Gynäkologie: Hier ist die ganze Frau gefragt!

„Die weiblichste Fachrichtung der Medizin“ stellte Dr. Elke Schulmeyer auf dem Operation Karriere-Kongress in Frankfurt vor: „Zu 90 Prozent arbeiten Ärztinnen in diesem Bereich – die Patienten sind zu 100 Prozent Frauen“. Doch auch die Rolle der Männer hat sich in der Gynäkologie gewandelt.

Dr. Elke Schulmeyer, Chefärztin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Main-Kinzig-Kliniken, Gelnhausen

Dr. Elke Schulmeyer beschrieb die Besonderheiten des Fachbereichs Gynäkologie: "Routine und Extremsituation liegen dicht beieinander". | Stefanie Hanke

„Auf der Geburtsstation liegen heute auch sehr viele Männer“, überraschte Schulmeyer das Publikum schon am Anfang ihres Vortrags: „Das sind die Väter, die ihre Partnerinnen unterstützen und wenn nötig auch über Nacht bleiben.“ Denn bei der Gynäkologie und besonders der Geburtshilfe gehe es vor allem darum, Frauen in extremen Lebenssituationen zu begleiten.

Vertrauen, Liebe, Zuwendung

Der natürliche Ablauf einer Geburt habe sich seit Jahrtausenden nicht verändert. Die wichtigste Aufgabe der Gynäkologin sei es dabei, der Frau Vertrauen, Liebe und Zuwendung zu geben. Bis in die 60er Jahre hinein sei es üblich gewesen, ein Kind zu Hause zu bekommen – heute sei das eher selten. Denn eine Geburt in der Klinik helfe, die Kindersterblichkeit deutlich zu reduzieren. „Geburtshilfe ist Handarbeit – man braucht viel Zeit, das zu lernen“, erklärte Schulmeyer.

Der Arbeitsalltag in der Gynäkologie wird sehr stark von der Geburtshilfe geprägt. Weil die meisten Spontangeburten nachts stattfinden, gehöre der Nachtdienst bei der klinischen Tätigkeit unbedingt dazu. Da eine Geburt auch mal länger als 18 Stunden dauern könne, sei auch von den Ärzten ganzer Einsatz gefordert.

Ein chirurgisches Fach – mit Routine und Extremsituationen

Doch in der Gynäkologie gibt es noch viel mehr als Geburtshilfe: Auch die Behandlung von Brustkrebs und Eileiterschwangerschaften, Aborte, Pränatale Diagnostik und Reproduktionsmedizin fallen in dieses Fachgebiet. „Die Gynäkologie ist vor allem auch ein chirurgisches Fach“, bemerkte Schulmeyer – große und kleine Eingriffe seien an der Tagesordnung. Man sei nicht nur am Anfang des Lebens dabei, sondern häufig auch am Ende – sei es bei der Betreuung von schwer kranken Brustkrebspatientinnen oder bei der Begleitung von Frauen, die ihr Baby pränatal oder direkt nach der Geburt verlieren. „In der Gynäkologie liegen Routine und Extremsituation eng beieinander – hier geht es schnell von 0 auf 100, sowohl in Bezug auf die Arbeitsbelastung als auch emotional“, fasste Schulmeyer zusammen.

Das sei eine der besonderen Herausforderungen des Faches. Die Gynäkologie biete aber auch viele Chancen: So gebe es die Möglichkeit, sich später in einer eigenen Praxis niederzulassen oder sich auf ein bestimmtes Gebiet zu spezialisieren. Außerdem locke die Frauenheilkunde auch an Kliniken mit guten Teilzeitmodellen und einem fairen, interdisziplinären Arbeiten im Team. Wegen des hohen Frauenanteils sei das Zusammenarbeiten hier anders als in anderen Fachbereichen, beschrieb die Gynäkologin: "Frauen arbeiten anders miteinander, Frauen führen auch anders".

Die Weiterbildung zum Facharzt für Gynäkologie dauert – wie in anderen Fachrichtungen auch – 60 Monate. In dieser Zeit gebe es viel zu lernen, so das abschließende Fazit von Schulmeyer: „Wichtig ist, dass man in dieser Zeit versteht, was man mit Liebe für die Frauen tun kann. Die abgeleisteten OP-Stunden spielen dagegen eine untergeordnete Rolle“.

Operation Karriere Frankfurt, 03.02.2018. „Gynäkologie und Geburtshilfe - hier ist die ganze Frau gefragt“, Dr. Elke Schulmeyer, Chefärztin an der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Main-Kinzig-Kliniken, Gelnhausen

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