Die Diplom-Psychologin Dr. Barbara Stein (Nürnberg) gab in ihrem Vortrag Tipps zum Umgang mit schwierigen Patienten und Kollegen. So gebe es beispielsweise einen nervigen Patiententypus, der immer wieder auftauche – den Besserwisser: Dieser Patient habe einen dicken Ordner mit Vorbefunden dabei, er habe seine Beschwerden schon bei Google gesucht und rede ohne Punkt und Komma. Gleichzeitig falle dieser Patient durch seine fordernde Haltung dem Arzt gegenüber auf, komme ständig zu spät und halte sich nicht an die ärztlichen Empfehlungen.
"So ein Patient löst negative Gefühle wie Ärger, Frust, Wut, Überforderung und Hilflosigkeit beim Arzt aus", erklärte Stein, "und Sie als Arzt bringen diese Gefühle dann unbewusst auch in die Kommunikation mit dem Patienten ein." Solche negativen Kommunikationsspiralen seien eine besondere Herausforderung für die Arzt-Patienten-Kommunikation – vor allem, weil der Patient vom Arzt subjektiv wahrgenommen und sein Verhalten von einem Kollegen mitunter ganz anders eingeschätzt werde.
Wichtig sei es daher, zu erkennen, dass die Schuld für eine schwierige Kommunikation nicht allein beim Patienten liege, mahnte Stein. Ein Patient könne beispielsweise psychische Vorbelastungen oder Auffälligkeiten haben, die seine Kommunikation prägen. Als Arzt müsse man sich das bewusst machen und seine Gesprächstechniken entsprechend anpassen.
Warum ist der Patient so schwierig?
Beim Umgang mit schwierigen Patienten helfe es auch, sich Gedanken über die Motive des Gegenübers zu machen: Konflikte entstehen meist, wenn die Grundbedürfnisse wie Anerkennung, Wertschätzung, Kontrolle, Bindung und soziale Beziehungen nicht erfüllt werden, erklärte Stein. In der speziellen Situation im Krankenhaus könne der Patient beispielsweise das Gefühl haben, keine Kontrolle über die Situation zu haben. Diese Angst vor dem Kontrollverlust äußere sich bei manchen Menschen wiederum durch eher aggressives Verhalten.
Um damit besser umgehen zu können, gab Stein ein paar Tipps: So sollte der Arzt während des Gesprächs auch immer wieder die Perspektive des Patienten einnehmen. Dazu hilft ein klar umgrenzter Gesprächskontext: Der Inhalt und das Ziel des Gespächs, aber auch der zeitliche Ablauf, sollten klar sein. Damit sich der Patient respektiert fühlt, sollte man ihn ausreden lassen und nicht zu früh unterbrechen. Wichtig ist es auch, immer wieder Pausen zu machen, um die Informationen sacken zu lassen.
Um mögliche Probleme des Patienten indirekt anzusprechen, riet Stein zu der so genannten tangentialen Gesprächsführung: So könne man auf Sätze wie: "Andere Patienten in ihrer Situation leiden unter..." zurückgreifen. Es sei außerdem hilfreich, Verständnis für die Situation des Patienten explizit zu äußern. Wenn sich beim Arzt negative Gefühle wie Frust und Ärger über das Verhalten des Patienten zeigen, helfen zwei Techniken aus der Psychologie: Bei der MM-Technik ("Meine Minute") schaut man eine Minute lang auf einen Punkt, sammelt sich und wird sich der Situation bewusst. Bei der 3-W-Technik (Warten, wundern, was kann ich tun?) nutzt man diese Zeit zusätzlich, um die Situation zu reflektieren. Das verzögert die Reaktion und schützt vor kontraproduktiven, impulsiven Handlungen.
Wie überbringt man schlechte Nachrichten?
Aber nicht nur ein schwieriger Patient bedeutet Stress für den Arzt. Dr. Frank Vitinius, Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie (Köln), sprach darüber, wie man schlechte Nachrichten am besten überbringt und verarbeitet. Dabei gehe es vor allem darum, den Stress für alle Beteiligten möglichst klein zu halten: Denn ab einem bestimmten Stresswert sinkt die eigene Aufnahmefähigkeit. Das gelte auch für die Patienten, erklärte Vitinius: Unter Stress erreichen die Informationen den Empfänger gar nicht mehr.
Vitinius riet den Ärzten dazu, zuerst die Diagnose zu übermitteln, bevor sie als Konsequenz die nötige Therapie erläutern. Für die Gesprächsführung empfahl er das so genannte SPIKES-Protokoll: Setting und aktives Zuhöhren, Patienten-Wahrnehmung, Informationswünsche, Kenntnisse, Exploration der emotionalen Reaktion, Strategie.
Wichtig sei vor allem, dass der Patient sich ernst genommen fühle – gerade auch bei heftigen Emotionen: So dürfe der Arzt Emotionen wie Wut oder Trauer nicht ignorieren, entwerten oder bagatellisieren. Der Patient erwarte Ehrlichkeit: Deshalb sei es auch falsch, um den heißen Brei herumzureden, Tatsachen zu leugnen oder sich sprachlich hinter technischen Details („Arztsprache“) zu verstecken.
Durch gute Vorbereitung und Strukturierung des Gesprächs lassen sich Eskalationen vermeiden und Klarheit und Orientierung für alle Beteiligten schaffen. Dabei müsse man auch die eigenen Gefühle im Blick behalten. Ein besonderes Augenmerk sollte auf folgenden Faktoren liegen, riet Vitinius:
- Wie viel Zeit habe ich zur Verfügung?
- In welchem Raum findet das Gespräch statt?
- Was ist mein Anliegen? Was ist das Anliegen meines Gesprächspartners?
- Was könnte schwierig werden?
- Die Aufnahmekapazität ist gerade in Aufnahmesituationen begrenzt!
- Gesprächsgeschwindigkeit sollte sich am Tempo des Patienten orientieren!
- Das Tempo lässt sich gegebenenfalls korrigieren.
- Die schwierigen Informationen sollten in kleinen Portionen vermittelt werden
- Der Arzt sollte sich ständig darüber vergewissern, ob der Patient ihn auch versteht
Quelle: Forum "Junge Internisten" auf dem DGIM-Kongress in Wiesbaden, "Soft Skills" für Internisten, 7. Mai, 8:30-9:30 Uhr