Die ärztliche Rufbereitschaft

Vorbei ist die Zeit von „aktiver“ und „passiver“ Bereitschaft und anderen Bezahlmodellen für die Rufbereitschaft. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Februar 2018 schafft Klarheit.

Erhält man in der Rufbereitschaft einen Anruf, muss es oft schnell gehen. | oneinchpunch/stock.adobe

Im Unterschied zum Bereitschaftsdienst, den man im Klinikum verbringt, muss man bei einer Rufbereitschaft nicht am Arbeitsplatz anwesend sein. Man kann Einkäufe erledigen, die Zeit auf dem Sofa verbringen, sprich seinen Tag frei einteilen. Einzige Voraussetzung: Man muss für den Arbeitgeber erreichbar sein, um auf Abruf die Arbeit aufnehmen zu können.

Lange war die Bezahlung der Rufbereitschaft eine Grauzone. Wie ist sie vom Bereitschaftsdienst abzugrenzen? Welche Beiträge werden gezahlt? Ist die Rufbereitschaft für Ärzte und Ärztinnen gesetzlich verpflichtend? Zumindest, was die arbeitsrechtliche Einordnung betrifft, schafft das Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Februar 2018 Klarheit.  

Feuerwehrmann aus Belgien klagt

Geklagt hatte ein Feuerwehrmann aus Belgien, der pro Monat eine Woche im Bereitschaftsdienst war. In dieser Zeit musste er abends und an den Wochenenden innerhalb von acht Minuten einsatzbereit sein, was es ihm praktisch unmöglich machte, einer anderen Tätigkeit nachzugehen. Seine Rufbereitschaft wurde nicht entlohnt. Der Mann klagte sich seit dem Jahr 2009 durch alle Instanzen, im Februar 2018 haben die EU-Richter aus Brüssel ihm Recht gegeben: Ja, Rufbereitschaft ist Arbeitszeit. Und: Arbeitszeit muss entlohnt werden. 

Das Urteil ist auch für Ärztinnen und Ärzte relevant, denn auch sie können ihre Rufbereitschaft als Arbeitszeit geltend machen, wenn sie innerhalb von kurzer Zeit einsatzbereit sind. Dabei wurde im EU-Urteil nicht festgelegt, wie viele Minuten eine „kurze Zeit“ sind. Man kann aber davon ausgehen, dass bei Ärzten und Ärztinnen ähnliche Zeiträume gelten wie bei Feuerwehrleuten. So empfiehlt etwa die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, dass in der Gynäkologie und Anästhesie Rufbereitschaft als Arbeitszeit abgerechnet werden darf, wenn die Ärztinnen und Ärzte innerhalb von zehn Minuten im Krankenhaus sind. Gleiches gilt natürlich auch in die entgegengesetzte Richtung: Wenn man als Arzt oder Ärztin also nicht innerhalb von kurzer Zeit einsatzbereit ist, kann sich das Klinikum weigern, die Rufbereitschaft als Arbeitszeit anzuerkennen. 

Was wird gezahlt?

Eine gesetzliche Regelung über die Höhe der Vergütung gibt es nicht, ebenso wenig wie es eine gesetzliche Verpflichtung zur Rufbereitschaft gibt. Beides wird individuell mit dem Klinikum ausgehandelt und im Arbeitsvertrag festgelegt. In vielen Kliniken orientiert man sich hier am Entgeltkatalog. Neu ist, dass die Rufbereitschaft als Arbeitszeit vergütet werden muss. Deshalb lohnt sich der Blick in den eigenen und womöglich in die Jahre gekommenen Arbeitsvertrag, ob dies dort auch so festgelegt ist. 

Wie hoch ist das Gehalt eines Arztes? Was verdient ein Assistenzarzt während der Weiterbildung? Lohnt sich als Facharzt die Gründung einer Praxis? In dieser Rubrik gehts ums Geld.

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