In seinem Vortrag „Anästhesie – was sonst?!“ auf dem Operation Karriere Kongress 2015 in Köln zeigte Referent Dr. med. Ingo Störmer, Facharzt für Anästhesie, zurzeit tätig für Ärzte ohne Grenzen e.V., Berlin, wie vielfältig sein Fachgebiet ist und welche Möglichkeiten und Freiräume es bieten kann.
Unterschätztes Fachgebiet
Viele – und auch bei ihm selbst sei dies so gewesen – hielten die Anästhesie während ihres Medizinstudiums für uninteressant. In den Augen vieler Studierender sei der Anästhesist in seinen Aufgaben sehr eingeschränkt und in der Hauptsache dafür verantwortlich, einen Patienten stabil zu halten, während andere operierten.
Die Arbeit im OP-Saal mache in Wirklichkeit nur einen Teil des Aufgabenbereiches eines Anästhesisten aus, erklärte Störmer. So würden Anästhesisten auch in der Intensivmedizin gebraucht, ebenso wie in der Notfallmedizin oder in der Schmerztherapie.
„Angewandte Physologie“
„Anästhesie ist angewandte Physiologie gepaart mit Pharmakologie“, umriss Störmer sein Fachgebiet. Dessen müsse sich jeder bewusst sein, der sich für eine Ärztliche Weiterbildung in der Anästhesie entscheide. Wer bereits während des Studiums feststelle, dass diese beiden Fächer nicht nicht zu seinen Lieblingsfächern zählten, sollte sich besser für eine andere Weiterbildung entscheiden, so Störmer.
Man müsse sich, um auf diesem Fachgebiet gut zu sein, ein breites Wissensspektrum anlegen. „Sie haben es mit den unterschiedlichsten Patienten und Herausforderungen zu tun: Schwangere, Kinder, Menschen mit Co-Morbidität“, erläuterte Dr. Störmer. Das verlange zum einen Empathie und zum anderen eine kontinuierliche Lernbereitschaft, um auf unterschiedlichste Konstellationen vorbereitet zu sein.
Ebenso benötige man Teamgeist, so Störmer weiter, denn heutzutage arbeite man interdisziplinär. Gleichzeitig werde von Anästhesisten die Fähigkeit erwartet, schnelle und korrekte Entscheidungen zu treffen, vor allem in der Notfallmedizin. Dort komme es vor allem darauf an, in Standardsituationen Eingeübtes auch an den ungewöhnlichsten Orten unter extremen Bedingungen routiniert anwenden zu können.
Gleich acht Gründe, Anästhesist zu werden zählte Dr. Störmer in seinem Vortrag auf:
1. Man arbeitet in einem dauerhaft interessanten Fach
2. Es gibt innerhalb der Anästhesie vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten
3. Anästhesisten üben ihre Profession in einem angenehmen Arbeitsumfeld aus
4. Zur Ausbildung gehört die frühe Übernahme von Verantwortung
5. Auf Anästhesisten wartet „relativ wenig Schreibkram“, der teilweise während der Arbeit erledigt werden kann
6. Der Fachbereich der Anästhesie ist immer und überall gefragt, auch im Ausland
7. Durch die hohe Nachfrage ist Teilzeitarbeit problemlos organisierbar
8. Eine Unterbrechung der Karriere ist ohne Probleme möglich.
Flexible Arbeitszeitmodelle möglich
Was die Unterbrechung der Karriere bzw. die Teilzeitarbeit anbelange, biete die Anästhesie mehr Möglichkeiten und Flexibilität als andere Fachrichtungen, so Störmer. So habe er derzeit eine Halbtagsstelle an einer Klinik, die es ihm ermögliche, mehrere Monate in Vollzeit zu arbeiten, um sich das restliche Jahr für sein humanitäres Engagement freistellen zu lassen. Die Anästhesie biete darüber hinaus sehr gute Möglichkeiten, eine Zeit lang im Ausland zu arbeiten, da Spezialisten auf diesem Gebiet weltweit gefragt seien.
Facharztausbildung Anästhesie
Die Facharztausbildung zum Anästhesisten dauert insgesamt mindestens 60 Monate. Bereits nach 24 Monaten ist eine Zusatzweiterbildung im Bereich der Notfallmedizin möglich. 12 Monate vor Abschluss der Ausbildung kann mit der Zusatzweiterbildung Intensivmedizin begonnen werden, die insgesamt 24 Monate dauert.
Quelle: „Anästhesie – was sonst?!“, Dr. med. Ingo Störmer, Facharzt für Anästhesie, Vortrag Facharzt Podium I, Operation Karriere Kongress 2015 Köln.