Ein Mangel an persönlicher Schutzkleidung hat nach der Analyse einer Tracking-App in Lancet Public Health das Risiko weiter erhöht.
Mehr als 2 Millionen Menschen aus Großbritannien und einigen Hotspots in den USA haben sich zu Beginn der Epidemie die „COVID Symptom Tracker“-App heruntergeladen. Dort konnten sie täglich angeben, ob sie Symptome von COVID-19 haben oder positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden. In fast 35 Millionen Personentagen wurden 5.545 positive Tests registriert, die ein Team um Andrew Chan vom Massachusetts General Hospital in Boston jetzt ausgewertet hat.
Im Vergleich zur Gesamtgruppe der Nutzer hatten sich die Pflegekräfte und Ärzte, die an der „Front“ der Patientenversorgung tätig waren, 11 Mal häufiger infiziert als die Gesamtgruppe. Die adjustierte Hazard Ratio von 11,61 (95-%-Konfidenzintervall 10,93 bis 12,33) zeichnet jedoch ein zu dramatisches Bild des Risikos, da das Gesundheitspersonal sich insgesamt häufiger testen ließ als andere.
Eine statistische Korrektur, die die Testhäufigkeit berücksichtigt, senkte die adjustierte Hazard Ratio auf 3,40 (3,37 bis 3,43), was noch immer ein 3 bis 4-fach erhöhtes Risiko angibt. Es betraf die Situation von Mitte März bis Mitte April, als es an den Kliniken in Großbritannien und den Epizentren in den USA vielfach an einer persönlichen Schutzausrüstung fehlte.
Für das Personal, das Patienten mit dokumentierter COVID-19 betreute, war das Risiko nach einer adjustierten Hazard Ratio von 4,83 (3,99 bis 5,85) noch deutlicher erhöht. Diese Zahl gilt für Personen mit einer persönlichen Schutzausrüstung. Wenn diese fehlte und das Personal improvisieren musste, war das Risiko um den Faktor 5,91 (4,53 bis 7,71) erhöht.
Für Personen, die Schutzausrüstung mehrfach verwendeten, ermittelt Chan eine adjustierte Hazard Ratio von 5,06 (3,90 bis 6,57). Nach einer anderen Analyse erhöhte die Wiederverwendung der Schutzausrüstung das Infektionsrisiko um 46 % (adjustierte Hazard Ratio 1,46; 1,21 bis 1,76). Bei einem inadäquaten Schutz war es um 31 % (adjustierte Hazard Ratio 1,31; 1,10 bis 1,56) erhöht.
Da die Analysen auf freiwilligen Angaben in einer App beruhen, sind sie nicht frei von Verzerrungen und auch nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Sie dürften allerdings ein Schlaglicht auf das erhöhte Risiko des Gesundheitspersonals werfen, das Patienten mit COVID-19 betreut.
Das Risiko war in stationären Einrichtungen am höchsten, gefolgt von Pflegeheimen und der ambulanten Betreuung. Die Studie bestätigt zudem, dass (vor dem Hintergrund des britischen Gesundheitswesens) Angehörige der ethnischen Minderheiten (BAME „Black, Asian and minority ethnic“) auch unter dem Klinikpersonal ein höheres Risiko hatte, als die „weiße“ Mehrheit.