Das Introduktionsjahr, so nennt man das erste Jahr der Facharztweiterbildung in Dänemark, dauert 12 Monate. Davon werden ca. die ersten 3 Monate ohne Dienste absolviert, zumindest in der Anästhesie. In anderen Fachrichtungen ist man etwa 1-2 Monate dienstfrei.
Im Introduktionsjahr erlernt man anästhesiologische Basisverfahren (Intubation, Videolaryngoskop, Larynxmaske, Totale Intravenöse Anästhesie (TIVA), Narkose mit volantinen Narkotika (Gasnarkose), Rapid Sequence Induktion (RSI), periphere Nervenblokaden und zentrale Nervenblockaden, wie z.B. Spinale und Peridualanästhesie etc.) und überwacht den Patienten im OP Saal.
Zu Beginn betreut man hauptsächlich Patienten mit geringeren Leiden (ASA 1 + 2).
ASA steht für die Einteilung der Patienten und ihrer Komorbiditäten durch die American Society of Anesthesiologists:
• ASA 1: Normaler, gesunder Patient
• ASA 2: Patient mit leichter Allgemeinerkrankung
• ASA 3: Patient mit schwerer Allgemeinerkrankung
• ASA 4: Patient mit schwerer, lebensbedrohlicher Allgemeinerkrankung
• ASA 5: moribunder Patient, der mit und ohne Operation voraussichtlich die nächsten 24 h nicht überleben wird
• ASA 6: hirntoter Patient, dessen Organe zur Organspende entnommen werden.
In meiner Klinik begann die Einführungsphase von 3 Monaten mit 4 Wochen im ambulanten Operationssaal. Danach hatte ich 4 Wochen akute und größere OPs bei Patienten mit mehren schwerwiegenden chronischen Komorbiditäten (ASA 3 + 4). Ich arbeitete immer mit einer Anästhesieschwester zusammen, die ja normalerweise ganz alleine beim Patienten bleibt.
Zum Schluss der 3 monatigen Einarbeitungsphase standen 4 Wochen auf der Intensivstation an, wo man im Tagdienst die „Visite“ und Betreuung/Therapie des Patienten erlernt. Hier lag ein besonderer Fokus auf Beatmungsverfahren, auf der Ernährung, der Antibiotikatherapie und der Bilanz.
Auch im Einführungsjahr gibt es obligatorische Kurse, um Grundtechniken zu erlernen. Man wird z.B. mit der Infusionstherapie, verschiedenen Messverfahren, der Literaturrecherche, dem kritischem Lesen, der Regionalanästhesie, Airwaymanagement und Grundtechniken und Übungen im Simulator vertraut gemacht.
Laut Verordnung sollen während des Introjahres folgende Kompetenzen erreicht werden:
1. Umgang mit dem Anästhesieapparat
2. Basales Airwaymanagement
3. Vollnarkose
4. Anästhesie beim akuten Patienten
5. Spinalanästhesie
6. Epiduralanästhesie
7. ZVK-Anlage
8. Anästhesie bei Patienten mit komplizierten Zuständen/Komorbiditäten (schriftl. Aufgabe)
9. Infusionsbehandlung, Bilanz und Ernährungsplan
10. Respiratorbehandlung/Beatmung auf Intensiv
11. Visite des Intensivpatienten
12. Avancierte Wiederbelebung
13. Prämedikationsvisite
14. Postoperative Schmerzbehandlung
15. Reflexion über einen Patientenverlauf (schriftl. Aufgabe)
Bei der Prüfung geht ein Oberarzt mit dem Assistenzarzt mit und sieht zu, wie dieser z.B. eine Spinale legt. Er achtet dabei auf die korrekte Handhabung, Dosierung etc. Danach wird die jeweilige Theorie zu den einzelnen Themen durchgesprochen. Wenn beides befriedigend beantwortet wurde, wird die Kompetenz als bestanden angesehen.
Über die einzelnen konkreten Kompetenzprüfungen hinaus müssen in regelmäßigen Abständen auch Beurteilungen von anderen Ärzten während der Dienste durchgeführt werden. Außerdem gibt es eine allgemeine Beurteilung nach 6 und nach 12 Monaten. Wenn alles bestanden wurde, wird einem das Introduktionsjahr attestiert.
Mit diesem Attest kann man sich dann für die restliche, vierjährige Facharztausbildung bewerben.
Man kann sich damit NUR für eine Facharztausbildung des jeweiligen Faches bewerben. Also mit einem Introjahr für Medizin nur für eine Hauptausbildung in Medizin, mit einem Introjahr für Anästhesie nur für Anästhesie.
Oft reicht allerdings ein Introjahr des jeweiligen Faches nicht aus um eine Facharztausbildung zu bekommen. Man sollte dann weitere Introjahre in anderen Fächern vorweisen können, die für das Fach relevant sind. Für Anästhesie z.B. Medizin, Unfallchirurgie, Allgemeinchirurgie oder HNO. Nach dem PJ, bzw. ab dem Datum der dänischen Zulassung hat man 5 Jahre Zeit, um eine Hauptausbildung anzutreten. Überschreitet man diese Frist, kann man sich nicht mehr für eine Hauptausbildung bewerben und die Facharztweiterbildung demnach nicht mehr abschließen.