenfalls Teilbereiche der HNO.
Stationärer Bereich: Schwerpunkt liegt auf Chirurgie
Im stationären Bereich liegt der Schwerpunkt allerdings auf der Chirurgie, wie Holleck-Weithmann erklärt. Dabei treten mikrochirurgische Operationsverfahren immer mehr in den Vordergrund, insbesondere im Bereich der Mittel- und Innenohrchirurgie, der Nasen- und Nasennebenhöhlenchirurgie mittels Endoskopie und der Kehlkopfchirurgie. Plastisch chirurgische Eingriffe im Gesichtsbereich, bei Ohrmuschelfehlstellungen und Deformitäten der äußeren Nase gehören heute in der HNO-Heilkunde zu den etablierten Behandlungsmethoden, ebenso wie die Tumorchirurgie des Halses und der Mundhöhle.
So fängt der heutige Tag für Holleck-Weithmann auch mit einer OP an. Sein 18-jähriger Patient hat sprichwörtlich die Nase voll. Seit der Kindheit kann er schlecht atmen. Befund: Septumdeviation (Nasenscheidewandverkrümmung) sowie Muschelhyperplasie beidseitig. Der Leidensdruck war so groß, dass die Ärzte ihm zu einer Septumplastik mit Conchotomie geraten haben.
Vielen kann schnell gehofen werden
Nach etwas weniger als einer Stunde hat der junge Patient die Operation überstanden. Die Chancen, dass er in Zukunft frei durch die Nase atmen kann, stehen gut. Das ist für den Assistenzarzt eine der schönsten Seiten seiner Fachrichtung. „Natürlich gibt es auch im HNO-Bereich Schwerkranke, aber vielen Patienten kann man innerhalb kurzer Zeit wirklich helfen und sie oft sogar geheilt nach Hause entlassen“, sagt er.



Und dann eilt er schon weiter. Ein Stockwerk höher werden Audiountersuchungen und Gleichgewichtstests durchgeführt, aber auch sogenannte Konsilpatienten behandelt. Auch heute braucht ein Kollege den Rat eines HNO-Arztes.
Mehrere Symptome gleichzeitig
Der Patient, ein 75-jähriger Mann, wurde wenige Tage zuvor mit neurologischer Symptomatik eingeliefert. Verdachtsdiagnose: Stammhirn-TIA (transistorisch-ischämische Attacke). Da der Patient jedoch über Schwerhörigkeit und Rauschen im linken Ohr klagt, beschlossen die Ärzte auf der Überwachungsstation, ihn bei einem HNO-Arzt vorzustellen, um Gleichgewichtsstörungen auszuschließen.
„So übel war es mir in meinem ganzen Leben noch nicht“, sagt Werner L., kaum hat er Platz auf dem roten Untersuchungsstuhl genommen. Holleck-Weithmann fragt ganz ausführlich alle Symptome ab und ordnet eine Hörprüfung (Audiometrie) sowie eine Untersuchung des Gleichgewichtssinns (Vestibularisdiagnostik) an.
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